Logo Passei Direto
Buscar
Material
páginas com resultados encontrados.
páginas com resultados encontrados.

Prévia do material em texto

FLM1002
NARRATIVA BREVE 

Kurzgeschichte und Kurzprosa in der 
deutschsprachigen Nachkriegsliteratur


05 | 09.11.2023

Programm 

1. Wiederholung: Modus 

2. Das Format ‚Thesenpapier‘

3. Ilse Aichinger Das Fenster-Theater

4. Figurenanalyse

5. Heinrich Bölls Mein Onkel Fred

2 Wiederholung: Modus

Erzählung (récit)
Präsentation der Geschichte
Erzählen 
(narration)
Hervorbringung der Erzählung
Geschichte 
(histoire)
Zu einem sinnvollen
Ganzen integriertes Geschehen
Zeit
Verhältnis zwischen „Zeit“ des 
Geschehens und „Zeit“ der Erzählung
Modus
Grad an Mittelbarkeit und 
Perspektivierung des Erzählten
Stimme
Verortung der narrativen Instanz und
ihres Adressaten in Bezug auf die 
Erzählung und die Geschichte
2 Wiederholung: Modus

Modus
Grad an Mittelbarkeit und 
Perspektivierung des Erzählten
Wie erfolgt die erzählerische Vermittlung mündlicher 
Äußerungen, Gedanken, Wahrnehmungen und Gefühle?
Aus welcher Perspektive wird erzählt? Wie werden 
Wahrnehmungen und Wissen vermittelt? 
2 Wiederholung: Modus

Erzählerische Vermittlung












 Mittelbarkeit Unmittelbarkeit
Narrativer Modus Dramatischer Modus



Erzählte Rede 
• Erwähnung des sprl. Akts

Valentin sprach mit Grete. 
• Gesprächsbericht

Valentin erzählte Grete vom Nest.










 Transponierte Rede 
• Indirekte Rede

Valentin sagte Grete, es gebe ein Nest im 
Garten 

• Erlebte Rede

Ja, dort ist wirklich ein Nest, hörte ich 
ihn freudig ausrufen. 





Zitierte Rede 
• Direkte Rede

Valentin sagte zu Grete: „Weißt du, es 
gibt ein Nest im Garten.“ 
• Autonome direkte Rede

Weißt du, Grete, es gibt ein Nest im 
Garten.




2 Wiederholung: Modus

Erzähler
Wissen, 
Wahrnehmungen
Figur
>. NULLFOKALISIERUNG auktorial 

= INTERNE FOKALISIERUNG. aktorial, Mitsicht 

< EXTERNE FOKALISIERUNG. neutral, Außensicht
Genettes Konzept der Fokalisierung betrachtet Modus 
und Stimme getrennt
2 Wiederholung: Modus

Schmids Konzept der Perspektivierung betrachtet die 
Erzählperspektive vielschichtig
Perzeptive Perspektive: Wie und aus welcher Position wird wahrgenommen? 

Ideologische Perspektive: Wie und aus welcher Position wird das Wahrgenommene moralisch, ethisch, 
politisch bewertet? 

Räumliche Perspektive: Aus welcher räumlichen Situation wird das Geschehen wahrgenommen? 

Zeitliche Perspektive: Ist das „Jetzt“ an eine der Figuren gebunden oder drückt es eine autonome 
zeitliche Position der Erzählinstanz aus? 

Sprachliche Perspektive: Wessen Sprache vermittelt die Erzählinstanz? Die einer Figur oder die eigene? 

2 Wiederholung: Modus

Schmids Konzept der Perspektivierung betrachtet die 
Erzählperspektive vielschichtig
Perzeptive Perspektive 

Ideologische Perspektive 

Räumliche Perspektive 

Zeitliche Perspektive 

Sprachliche Perspektive

Kompakte
Perspektive




distributive
Perspektive
figural oder
narratorial?
Perzeption Ideologie Raum Zeit Sprache
Narratorial x x x x x
Figural
2 Wiederholung: Modus

Schmids Konzept der Perspektivierung betrachtet die 
Erzählperspektive vielschichtig
Perzeptive Perspektive 

Ideologische Perspektive 

Räumliche Perspektive 

Zeitliche Perspektive 

Sprachliche Perspektive

Perzeption Ideologie Raum Zeit Sprache
Narratorial
Figural x x x x x
Kompakte
Perspektive




distributive
Perspektive
figural oder
narratorial?
2 Wiederholung: Modus

Schmids Konzept der Perspektivierung betrachtet die 
Erzählperspektive vielschichtig
Perzeptive Perspektive 

Ideologische Perspektive 

Räumliche Perspektive 

Zeitliche Perspektive 

Sprachliche Perspektive

Perzeption Ideologie Raum Zeit Sprache
Narratorial x x
Figural x x x
Kompakte
Perspektive




distributive
Perspektive
figural oder
narratorial?
1 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Die Frau lehnte am Fenster und sah hinüber. Der Wind trieb in leichten Stößen vom Fluß 
herauf und brachte nichts Neues. Die Frau hatte den starren Blick neugieriger Leute, die 
unersättlich sind. Es hatte ihr noch niemand den Gefallen getan, vor ihrem Haus 
niedergefahren zu werden. Außerdem wohnte sie im vorletzten Stock, die Straße lag zu 
tief unten. Der Lärm rauschte nur mehr leicht herauf. Alles lag zu tief unten. Als sie sich 
eben vom Fenster abwenden wollte, bemerkte sie, daß der Alte gegenüber Licht 
angedreht hatte. Da es noch ganz hell war, blieb dieses Licht für sich und machte den 
merkwürdigen Eindruck, den aufflammende Straßenlaternen unter der Sonne machen. Als 
hätte einer an seinen Fenstern die Kerzen angesteckt, noch ehe die Prozession die 
Kirche verlassen hat. Die Frau blieb am Fenster. 




• Der Alte öffnete und nickte herüber. Meint er mich? dachte die Frau. Die Wohnung 
über ihr stand leer und unterhalb lag eine Werkstatt, die um diese Zeit schon 
geschlossen war. Sie bewegte leicht den Kopf. Der Alte nickte wieder. Er griff sich an 
die Stirne, entdeckte, daß er keinen Hut aufhatte und verschwand im Innern des 
Zimmers. 


• Gleich darauf kam er in Hut und Mantel wieder. Er zog den Hut und lächelte. Dann 
nahm er ein weißes Tuch aus der Tasche und begann zu winken. Erst leicht und dann 
immer eifriger. Er hing über die Brüstung, daß man Angst bekam, er würde 
vornüberfallen. Die Frau trat einen Schritt zurück, aber das schien ihn nur zu 
bestärken. Er ließ das Tuch fallen, löste seinen Schal vom Hals – einen großen bunten 
Schal – und ließ ihn aus dem Fenster wehen. Dazu lächelte er. Und als sie noch einen 
weiteren Schritt zurücktrat, warf er den Hut mit einer heftigen Bewegung ab und 
wand den Schal wie einen Turban um seinen Kopf. Dann kreuzte er die Arme über der 
Brust und verneigte sich. Sooft er aufsah, kniff er das linke Auge zu, als herrsche 
zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Das bereitete ihr so lange Vergnügen, 
bis sie plötzlich nur mehr seine Beine in dünnen, geflickten Samthosen in die Luft 
ragen sah. Er stand auf dem Kopf. Als sein Gesicht gerötet, erhitzt und freundlich 
wieder auftauchte, hatte sie schon die Polizei verständigt. 


• Und während er, in ein Leintuch gehüllt, abwechselnd an beiden Fenstern erschien, 
unterschied sie schon drei Gassen weiter über dem Geklingel der Straßenbahnen und 
dem gedämpften Lärm der Stadt das Hupen des Überfallautos. Denn ihre Erklärung 
hatte nicht sehr klar und ihre Stimme erregt geklungen. Der alte Mann lachte jetzt, so 
daß sich sein Gesicht in tiefe Falten legte, streifte dann mit einer vagen Gebärde 
darüber, wurde ernst, schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu 
halten und warf es dann hinüber. Erst als der Wagen schon um die Ecke bog, gelang 
es der Frau, sich von seinem Anblick loßzureißen. 


• Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmenge hatte sich um den Polizeiwagen 
gesammelt. Die Polizisten waren abgesprungen, und die Menge kam hinter ihnen und 
der Frau her. Sobald man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärten sie 
einstim¬mig, in diesem Haus zu wohnen. Einige davon kamen bis zum letzten Stock 
mit. Von den Stufen beobachteten sie, wie die Männer, nachdem ihr Klopfen 
vergeblich blieb und die Glocke allem Anschein nach nicht funktionierte, die Tür 
aufbrachen. Sie arbeiteten schnell und mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher 
lernen konnte. Auch in dem Vorraum, dessen Fenster auf den Hof sahen, zögerten sie 
nicht eine Sekunde. Zwei von ihnen zogen die Stiefel aus und schlichen um die Ecke. 
Es war inzwischen finster geworden. Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten 
den Lichtschein am Ende des schmalen Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich 
hinter ihnen her. 


• Als die Tür aufflog, stand der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch 
immer am Fenster. Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer 
wieder abnahm, als bedeutete er jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den 
er vom Boden genommen hatte,trug er um die Schultern. Da er schwerhörig war, 
wandte er sich auch nicht um, als die Männer schon knapp hinter ihm standen und die 
Frau über ihn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah. 


• Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der 
erleuchteten Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe 
stand. Auch er trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er 
sprang und winkte herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über 
das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen 
Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 


Perzeption Ideologie Raum Zeit Sprache
Narratorial x x
Figural x x x
Raum, Zeit: figural 




Ideologie: narratorial


Perzeption: figural














Sprache: narratorial

1 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Der Alte öffnete und nickte herüber. Meint er mich? dachte die Frau. Die Wohnung über 
ihr stand leer und unterhalb lag eine Werkstatt, die um diese Zeit schon geschlossen 
war. Sie bewegte leicht den Kopf. Der Alte nickte wieder. Er griff sich an die Stirne, 
entdeckte, daß er keinen Hut aufhatte und verschwand im Innern des Zimmers. 
Gleich darauf kam er in Hut und Mantel wieder. Er zog den Hut und lächelte. Dann nahm 
er ein weißes Tuch aus der Tasche und begann zu winken. Erst leicht und dann immer 
eifriger. Er hing über die Brüstung, daß man Angst bekam, er würde vornüberfallen. Die 
Frau trat einen Schritt zurück, aber das schien ihn nur zu bestärken. Er ließ das Tuch 
fallen, löste seinen Schal vom Hals – einen großen bunten Schal – und ließ ihn aus dem 
Fenster wehen. 






Dazu lächelte er. Und als sie noch einen weiteren Schritt zurücktrat, warf er den Hut mit 
einer heftigen Bewegung ab und wand den Schal wie einen Turban um seinen Kopf. Dann 
kreuzte er die Arme über der Brust und verneigte sich. Sooft er aufsah, kniff er das linke 
Auge zu, als herrsche zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Das bereitete ihr so 
lange Vergnügen, bis sie plötzlich nur mehr seine Beine in dünnen, geflickten Samthosen 
in die Luft ragen sah. Er stand auf dem Kopf. Als sein Gesicht gerötet, erhitzt und 
freundlich wieder auftauchte, hatte sie schon die Polizei verständigt. 


• Und während er, in ein Leintuch gehüllt, abwechselnd an beiden Fenstern erschien, 
unterschied sie schon drei Gassen weiter über dem Geklingel der Straßenbahnen und 
dem gedämpften Lärm der Stadt das Hupen des Überfallautos. Denn ihre Erklärung 
hatte nicht sehr klar und ihre Stimme erregt geklungen. Der alte Mann lachte jetzt, so 
daß sich sein Gesicht in tiefe Falten legte, streifte dann mit einer vagen Gebärde 
darüber, wurde ernst, schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu 
halten und warf es dann hinüber. Erst als der Wagen schon um die Ecke bog, gelang 
es der Frau, sich von seinem Anblick loßzureißen. 


• Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmenge hatte sich um den Polizeiwagen 
gesammelt. Die Polizisten waren abgesprungen, und die Menge kam hinter ihnen und 
der Frau her. Sobald man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärten sie 
einstim¬mig, in diesem Haus zu wohnen. Einige davon kamen bis zum letzten Stock 
mit. Von den Stufen beobachteten sie, wie die Männer, nachdem ihr Klopfen 
vergeblich blieb und die Glocke allem Anschein nach nicht funktionierte, die Tür 
aufbrachen. Sie arbeiteten schnell und mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher 
lernen konnte. Auch in dem Vorraum, dessen Fenster auf den Hof sahen, zögerten sie 
nicht eine Sekunde. Zwei von ihnen zogen die Stiefel aus und schlichen um die Ecke. 
Es war inzwischen finster geworden. Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten 
den Lichtschein am Ende des schmalen Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich 
hinter ihnen her. 


• Als die Tür aufflog, stand der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch 
immer am Fenster. Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer 
wieder abnahm, als bedeutete er jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den 
er vom Boden genommen hatte, trug er um die Schultern. Da er schwerhörig war, 
wandte er sich auch nicht um, als die Männer schon knapp hinter ihm standen und die 
Frau über ihn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah. 


• Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der 
erleuchteten Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe 
stand. Auch er trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er 
sprang und winkte herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über 
das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen 
Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 


1 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Dazu lächelte er. Und als sie noch einen weiteren Schritt zurücktrat, warf er den Hut mit 
einer heftigen Bewegung ab und wand den Schal wie einen Turban um seinen Kopf. Dann 
kreuzte er die Arme über der Brust und verneigte sich. Sooft er aufsah, kniff er das linke 
Auge zu, als herrsche zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Das bereitete ihr so 
lange Vergnügen, bis sie plötzlich nur mehr seine Beine in dünnen, geflickten Samthosen 
in die Luft ragen sah. Er stand auf dem Kopf. Als sein Gesicht gerötet, erhitzt und 
freundlich wieder auftauchte, hatte sie schon die Polizei verständigt. 










Und während er, in ein Leintuch gehüllt, abwechselnd an beiden Fenstern erschien, 
unterschied sie schon drei Gassen weiter über dem Geklingel der Straßenbahnen und 
dem gedämpften Lärm der Stadt das Hupen des Überfallautos. Denn ihre Erklärung hatte 
nicht sehr klar und ihre Stimme erregt geklungen. Der alte Mann lachte jetzt, so daß sich 
sein Gesicht in tiefe Falten legte, streifte dann mit einer vagen Gebärde darüber, wurde 
ernst, schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten und warf es 
dann hinüber. Erst als der Wagen schon um die Ecke bog, gelang es der Frau, sich von 
seinem Anblick loßzureißen. 


• Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmenge hatte sich um den Polizeiwagen 
gesammelt. Die Polizisten waren abgesprungen, und die Menge kam hinter ihnen und 
der Frau her. Sobald man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärten sie 
einstim¬mig, in diesem Haus zu wohnen. Einige davon kamen bis zum letzten Stock 
mit. Von den Stufen beobachteten sie, wie die Männer, nachdem ihr Klopfen 
vergeblich blieb und die Glocke allem Anschein nach nicht funktionierte, die Tür 
aufbrachen. Sie arbeiteten schnell und mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher 
lernen konnte. Auch in dem Vorraum, dessen Fenster auf den Hof sahen, zögerten sie 
nicht eine Sekunde. Zwei von ihnen zogen die Stiefel aus und schlichen um die Ecke. 
Es war inzwischen finster geworden. Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten 
den Lichtschein am Ende des schmalen Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich 
hinter ihnen her. 


• Als die Tür aufflog, stand der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch 
immer am Fenster. Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer 
wieder abnahm, als bedeutete er jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den 
er vom Boden genommen hatte, trug er um die Schultern. Da er schwerhörig war, 
wandte er sich auch nicht um, als die Männer schon knapp hinter ihm standen und die 
Frau über ihn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah. 


• Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der 
erleuchteten Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe 
stand. Auch er trug sein Kissenauf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er 
sprang und winkte herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über 
das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen 
Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 


NARRATIVER MODUS:
Berichtete Figurenrede
 1 Welche Typen repräsentieren die Figuren des Onkels, der 
Mutter und der Erzählerfigur? 



 2 Wie wird die Figur des Onkels charakterisiert?



 3 Was ist das Thema der Geschichte?

2 Thesenpapier

Leistungen zur Benotung: 


1. Thesenpapier auf 
Deutsch (1/3)


2. Hausarbeit (2/3)
 (Deutsch, 5-7 Seiten) 

Im Moodle für eine 
dieser Sitzungen 
eintragen (2-3 
Personen pro Text)
2 Thesenpapier

• Thesen sind Behauptungen, die man gut begründen und mit 
Argumenten gegen Einwände verteidigen kann. 
• Thesen sind keine allgemein bekannten Tatsachen oder 
Annahmen!
• Thesen müssen belegbar und widerlegbar sein. 
• Thesen werden in wenigen (meist zwei bis fünf Sätzen) 
formuliert und erläutert. Hierbei ist Prägnanz und Zuspitzung 
wichtig. 
Thesen? 


„Wolfgang Borchert ist ein 
wichtiger Autor der 
Nachkriegszeit.“




„Verbindendes Thema der 
Kurzgeschichten in Ilse 
Aichingers Erzählband Der 
Gefesselte ist das 
Fortbestehen von 
Ressentiments in der 
Nachkriegszeit.“
2 Thesenpapier

• Ein Thesenpapier bietet eine Grundlage für eine akademische 
Diskussion über ein Thema oder einen Text. 
• Das Thesenpapier versammelt in Form von Thesen 
textanalytische Beobachtungen und Vorschläge zur 
Interpretation. 
• Die Thesen bieten Anlass Nachfragen, Einwände und 
Gegenthesen.
• Die Thesen beziehen Methoden zur Textanalyse und 
Forschungsliteratur ein. 
• Die mindestens 3 und höchstens 5 Thesen bauen aufeinander 
auf.


2 Thesenpapier – Beispiel

UNIVERSIDADE DE SÃO PAULO
FACULDADE DE FILOSOFIA, LETRAS E CIÊNCIAS HUMANAS 
DEPARTAMENTO DE LETRAS MODERNAS – LÍNGUA E LITERATURA ALEMÃS


FLM1002 – NARRATIVA BREVE – 2.2021 – PROF. DR. CHRISTIAN ERNST

NOME SOBRENOME (N°USP) 28.09.2021






Thesenpapier zu Fokalisierung und Perspektivierung in Ilse Aichingers 
Kurzgeschichte Das Fenster-Theater 




Die Kurzgeschichte Das Fenster-Theater von Ilse Aichinger aus dem Jahre 1949 erschien 1953 in der Anthologie Der 
Gefesselte. Erzählungen. Eine einsame Frau beobachtet in einem Fenster gegenüber ihrer Wohnung einen alten Mann, der aus 
ihrer Sicht durch eine Art Pantominenspiel mit ihr Kontakt aufzunehmen versucht. Nach anfänglichem Interesse ruft sie plötzlich 
die Polizei, nachdem der Mann einen Kopfstand macht. Als sie mit den Polizisten in die Wohnung des Mannes eindringt, bemerkt 
sie, dass das Spiel des Mannes nicht ihr, sondern einem kleinen Jungen gegolten hat, der mit seinen Eltern in die vermeintlich 
leere Wohnung über ihr eingezogen ist. 
Bemerkenswert in Aichingers Kurzgeschichte ist die Erzählperspektive, welche der eingeschränkte Sicht der Frau folgt. Die 
Schlusspointe lässt sich hierbei nicht allein mit Genettes Konzept der Fokalisierung begreifen. 
Kopf: Angaben zur 
Universität, 
Lehrveranstaltung, 
Name und NUSP, Datum






Überschrift




Einleitung mit Vorstellung 
und knapper Inhaltsangabe 
zum Text und Begründung 
des Fokusses des 
Thesenpapiers 
(Fragestellung)
2 Thesenpapier – Beispiel



1. Nach Genette (1998) liegt eine extradiegetisch-heterogetische Erzählinstanz vor, die Erzählung scheint intern durch die Figur 
der Frau fokalisiert zu sein. Die eingeschränkte Perspektive der Frau am Fenster führt schließlich zum Mißverständnis des 
Spiels zwischen dem alten Mann und dem Jungen. Bei genauerer Betrachtung ist die Erzählung jedoch nicht durchgehend 
intern fokalisiert, der Befund einer Nullfokalisierung wird der Erzählung als Ganzen jedoch auch nicht gerecht. Dies zeigt, dass 
Genettes auf Wissen und Wahrnehmung begrenzter Begriff der Fokalisierung der Komplexität der Erzählperspektive im 
Fenster-Theater nicht gerecht wird. 
2. Wolf Schmids (2005) differenziertes Modell der Perspektivierung erlaubt dagegen, das Spiel der Perspektiven im Text genauer 
zu beschreiben: Es liegt eine distributive Perspektive vor: perzeptiv, räumlich und zeitlich ist die Erzählperspektive figural 
angelegt und weitgehend an die Figur der Frau gebunden. Die ideologische und sprachliche Perspektive sind dagegen 
narratorial eingestellt, was sich schon zu Beginn bei der Charakterisierung der Frau zeigt („Die Frau hatte den starren Blick 
neugieriger Leute, die unersättlich sind.“ (Zeilen 2-3).
3. Hinsichtlich der Perzeption liegt kurzzeitig ein Wechsel vor: Der Anruf der Frau wird figural aus Sicht der Polizei dargestellt 
(„Denn ihre Erklärung hatte nicht sehr klar und ihre Stimme erregt geklungen.“ Zeile 28 f.), der Polizeieinsatz erscheint durch 
diese Wahrnehmung motiviert, die Frau erscheint in diesem Moment noch als die Verantwortliche für den 
unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. 






Aufeinander aufbauende, 
nummerierte Thesen 


















2 Thesenpapier – Beispiel

4. Diese Wertung wird jedoch durch die sprachliche Perspektive ergänzt, wie die Parallelisierung des Eindringens der Polizei mit 
einem Einbruch zeigt („Überfallauto“ (Zeile 28), „Sie arbeiteten schnell und mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher 
lernen konnte.“ (Zeile 38-39). Auch der Schlusssatz, dass der Junge den Wachleuten das zwischen ihm und dem alten Mann 
getauschte Lachen „mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht“ wirft, kann als narratoriale Bewertung des Polizeieinsatzes 
gelesen werden. 
5. Die Frau und die Polizei erscheinen somit als eine Einheit, denn die vorschnelle Reaktion der Frau löst gleichsam eine 
Überreaktion der Polizei aus. Die schaulustige Menge folgt wiederum dem Verhaltensmuster der nach Sensation heischenden 
Frau. Das Spiel zwischen dem Kind und dem Alten kontrastiert somit mit einer totalitär geprägten Umwelt, die diese 
menschliche Form der Kommunikation als abnorm wertet, denunziert und sanktioniert, wogegen die Kurzgeschichte trotz 
ihres offenen Endes in ihrer Schlusspointe (vgl. Faure-Godbert 2009) klar Stellung bezieht, indem sie der gesellschaftliche 
Realität von Ressentiment, Sensationslust und Ordnungsdenken die kommunikativen Möglichkeiten von Spiel und Theater 
gegenüberstellt.




Bibliografische Angaben:
 
Sylvaine Faure-Godbert: "Vom Ende her und auf das Ende hin erzählen": Die Poetik des Endes im Erzählband Der Gefesselte 
von Ilse Aichinger. In: Ingeborg Rabenstein-Michel, Françoise Rétif, Erika Tunner (Ed.): Ilse Aichinger: Misstrauen als 
Engagement? Würzburg: Könighausen&Neumann, 2009, S. 99-108. 


Gérard Genette: Die Erzählung. München: Fink, 1998. 
 
Wolf Schmid: Elemente der Narratologie. Berlin: De Gruyter, 2005. 




Von der Textanalyse zur 
Interpretation
















Literaturangaben – so wie in 
den Thesen referenziert


(einheitliches Format: 
DIN1501, MLA, ABNT)
2 Thesenpapier – sprachliche Mittel

Referenzen Erklären
Nach XY (20XY)… xxx bedeutet,…
Laut… , d. h. (das heißt) 
XY (20XY) zufolge… xx lässt sich als … erklären
XY (20XY) folgend… Dies zeigt,…
Wie auch XY (20XY) feststellt, …


Schlussfolgerungen Abwägen
daher, deshalb, deswegen, aus diesem Grund Einserseits…, andererseits
also, folglich, somit Während…, ….
Schließlich Auf der anderen Seite…




Einschränkungen / Einräumungen Zur Interpretation überleiten
allerdings, jedoch, aber, trotzdem xx lässt sich somit als … interpretieren
Obwohl…, … xx lässt sich somit als … werten
Auch wenn…,… xx legt somit die folgende Deutung nahe: 
Wengleich


Argument verstärken
wiederum
außerdem, desweiteren 




Sprachliche Mittel des 
Argumentierens verwenden! 


Konnektoren! 


Unpersönliche Ausdrücke 
statt „ich“:
*Ich meine daher
Dies legt nahe, dass
2 Thesenpapier – Bewertung

Einleitung mit Inhaltsangabe – 1


Zielführende Auswahl und Anwendung geeigneter erzähltheoretische Konzepte – 3


Sinnvoller Interpretationsansatz – 2


Wissenschaftliche Literatur und Bibliografie – 1


Form des Thesenpapiers– 1


Anwendung sprachlicher Mittel – 1 


Sprachliche Richtigkeit und Selbstständigkeit – 1
 


🡺 Note / 10 


Bitte selbsttständig 
formulieren und Korrektur 
lesen


Punktabzug bei 
offensichtlicher Nutzung von 
Translator-Programmen
3 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Und während er, in ein Leintuch gehüllt, abwechselnd an beiden Fenstern erschien, 
unterschied sie schon drei Gassen weiter über dem Geklingel der Straßenbahnen und 
dem gedämpften Lärm der Stadt das Hupen des Überfallautos. Denn ihre Erklärung hatte 
nicht sehr klar und ihre Stimme erregt geklungen. Der alte Mann lachte jetzt, so daß sich 
sein Gesicht in tiefe Falten legte, streifte dann mit einer vagen Gebärde darüber, wurde 
ernst, schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten und warf es 
dann hinüber. Erst als der Wagen schon um die Ecke bog, gelang es der Frau, sich von 
seinem Anblick loßzureißen. 










Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmenge hatte sich um den Polizeiwagen 
gesammelt. Die Polizisten waren abgesprungen, und die Menge kam hinter ihnen und der 
Frau her. Sobald man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärten sie einstim¬mig, in 
diesem Haus zu wohnen. Einige davon kamen bis zum letzten Stock mit. Von den Stufen 
beobachteten sie, wie die Männer, nachdem ihr Klopfen vergeblich blieb und die Glocke 
allem Anschein nach nicht funktionierte, die Tür aufbrachen. Sie arbeiteten schnell und 
mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher lernen konnte. Auch in dem Vorraum, 
dessen Fenster auf den Hof sahen, zögerten sie nicht eine Sekunde. Zwei von ihnen 
zogen die Stiefel aus und schlichen um die Ecke. Es war inzwischen finster geworden. 
Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten den Lichtschein am Ende des schmalen 
Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich hinter ihnen her. 


• Als die Tür aufflog, stand der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch 
immer am Fenster. Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer 
wieder abnahm, als bedeutete er jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den 
er vom Boden genommen hatte, trug er um die Schultern. Da er schwerhörig war, 
wandte er sich auch nicht um, als die Männer schon knapp hinter ihm standen und die 
Frau über ihn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah. 


• Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der 
erleuchteten Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe 
stand. Auch er trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er 
sprang und winkte herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über 
das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen 
Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 




Wechsel der figuralen 
Einstellung




Sprache: narratorial


3 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmenge hatte sich um den Polizeiwagen 
gesammelt. Die Polizisten waren abgesprungen, und die Menge kam hinter ihnen und der 
Frau her. Sobald man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärten sie einstimmig, in 
diesem Haus zu wohnen. Einige davon kamen bis zum letzten Stock mit. Von den Stufen 
beobachteten sie, wie die Männer, nachdem ihr Klopfen vergeblich blieb und die Glocke 
allem Anschein nach nicht funktionierte, die Tür aufbrachen. Sie arbeiteten schnell und 
mit einer Sicherheit, von der jeder Einbrecher lernen konnte. Auch in dem Vorraum, 
dessen Fenster auf den Hof sahen, zögerten sie nicht eine Sekunde. Zwei von ihnen 
zogen die Stiefel aus und schlichen um die Ecke. Es war inzwischen finster geworden. 








Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten den Lichtschein am Ende des schmalen 
Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich hinter ihnen her. 


• Als die Tür aufflog, stand der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch 
immer am Fenster. Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer 
wieder abnahm, als bedeutete er jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den 
er vom Boden genommen hatte, trug er um die Schultern. Da er schwerhörig war, 
wandte er sich auch nicht um, als die Männer schon knapp hinter ihm standen und die 
Frau über ihn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah. 


• Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der 
erleuchteten Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe 
stand. Auch er trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er 
sprang und winkte herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über 
das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen 
Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 




Wechsel der figuralen 
Einstellung


3 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Sie stießen an einen Kleiderständer, gewahrten den Lichtschein am Ende des schmalen 
Ganges und gingen ihm nach. Die Frau schlich hinter ihnen her. Als die Tür aufflog, stand 
der alte Mann mit dem Rücken zu ihnen gewandt noch immer am Fenster. Er hielt ein 
großes weißes Kissen auf dem Kopf, das er immer wieder abnahm, als bedeutete er 
jemandem, daß er schlafen wolle. Den Teppich, den er vom Boden genommen hatte, trug 
er um die Schultern. Da er schwerhörig war, wandte er sich auch nicht um, als die 
Männer schon knapp hinter ihm standen und die Frau über ihn hinweg in ihr eigenes 
finsteres Fenster sah. 














Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der erleuchteten 
Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe stand. Auch er 
trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er sprang und winkte 
herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über das Gesicht, wurde 
ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten. Dann warf 
er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 


3 Ilse Aichinger: Das Fenster-Theater (1949)
Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenommen hatte, geschlossen. Aber in die 
Wohnung oberhalb mußte eine neue Partei eingezogen sein. An eines der erleuchteten 
Fenster war ein Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner Knabe stand. Auch er 
trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern. Er sprang und winkte 
herüber und krähte vor Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über das Gesicht, wurde 
ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten. Dann warf 
er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht. 


Narratoriale Wertung
4 Figurenanalyse
Dt.: Figur (Iat.figura: 
Form, Gestalt), von 
fingere (vortäuschen, 
erdichten)


Engl.: character, (gr. 
kharakter: 
Kennzeichen, von 
kharcissein: einritzen, 
prägen)




Figur ≠
 P
erson
4 Figurenanalyse
Figuren als mentale Modelle, die in der narrativen Kommunikation 
aufgebaut und verändert werden und konzeptuelle Einheiten, deren 
Zustand / Merkmalsstatus vom (Modell-)Leser erinnert werden muss. 
Figurenbegriff nach 
Jannidis 2004


Figur als rhetorisches Phänomen: 
textgeneriertes, prototypisch 
organisiertes Konzept 


Figur als mentale Repräsentation eines 
empirischen Lesers: Weltwissen + 
Informationsverarbeitung 


4 Figurenanalyse – Charakterisierung
4 Figurenanalyse – Charakterisierung
1. Eruierung aus dem Erzähltext (telling, nicht-diegetisch, explizite Informationen): 

• durch die Erzählinstanz vermittelte Informationen und Wertungen zum Äußeren 
(Physiognomie, Kleidung, Name), zu mentalen und charakterlichen Eigenschaften

2. Eruierung aus dem Erzählten (showing, diegetisch, implizite Informationen):• Sprachliche Äußerungen der Figur (Sprache und Inhalte)

• Handlungen der Figur (Motivation, Ausführung)

• Äußerungen anderer Figuren über die Figur

• Beziehungen zu anderen Figuren,Interaktion mit anderen Figuren 

4 Figurenanalyse – Charakterisierung
3. Kontextuelle Informationen 

• soziale, kulturelle, historische Zusammenhänge 

4. Referenz zu Figurenmodellen / Figurentypen, 

• z.B. Junggeselle; Künstler; femme fatale) 

Intertextuelle Referenzen 

• Bezug zu literarischen oder historischen Figuren 

4 Figurenanalyse – Figurenkonstellation
Genrespezifische Figurenrollen: Wird die Anlage und Verteilung der Rollen unter den 
Figuren von Genrekonventionen bestimmt? 

Figurenkonstellationen: Gibt es systematische Beziehungen zwischen den Figuren in der 
Erzählung wie z.B. Oppositionen, Dualismen, Parallelismen, Ähnlichkeiten oder 
Negationen? 

 1 Welche Typen repräsentieren die Figuren des Onkels, der 
Mutter und der Erzählerfigur? 



 2 Wie wird die Figur des Onkels charakterisiert?



 3 Was ist das Thema der Geschichte?

5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Mein Onkel Fred ist der einzige Mensch, der mir die Erinnerung an die Jahre nach 1945 erträglich macht. Er kam an einem 
Sommernachmittag aus dem Krieg heim, schmucklos gekleidet, als einzigen Besitz eine Blechbüchse an einer Schnur um den Hals 
tragend sowie beschwert durch das unerhebliche Gewicht einiger Kippen, die er sorgfältig in einer kleinen Dose aufbewahrte. Er 
umarmte meine Mutter, küsste meine Schwester und mich, murmelte die Worte «Brot, Schlaf, Tabak» und rollte sich auf unser 
Familiensofa, und so entsinne ich mich seiner als eines Menschen, der bedeutend länger war als unser Sofa, ein Umstand, der ihn 
zwang, seine Beine entweder anzuwinkeln oder sie einfach überhängen zu lassen. 

Beide Möglichkeiten veranlassten ihn, sich wütend über das Geschlecht unserer Großeltern auszulassen, dem wir die Anschaffung 
dieses wertvollen Möbelstückes verdankten. Er nannte diese biedere Generation muffig und pyknisch, verachtete ihren Geschmack 
für jenes säuerliche Rosa des Stoffes, mit dem das Sofa überzogen war, fühlte sich aber keineswegs gehindert, einem sehr 
ausgiebigen Schlaf zu frönen. 





5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)


Ich selbst übte damals eine undankbare Funktion in unserer unbescholtenen Familie aus: ich war vierzehn Jahre alt und das einzige 
Bindeglied zu jener denkwürdigen Institution, die wir Schwarzmarkt nannten. Mein Vater war gefallen, meine Mutter bezog eine 
winzige Pension, und so bestand meine Aufgabe darin, fast täglich kleinere Teile unseres geretteten Besitzes zu verscheuern oder 
sie gegen Brot, Kohle und Tabak zu tauschen. Die Kohle war damals Anlass zu erheblichen Verletzungen des Eigentumsbegriffes, die 
man heute mit dem harten Wort Diebstahl bezeichnen muss. So ging ich fast täglich zum Diebstahl oder Verscheuern aus, und 
meine Mutter, obwohl ihr die Notwendigkeit solch anrüchigen Tuns einleuchtete, sah mich morgens nur mit Tränen in den Augen 
meinen komplizierten Pflichten entgegengehen. So hatte ich die Aufgabe, ein Kopfkissen zu Brot, eine Sammeltasse zu Grieß oder 
drei Bände Gustav Freytag zu fünfzig Gramm Kaffee zu machen, Aufgaben, denen ich zwar mit sportlichem Eifer, aber nicht ganz 
ohne Erbitterung und Angst oblag. Denn die Wertbegriffe, so nannten es die Erwachsenen damals, waren erheblich verschoben und 
ich kam hin und wieder unberechtigterweise in den Verdacht der Unehrlichkeit, weil der Wert eines zu verscheuernden Objektes 
keineswegs dem entsprach, den meine Mutter für angemessen hielt. Es war schon eine bittere Aufgabe, als Vermittler zwischen 
zwei Wertwelten zu stehen, die sich inzwischen angeglichen zu haben scheinen. 





5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Onkel Freds Ankunft weckte in uns allen die Erwartung starker männlicher Hilfe. Aber zunächst enttäuschte er uns. Schon vom 
ersten Tag an erfüllte mich sein Appetit mit großer Sorge, und als ich diese meiner Mutter ohne Zögern mitteilte, bat sie mich, ihn 
erst einmal «zu sich kommen zu lassen». Es dauerte fast acht Wochen, ehe er zu sich kam. Trotz aller Flüche über das 
unzulängliche Sofa schlief er dort recht gut, verbrachte den Tag dösend oder indem er uns mit leidender Stimme erklärte, welche 
Stellung er im Schlaf bevorzuge. 

Ich glaube, es war die Stellung eines Sprinters vor dem Start, die er damals allen anderen vorzog. Er liebte es, nach dem Essen auf 
dem Rücken liegend, mit angezogenen Beinen, ein großes Stück Brot genussvoll in sich hineinzubröckeln, dann eine Zigarette zu 
drehen und dem Abendessen entgegenzuschlafen. Er war sehr groß und blass und hatte am Kinn eine kranzförmige Narbe, die 
seinem Gesicht etwas von einem angeschlagenen Marmordenkmal gab. Obwohl mich sein Appetit und sein Schlafbedürfnis weiterhin 
beunruhigten, mochte ich ihn sehr gern. Er war der einzige, mit dem ich wenigstens über den Schwarzmarkt theoretisieren konnte, 
ohne Streit zu bekommen. Offenbar war er über das Zerwürfnis zwischen den beiden Wertwelten informiert. 



5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Unserem Drängen, vom Krieg zu erzählen, gab er nie nach: er behauptete, es lohne sich nicht. Er beschränkte sich darauf, uns hin 
und wieder von seiner Musterung zu berichten, die offenbar überwiegend darin bestanden hatte, dass ein uniformierter Mensch 
Onkel Fred mit heftiger Stimme aufgefordert hatte, in ein Reagenzglas zu urinieren, eine Aufforderung, der Onkel Fred nicht gleich 
hatte nachkommen können, womit seine militärische Laufbahn von vornherein unter einem ungünstigen Zeichen stand. 

Er behauptete, dass das lebhafte Interesse des Deutschen Reiches für seinen Urin ihn mit erheblichem Misstrauen erfüllt habe, mit 
einem Misstrauen, das er in sechs Jahren Krieg bedenklich bestätigt fand. 

Er war früher Buchhalter gewesen, und als die ersten vier Wochen auf unserem Sofa vorüber waren, forderte meine Mutter ihn mit 
schwesterlicher Sanftmut auf, sich nach seiner alten Firma zu erkundigen er gab diese Aufforderung behutsam an mich weiter, aber 
alles, was ich ermitteln konnte, war ein absoluter Trümmerhaufen von zirka acht Meter Höhe, den ich nach einstündiger mühsamer 
Pilgerschaft in einem zerstörten Stadtteil auffand. Onkel Fred war über das Ergebnis meiner Ermittlung sehr beruhigt. 

5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Er lehnte sich zurück, drehte sich eine Zigarette, nickte meiner Mutter triumphierend zu und bat sie, seine Habseligkeiten 
herauszusuchen. In einer Ecke unseres Schlafraumes fand sich eine sorgfältig vernagelte Kiste, die wir unter großer Spannung mit 
Hammer und Zange öffneten; es kamen heraus: zwanzig Romane mittleren Umfangs und mittlerer Qualität, eine goldene Taschenuhr, 
verstaubt aber unbeschädigt, zwei Paar Hosenträger, einige Notizbücher, das Diplom der Handelskammer und ein Sparkassenbuch 
über zwölfhundert Mark. Das Sparkassenbuch wurde mir zum Abholen des Geldes, alles andere zum Verscheuern übergeben, 
einschließlich des Diploms von der Handelskammer, das aber keinen Abnehmer fand, weil Onkel Freds Name mit schwarzer Tusche 
geschrieben war. So waren wir vier Wochen jegliche Sorge um Brot, Tabak und Kohlen los, ein Umstand, den ich sehr erleichternd 
fand, zumal alle Schulen wieder einladend ihre Tore öffneten und ich aufgefordert wurde, meine Bildung zu vervollständigen. Noch 
heute, wo meine Bildung längst komplett ist, bewahre ich den Suppen, die es damals gab, eine zärtliche Erinnerung, vor allem, weil 
man fast kampflos zu dieser zusätzlichen Mahlzeit kam, die dem gesamten Bildungswesen eine erfreuliche zeitgemäße Note gab. 

5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Aber das Ereignis in dieser Zeit war die Tatsache, dass Onkel Fred gut acht Wochen nach seiner erfreulichen Heimkehr die Initiative 
ergriff. 

Er erhob sich an einem Spätsommertag morgens von seinem Sofa, rasierte sich so umständlich, dass wir erschraken, verlangtesaubere Wäsche, lieh sich mein Fahrrad und verschwand. 

Seine späte Heimkehr stand unter dem Zeichen großen Lärms und eines heftigen Weingeruchs: der Weingeruch entströmte dem 
Mund meines Onkels, der Lärm rührte von einem halben Dutzend Zinkeimern, die er mit einem großen Seil zusammengebunden 
hatte. Unsere Verwirrung legte sich erst, als wir erfuhren, dass er entschlossen sei, den Blumenhandel in unserer arg zerstörten 
Stadt zum Leben zu erwecken. Meine Mutter, voller Misstrauen gegen diese neue Idee, verwarf den Plan und behauptete, für 
Blumen bestehe kein Bedürfnis. Aber sie täuschte sich. 



5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Es war ein denkwürdiger Morgen, als wir Onkel Fred halfen, die frischgefüllten Eimer an die Straßenbahnhaltestelle zu bringen, wo er 
sein Geschäft startete. Und ich habe den Anblick der gelben und roten Tulpen, der feuchten Nelken noch heute im Gedächtnis und 
werde nie vergessen, wie schön er aussah, als er inmitten der grauen Gestalten und der Trümmerhaufen stand und mit schallender 
Stimme anfing zu rufen: «Blumen ohne!» Über die Entwicklung seines Geschäftes brauche ich nichts zu sagen: sie war 
kometenhaft. Schon nach vier Wochen war er Besitzer von drei Dutzend Zinkeimern, Inhaber zweier Filialen, und einen Monat später 
war er Steuerzahler. Die ganze Stadt schien mir verändert: an vielen Ecken tauchten nun Blumenstände auf, der Bedarf war nicht 
zu decken; immer mehr Zinkeimer wurden angeschafft, Bretterbuden errichtet und Karren zusammengezimmert. 



5 Heinrich Böll: Mein Onkel Fred (1952)
Jedenfalls waren wir nicht nur dauernd mit frischen Blumen, sondern auch mit Brot und Kohlen versehen, und ich konnte meine 
Vermittlertätigkeit niederlegen, eine Tatsache, die viel zu meiner moralischen Festigung beigetragen hat. Onkel Fred ist längst ein 
gemachter Mann: seine Filialen blühen immer noch, er hat ein Auto, und ich bin als sein Erbe vorgesehen und habe den Auftrag, 
Volkswirtschaft zu studieren, um die steuerliche Betreuung des Unternehmens schon vor Antritt der Erbschaft übernehmen zu 
können. 

Wenn ich ihn heute sehe, einen massigen Menschen am Steuer seines rotlackierten Wagens, kommt es mir merkwürdig vor, dass es 
wirklich eine Zeit in meinem Leben gab, in der mir sein Appetit schlaflose Nächte bereitete.

Mais conteúdos dessa disciplina