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KARL MARX • FRIEDRICH ENGELS W E R K E • BAND 42 I N S T I T U T FÜR M A R X I S M U S - L E N I N I S M U S BEIM ZK D E R SED KARL MARX FRIEDRICH ENGELS WERKE <ff DIETZ VERLAG BERLIN 1983 INSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED BAND 42 DIETZ VERLAG BERLIN Der vorliegende Ergänzungsband zur Ausgabe der Werke von Marx und Engels fußt auf der vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU besorgten zweiten russischen Ausgabe und dem Band 1 der Zweiten Abteilung der MEGA. © Dietz Verlag Berlin 1983 Vorwort Der vorliegende Ergänzungsband der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthält drei ökonomische Manuskripte, die Marx in der Zeit von Juli 1857 bis Mai 1858 geschrieben hat: 1. „Bastiat und Carey" (Juli 1857), 2. „Einleitung" (August 1857), 3. „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" (Oktober 1857 bis Mai 1858). Diese Manuskripte wurden im vollständigen Wortlaut des Originals erst- malig in den Jahren 1939 bis 1941 in den zwei Teilen der Ausgabe Karl Marx, „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohentwurf)" vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU veröffentlicht. Ein fo- tomechanischer Nachdruck dieser Ausgabe erschien 1953 im Dietz Verlag Berlin. Die ökonomischen Manuskripte der Jahre 1857/1858 sind das Ergebnis angespannter Forschungen von Marx auf dem Gebiet der politischen Ökono- mie. Bereits die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts waren ein wichtiger Zeit- abschnitt in der Entwicklung der marxistischen ökonomischen Theorie. In dieser Zeit erarbeiteten Marx und Engels in solchen Werken wie „Ökono- misch-philosophische Manuskripte", „Die heilige Familie", „Die Lage der arbeitenden Klasse in England", „Die deutsche Ideologie", „Das Elend der Philosophie", „Lohnarbeit und Kapital", „Rede über die Frage des Frei- handels" und „Manifest der Kommunistischen Partei" die dialektisch-ma- terialistische Geschichtsauffassung und dehnten den dialektischen Materialis- mus damit auf die Erkenntnis der menschlichen Gesellschaft aus. Das er- möglichte es ihnen, schon in den vierziger Jahren mit einer wissenschaftlich begründeten Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft aufzutreten. In enger Zusammenarbeit begründeten Marx und Engels in den genannten Werken die Lehre vom Klassenkampf; sie enthüllten das Wesen der Klassengegensätze in der kapitalistischen Gesellschaft und zeigten, daß der Sozialismus das unvermeidliche Resultat der in der bürgerlichen Gesellschaft wirkenden ökonomischen Gesetze ist und daß der Kapitalismus nicht ewig existieren wird, sondern sich selbst seinen Totengräber in Gestalt der Arbeiterklasse schafft. Marx begann bereits in diesen Werken mit der Ausarbeitung seiner ökono- mischen Theorie. 1850, bald nach seiner Übersiedlung nach London, nahm Marx seine während der Revolution 1848/49 unterbrochenen ökonomischen Studien wieder auf und setzte damit seine wissenschaftlichen Untersuchungen der vierziger Jahre fort. Er studierte systematisch Bücher, Broschüren, Pamphlete, Flugschriften und Periodica, vor allem Schriften von bürgerlichen Ökonomen wie William Petty und Frangois Quesnay bis hin zu den Repräsentanten der klassischen englischen Ökonomie Adam Smith und David Ricardo. Nebenden Werken zahlreicher bürgerlicher Ökonomen und utopischer Sozialisten be- faßte er sich mit statistischem Material und englischen Parlamentsdokumen- ten, las offizielle Berichte englischer Fabrikinspektoren an das Unterhaus, arbeitete historische, technische und naturwissenschaftliche Literatur durch und interessierte sich ebenfalls für die Kulturgeschichte, Weltgeschichte und Zeitgeschichte. London, die seinerzeit größte Stadt der Welt und Metropole des höchstentwickelten kapitalistischen Landes, bot für die Studien günstige Voraussetzungen. Marx bemerkte selbst dazu: „Das ungeheure Material für Geschichte der politischen Ökonomie, das im British Museum aufgehäuft ist, der günstige Standpunkt, den London für die Beobachtung der bürgerlichen Gesellschaft gewährt, endlich das neue Entwicklungsstadium, worin letztere mit der Entdeckung des kalifornischen und australischen Goldes einzutreten schien, bestimmten mich, ganz von vorn wieder anzufangen und mich durch das neue Material kritisch durchzuarbeiten." (Siehe Band 13 unserer Ausgabe, S. 10/11.) Bis Juli _1857 bestand Marx' Arbeit vor allem in der Sammlung und kri- tischen Erschließung der verschiedenartigsten Quellen zur ökonomischen Theorie und im unmittelbaren Studium aller bedeutenden Ereignisse und Fakten des kapitalistischen Wirtschaftslebens in England und anderen Län- dern. Vom Umfang seiner Forschungsarbeiten in den fünfziger Jahren zeugen Tausende Seiten von Exzerpten. Von 1850 bis 1857 füllte er einige Dutzend Hefte mit Auszügen und Konspekten, die von ihm zum Teil mit römischen Ziffern durchnumeriert wurden und auf die er.in den folgenden Jahren bei der Ausarbeitung seiner Theorie immer wieder zurückgriff. Darüber hinaus legte Marx in diesen Jahren einige Hefte an, in denen er die Zitate zu bestimmten Themen, z.B. „Das vollendete Geldsystem", „Geldwesen, Kreditwesen, Krisen", zusammenfaßte und mit kurzen Kommentaren versah. Das war eine erste Bearbeitung des gesammelten Materials. Außerdem schrieb Marx sehr viele Presseartikel über die damalige ökonomische Politikund das Wirtschafts- leben der kapitalistischen Länder, die neue wissenschaftliche Schlußfolge- rungen aus seinen theoretischen Studien enthielten. Besondere Aufmerksamkeit widmete Marx in den fünfziger Jahren den Wirtschaftskrisen in einigen europäischen Ländern. Marx und Engels er- warteten in diesem Zusammenhang mit Ungeduld das Eintreten einer re- volutionären Situation. „Es gibt diesmal ein dies irae [Jüngstes Gericht] wie nie vorher, die ganze europäische Industrie kaputt, alle Märkte überführt [...], alle besitzenden Klassen hereingeritten, kompletter Bankrott der Bourgeoisie, Krieg und Liederlichkeit im höchsten Grad. Auch ich glaube, daß sich alles dies Anno 1857 erfüllen wird" (siehe Band 29 unserer Ausgabe, S. 78). In einem Brief vom 17. November 1856 schrieb Engels an Marx: „So schöne tabula rasa wie diesmal findet die Revolution so leicht nicht wieder vor. Alle sozialisti- schen dodges [Schwindeleien] erschöpft, die forcierte Beschäftigung der Arbeiter seit 6 Jahren antizipiert und exploded [verworfen], keine Möglichkeit, neue Experimente und Phrasen zu machen. Auf der andern Seite aber auch die Schwierigkeiten ganz nackt und unverhüllt; der Stier muß ganz direkt bei den Hörnern gefaßt werden" (siehe Band 29 unserer Ausgabe, S.86). Als 1857, wie von Marx vorausgesagt, die ökonomische Krise ausbrach, rechnete er als Folge mit einem neuen revolutionären Aufschwung. Er sah es deshalb als seine Pflicht an, sich sofort mit der unmittelbaren Ausarbeitung seiner ökonomischen Theorie zu befassen, um die Arbeiter so bald wie möglich mit ökonomischen Kenntnissen auszurüsten, ihr Klassenbewußtsein zu stär- ken und ihnen zu helfen, die neuen historischen Aufgaben ihrer Klasse zu begreifen. Den Arbeitern mußte die Unüberbrückbarkeit des Klassengegen- satzes zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie nachgewiesen werden, eines Gegensatzes, der mit Notwendigkeit zur proletarischen Revolution führt. Marx betrieb deshalb die Zusammenfassung der Ergebnisse seiner ökono- mischen Forschungen aus den fünfziger Jahren mit großer Eile. „Ich arbeite wie toll die Nächte durch an der Zusammenfassung meiner ökonomischen Studien", schrieb er am 8. Dezember 1857 an Engels, „damit ich wenigstens die Grundrisse im klaren habe bevor dem deluge [der Sintflut]." (Siehe Band 29 unserer Ausgabe, S.225.) Am selben Tag beschrieb Jenny Marx in ihrem Brief an Conrad Schramm, einem Freund und Mitstreiter von Marx und Engels, den Verlauf von Marx' Arbeit folgendermaßen:„Sie können sich doch wohl denken, wie high up [gutgelaunt] der Mohr ist. Seine ganze frühere Arbeitsfähigkeit und Leichtig- keit ist wiedergekehrt sowie auch die Frische und Heiterkeit des Geistes [...]. Karl arbeitet am Tage, um fürs tägliche Brot zu sorgen, nachts, um seine Ökonomie zur Vollendung zu bringen." Jetzt ist „diese Arbeit ein Bedürfnis der Zeit, eine Notwendigkeit geworden" (siehe Band 29 unserer Ausgabe, S.645). Im Herbst 1857 brach dann zwar die Wirtschaftskrise aus, sie führte aber nicht zu der mit solcher Ungeduld erwarteten revolutionären Situation, war jedoch der unmittelbare Anlaß für Marx, seine ökonomischen Studien zusammenzufassen. Das wichtigste überlieferte Ergebnis, die schöpferische Verallgemeinerung und Systematisierung der in den vierziger und besonders in den fünfziger Jahren gesammelten Materialien sind die 1857/1858 entstandenen drei ökono- mischen Manuskripte, die der vorliegende Band enthält. Die Skizze „Bastiat und Carey" ist ein Fragment. Marx hat sie im Juli 1857 niedergeschrieben. Hier steckte er den Rahmen der klassischen politischen Ökonomie ab, deren Grundstein Ende des 17. Jahrhunderts Petty und Bois- guillebert gelegt hatten und die im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in den Werken von Ricardo und Sismondi ihren Abschluß fand. Diese unvollendete Skizze zeugt davon, wie weit Marx schon zu dieser Zeit mit seiner Kritik der bürgerlichen Ökonomen vorangekommen war und das Wesen der ökonomischen Gesetze des Kapitalismus erkannt hatte. Für die Entstehungsgeschichte der marxistischen politischen Ökonomie ist diese Skizze deshalb interessant, weil Marx hier zum erstenmal in ausgereifter Form eine Einschätzung des Übergangs der klassischen bürgerlichen Ökonomie zur Vulgärökonomie vornahm. Während in den vorhergehenden Arbeiten von Marx die Einteilung der bürgerlichen Ökonomen in zwei Hauptströmungen nur in den Grundzügen angedeutet wird, gibt er hier eine genaue Charakteristik der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie im Unterschied zur Vul- gärökonomie, die vom Niedergang der bürgerlichen Ökonomie zeugt. Bastiat und Carey waren typische Vertreter jener Vulgärökonomen, die es für nötig hielten, „die Harmonie der Produktionsverhältnisse da zu beweisen, wo die klassischen Ökonomen naiv ihren Antagonismus zeichneten" (siehe vorl. Band, S.4). Ihre Theorien stellten eine bestimmte Gefahr für die Ar- beiterbewegung dar, denn sie verschleierten die wirkliche Lage der Arbeiter in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und dienten als Stütze für ver- schiedene soziale Illusionen, die der Bourgeoisie genehm waren. Marx unter- suchte die ökonomischen Verhältnisse, die den Auffassungen dieser beiden Ökonomen zugrunde lagen, und zeigte, daß die „durchaus verschiedne, selbst widersprechende nationale Umgebung, aus der heraus beide schreiben, [...] sie nichtsdestoweniger zu denselben Bestrebungen" treibt. (Siehe vorl. Band, S.4.) Diese Ökonomen hielten die kapitalistische Produktion für das ewige natürliche Ideal einer harmonischen Entwicklung der Gesellschaft; die em- pörenden Übel der bürgerlichen Gesellschaft erklärten sie entweder aus den feudalen Überbleibseln und dem Eingreifen des Staates in das Wirtschafts- leben — wie es Bastiat meinte — oder „aus der vernichtenden Einwirkung Englands mit seinem Streben nach industriellem Monopol auf dem Weltmarkt" (siehe vorl. Band, S. 5), wie es bei Carey der Fall war. Diesen apologetischen Ansichten trat Marx entgegen mit einer wissen- schaftlichen Analyse der kapitalistischen Wirtschaft, ihrer objektiven Gesetz- mäßigkeiten und ihrer inneren antagonistischen Widersprüche. Marx beabsichtigte ursprünglich, mit der fragmentarischen Skizze „Bastiat und Carey" eine Besprechung des Buches von Frederic Bastiat „Harmonie economiques", 2. ed. Paris 1851, vorzunehmen, aber er gab dieses Vorhaben auf. „Es ist unmöglich, diesen Nonsense weiter zu verfolgen. We, therefore, drop Mr. Bastiat. [Wir trennen uns deshalb von Herrn Bastiat.]" (Siehe vorl. Band, S. 13.) Die andere unvollendete Skizze, die „Einleitung", wurde Ende August 1857 geschrieben. Marx verzichtete später darauf, sie zu veröffentlichen, weil er die „erst zu beweisende[n] Resultate" (siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.7) nicht vorwegnehmen wollte. Sie sollten das Ergebnis der gesamten For- schungsarbeit sein. In der „Einleitung" hat Marx umfassender als sonst ir- gendwo seine Auffassung über den Gegenstand und die Methode der poli- tischen Ökonomie formuliert. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Ökonomen, die die Verteilung in den Vordergrund stellten, sie zum eigentlichen Gegen- stand der politischen Ökonomie erklärten und den Kapitalismus nicht als eine historisch vergängliche Ordnung betrachteten, ging Marx aus vom Primat der gesellschaftlichen Produktion. Die Analyse der dialektischen Wechselwirkung der Produktion, der Verteilung, des Austausches und der Konsumtion brachte ihn zu der Schlußfolgerung, daß die Produktion nicht nur den Ausgangspunkt bildet, sondern auch bestimmendes Moment in dieser Einheit ist, daß die Verteilungsformen nur ein anderer Ausdruck der Produktionsformen sind. Marx erkannte die Produktion als gesellschaftlich bestimmt und machte sie zum Gegenstand seiner Forschung. In der „Einleitung" hat Marx die wissenschaftlich richtige, die dialektisch- materialistische Methode des Aufsteigens vom Abstrakten zum Konkreten entwickelt, wobei unter Konkretem die Einheit des Mannigfaltigen verstanden wird, die Zusammenfassung vieler Bestimmungen als .Ergebnis des Denkens im Prozeß dieser Synthese. Dabei widmete Marx dem Problem des logischen und historischen Herangehens an den Forschungsgegenstand besondere Aufmerksamkeit. Er zeigte die Notwendigkeit der logisch folgerichtigen Betrachtung der ökonomischen Kategorien unter Berücksichtigung ihrer Rolle in der gegebenen ökonomischen Struktur. Jedoch erscheinen die ökono- mischen Kategorien nicht nur als Knotenpunkte und Mittel der Erkenntnis, sondern auch als Produkt der geschichtlichen Entwicklung der Gesellschaft; darum darf die logische Analyse nicht eine willkürliche, rein gedankliche Konstruktion sein, die von den realen Prozessen losgelöst ist. Die wissen- schaftlichen Abstraktionen in Marx' Theorie sind mit der konkreten Wirklich- keit als ihrer Voraussetzung untrennbar verbunden, und der Verlauf des abstrakten Denkens vom Einfachen zum Komplizierten entspricht im all- gemeinen dem wirklichen historischen Prozeß. Ausgehend von seiner Auffassung vom Gegenstand und der Methode der politischen Ökonomie, gab Marx in der „Einleitung" einen ersten Entwurf vom Aufbau seines ökonomischen Werkes, der alle wichtigen Seiten der bürger- lichen Gesellschaft umfaßt. Marx schrieb: „Die Einteilung offenbar so zu machen, daß 1. die allgemeinen abstrakten Bestimmungen, die daher mehr oder minder allen Gesellschaftsformen zukommen [...]. 2. Die Kategorien, die die innre Gliederung der bürgerlichen Gesellschaft ausmachen und worauf die fundamentalen Klassen beruhn. Kapital, Lohnarbeit, Grundeigentum. Ihre Beziehung zueinander. Stadt und Land. Die drei großen gesellschaftlichen Klassen. Austausch zwischen denselben. Zirkulation. Kreditwesen (private). 3. Zusammenfassung der bürgerlichen Gesellschaft in der Form des Staats. In Beziehung zu sich selbst betrachtet. Die unproduktiven' Klassen. Steuern. Staatsschuld. Öffentlicher Kredit. Die Bevölkerung. Die Kolonien. Aus- wanderung. 4. Internationales Verhältnis der Produktion. Internationale Teilung der Arbeit. Internationaler Austausch. Aus- und Einfuhr. Wechsel- kurs. 5. Der Weltmarkt und die Krisen." (Siehe vorl. Band, S.42.) Von Oktober 1857 bis Mai 1858 schrieb Marx ein Manuskript von mehr als 50 Druckbogen. Es ist bekannt unter dem Titel „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" und stellt die erste Fassung — den Rohentwurf — seinesHauptwerkes „Das Kapital" dar. Dieses Manuskript nimmt einen besonderen Platz in der Entstehungs- geschichte des Marxismus ein. Als Marx sich in den vierziger und fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Aufgabe gestellt hatte, die Ökonomie der kapitalistischen Gesellschaftsordnung gründlich und allseitig zu erforschen, untersuchte er die Mittel, Kategorien und Methoden sowohl der Philosophie als auch der politischen Ökonomie. Er setzte sich mit der bisherigen Philoso- phie auseinander und entwickelte dabei die marxistische Philosophie. Die „Grundrisse" legen ebenfalls deutlich Zeugnis ab von dieser schöpferischen philosophischen Arbeit. Sie gehören zu den klassischen Werken der mar- xistischen Weltanschauung und weisen einen großen Reichtum an ökono- mischen und philosophischen Fragestellungen und Antworten auf. Marx hat mit den „Grundrissen" eine gewaltige theoretische Arbeit zur Entdeckung des Entwicklungsgesetzes der modernen kapitalistischen Gesellschaft geleistet. Hier arbeitete Marx zum erstenmal in Grundzügen und wesentlichen Details seine Werttheorie und auf ihrer Grundlage die Mehrwerttheorie aus, diesen „Grundpfeiler der ökonomischen Theorie von Marx" (siehe W.I.Lenin, Werke, Band 19, S. 6). Die materialistische Geschichtsauffassung und die Mehrwerttheorie, das sind die zwei großen Entdeckungen, durch die, wie Engels sagte, der Sozialismus aus einer Utopie zur Wissenschaft wurde (siehe Band 19 unserer Ausgabe, S.209). Als Marx an den „Grundrissen" zu schreiben begann, war ihm der Kern- punkt der politischen Ökonomie, das Mehrwertproblem, durchaus klar, aber im Verlauf der Arbeit drängten sich neue unvorhergesehene Details auf, die geklärt werden mußten. Deshalb handelte es sich bei der Niederschrift des Manuskriptes nicht einfach um die Fixierung von im voraus Durchdachtem, sondern im Laufe der Arbeit gelangte Marx zu Schlüssen, die Entdeckungen nicht nur im Hinblick auf den damaligen Stand der politischen Ökonomie waren; seine eigenen ökonomischen Anschauungen wurden bereichert. Zugleich macht das Manuskript die Forschungsmethode von Marx sichtbar. Es werden deutlich die verschiedenen Arbeitsstufen sichtbar, in denen die Theorie entscheidend weiterentwickelt wurde, und es ist möglich, Schritt für Schritt den Prozeß zu verfolgen, in dem er die Grundelemente seiner ökono- mischen Lehre schuf. So werden z.B. viele Formulierungen von Marx im Laufe der weiteren Arbeit als unzulänglich erkannt und darum präzisiert. Häufig wird ein Problem nur angedeutet und seine Lösung auf später ver- schoben. Wenn in den späteren Entwürfen seines Hauptwerkes die systema- tische Darstellung bereits ausgereifter Teile semer ökonomischen Lehre vor- herrscht, so kann im Manuskript von 1857/1858 unmittelbar der Weg verfolgt werden, der Marx zu seinen großen Entdeckungen in der politischen Ökonomie führte. Wichtig ist es auch, in diesem Zusammenhang zu betonen, wie tatkräftig Marx während der Arbeit von Engels unterstützt wurde. Nicht selten bedurfte er bei der Analyse von Problemen, die in der kapitalistischen Wirtschaftspraxis wurzelten, aber in der Fachliteratur unbeantwortet blieben, der sachverstän- digen Ratschläge von Engels. Der Briefwechsel zwischen ihnen aus dieser Zeit legt ein beredtes Zeugnis dafür ab. Marx begann die „Grundrisse" mit einer Kritik der ökonomischen Auf- fassung des Proudhonisten Alfred Darimon, vor allem der proudhonistischen Geldtheorie. Die Kritik des Proudhonismus betrachtete Marx als eine wichtige Aufgabe des wissenschaftlichen Sozialismus. Er schrieb 1880 in einer Ein- fühlung zum Wiederabdruck seines Werkes „Das Elend der Philosophie", daß es notwendig gewesen sei, „um den Weg zum kritischen und materialistischen Sozialismus zu bahnen, der die reale, historische Entwicklung der gesellschaft- lichen Produktion verständlich machen will, mit jener Ideologie in der Öko- nomie brüsk zu brechen, deren letzte Verkörperung unwissentlich Proudhon war". (Siehe Band 19 unserer Ausgabe, S.229.) Die erste eingehende Kritik der kleinbürgerlichen Auffassungen Proudhons gab Marx bereits 1847 in „Das Elend der Philosophie", doch damals stützte er sich in bedeutendem Maße auf die ökonomische Lehre Ricardos. Im Ma- nuskript von 1857/1858 setzte Marx die Kritik des Proudhonismus von der Position der bereits weitgehend ausgereiften eigenen ökonomischen Lehre fort. Er widerlegte die These der Proudhonisten, eine Reform der Banken, die Ausgabe von sogenanntem „Arbeitsgeld" oder „Stundenzettel", sei ein wirk- sames Mittel, das Elend und die Ausbeutung der werktätigen Massen zu beseitigen. Er legte dar, daß der antagonistische Charakter der Widersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft „nie durch stille Metamorphose zu spren- gen ist" (siehe vorl. Band, S.93), daß die Vorschläge der Proudhonisten, einzelne „Mängel" der kapitalistischen Gesellschaft zu beseitigen, jedoch ihre ökonomischen Grundlagen unberührt zu lassen, eine Utopie sind, die die Arbeiterklasse desorientiert und sie von der Erfüllung ihrer historischen Mission ablenkt. Im Verlauf der Kritik an den proudhonistischen Auffassungen arbeitete Marx in den „Grundrissen" die Grundlagen seiner Werttheorie aus, einschließ- lich des Doppelcharakters der Arbeit und der Ware in der bürgerlichen Ge- sellschaft und der Notwendigkeit der Verwandlung der Ware in Geld. Marx hat nicht zufällig die Darlegung seiner Werttheorie mit der Kritik der proudhonistischen Geldtheorie begonnen. In diesem Vorgehen äußert sich ein wesentliches Merkmal der Marxschen Forschungsmethode. Tatsächlich stellt das Geld eine besonders markante Erscheinungsform des Warenwerts dar, ist doch das Geld, die Geldform des Wertes, die entwickeltste, dem Kapitalismus adäquate Form des Wertes. Demzufolge ist die Geldtheorie die direkte Folge der Werttheorie. Zu diesen Erkenntnissen konnte Marx gelangen, da er in seiner Kritik der bürgerlichen politischen Ökonomie wie auch in der gesamten Forschung, was für Marx ein einheitlicher Prozeß war, von der äußeren Er- scheinung zum inneren Wesen vordrang. Die These vom Doppelcharakter der Arbeit in der kapitalistischen Waren- produktion, die zum erstenmal in den „Grundrissen" ausgearbeitet wurde, ist ein hervorragendes Resultat des Marxschen Denkens. Sie bildet die Grundlage seiner Werttheorie, und dadurch vor allem unterscheidet sie sich von der Arbeitswerttheorie der Klassiker der bürgerlichen politischen Ökonomie. Sie begriffen nicht den Gegensatz zwischen konkreter und abstrakter Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft und beschränkten sich auf die einfache Bestimmung der Wertgröße durch die Arbeitszeit. Demgegenüber betonte Marx, daß auf der Erkenntnis vom Doppelcharakter der Arbeit „alles Verständnis der facts" beruhe (siehe Band 31 unserer Ausgabe, S. 326). Aus dem Doppelcharakter der Arbeit, daraus, daß die Arbeit unter den Bedingungen des Privateigentums an den Produktionsmitteln unmittelbar private Arbeit ist, während sich ihr gesellschaftlicher Charakter auf dem Markt erst beweisen muß, folgt der Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert der Ware, der Widerspruch, welcher seine äußere Bewegungsform in der Verdoppelung der Ware in Ware und Geld findet, darin, daß der Warenwert in einer besonderen Ware, dem Geld, ein selbständiges Dasein erlangt. Indem das Geld den Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert der Ware äußerlich löst, verschärft es gleichzeitig alle Widersprüche der auf dem pri- vaten Austausch beruhenden Warenproduktion und stellt den Kapitalismus unvermeidlich vor Wirtschaftskrisen. Während der Ausarbeitung seiner Werttheorie in den „Grundrissen" ge- langte Marx bis zur Aufdeckung der Ware als ökonomische Zellenform des Kapitalismus. Das aber bedeutete, daß der Ausgangspunkt für die Analyse der ökonomischen Struktur der Gesellschaft nicht, wie Ricardo annahm, der Wert und auchnicht das Wertverhältnis der Waren sein kann, sondern vielmehr die Ware selbst, der stoffliche Träger dieses Verhältnisses. Bei der Betr achtung der Kategorien Ware und Geld analysierte Marx die für die bürgerliche Gesellschaft charakteristische Versachlichung der ge- sellschaftlichen Verhältnisse, die Knechtung der Individuen, die beherrscht werden von ihren ökonomischen Verhältnissen, aus denen sie sich nur auf revolutionärem Wege befreien können. Eines der wichtigsten Forschungsergebnisse von Marx im „Kapitel vom Geld" ist die Feststellung, daß die entwickelte Form der Warenproduktion unter den Bedingungen des Privateigentums an den Produktionsmitteln not- wendig die Verwandlung von Geld in Kapital voraussetzt. Die Entwicklung der Warenproduktion und des Tauschwertes führt unvermeidlich zur „Tren- nung von Arbeit und Eigentum; so daß Arbeit = wird fremdes Eigentum schaf- fen und Eigentum fremde Arbeit kommandieren" (siehe vorl. Band, S. 164). Im „Kapitel vom Kapital" löste Marx das zentrale Problem seiner Unter- suchung — die Erforschung des Wesens und des Mechanismus der kapitali- stischen Ausbeutung. Die bürgerlichen Ökonomen hatten sich vergeblich bemüht, vom Wert unmittelbar zum Kapital überzugehen. Sie betrachteten das Kapital als ein- fache Summe von Werten und erfaßten das Wesen der Verwandlung von Geld in Kapital nicht. Marx stellte fest, „daß die einfache Bewegung der Tauschwerte, wie sie in der reinen Zirkulation vorhanden ist, nie Kapital realisieren kann" (siehe vorl. Band, S. 179). Das Wesen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse wird bestimmt durch das Verhältnis zwischen Lohnarbeiter und Kapitalist, zwischen Arbeit und Kapital, die einander gegenüberstehen und zwischen denen ein Austausch stattfindet. Die Schwierigkeit der Analyse dieses Verhältnisses besteht darin nachzuweisen, daß sich der Austausch zwischen Lohnarbeiter und Kapitalist auf der Grundlage des Wertgesetzes vollzieht, d.h. auf der Grundlage des Austausches von Äquivalenten. Marx' Analyse im „Kapitel vom Kapital" beruht im wesentlichen auf dem im „Kapitel vom Geld" untersuchten Doppelcharakter der Ware, auf der Be- trachtung der Ware als Einheit von Gegensätzen: von Gebrauchswert und Wert. Im Austausch zwischen Kapital und Arbeit unterschied Marx zwei quali- tativ verschiedene Prozesse: 1. den eigentlichen Austausch zwischen Arbeiter und Kapitalist, in dessen Ergebnis der Kapitalist die Produktivkraft eintauscht, „die das Kapital erhält und vervielfältigt" (siehe vorl. Band, S.20Q), 2. den Arbeitsprozeß selbst, in welchem sich dieses Erhalten und Vervielfältigen des Kapitals vollzieht. Bei der Analyse des ersten Prozesses formulierte Marx folgende Erkenntnis: Im Verhältnis von Kapital und Arbeit ist „die eine Seite (das Kapital) [...] zunächst der andren Seite als Tauschwert gegenüber und die andre (die Arbeit) dem Kapital gegenüber als Gebrauchswert" (siehe vorl. Band, S. 193). Marx vollzog hier einen wichtigen Schritt, um von der üblichen Formel der bürgerlichen Ökonomen von der „Ware Arbeit" und vom „Verkauf der Arbeit" zur Ware Arbeitskraft überzugehen. Die Arbeit tritt in dieser Betrachtung von Marx bereits nicht mehr als Ware auf, sondern als Ge- brauchswert jener Ware, die der Arbeiter dem Kapitalisten verkauft. Die Besonderheit dieses Gebrauchswertes besteht darin, daß er „nicht materiali- siert [ist] in einem Produkt", überhaupt nicht außer dem Arbeiter existiert, „also nicht wirklich, sondern nur der Möglichkeit nach, als seine Fähigkeit" (siehe vorl. Band, S. 193). Im ersten Prozeß des Austausches zwischen Arbeit und Kapital ging auch die Verfügungsgewalt über die lebendige Arbeit des Arbeiters, d.h. seine Arbeitskraft, sein Arbeitsvermögen, an den Kapitalisten über. Der zweite Prozeß dieses Austausches ist der Arbeitsprozeß selbst, welcher zusammen- fällt mit dem Prozeß der Erhaltung und Vervielfältigung des Kapitals. Marx wies nach, daß der Arbeiter, der nicht Eigentümer der Produktions- mittel ist, auch nicht Eigentümer der Produkte seiner Arbeit sein kann, jenes Wertes, den er im Produktionsprozeß erzeugt. Aber einen bestimmten, im voraus festgesetzten Teil dieses vom Arbeiter erzeugten und dem Kapitalisten gehörenden Wertes muß der Kapitalist dem Arbeiter in Form des Arbeits- lohnes zurückerstatten, um den Wert der Arbeitskraft zu zahlen, d. h. jenes Arbeitsquantums, das für die „Produktion" des Arbeiters selbst verbraucht wird. Der Arbeiter schafft größeren Wert als den Wert seiner Arbeitskraft, und der Kapitalist erhält einen Mehrwert, der so groß ist wie die Differenz zwischen dem von der lebendigen Arbeit geschaffenen Wert und dem Wert der Arbeits- kraft. In den „Grundrissen" prägte Marx zum erstenmal die Begriffe konstantes Kapital und variables Kapital und erläuterte ihr Verhältnis. Die Unterschei- dung dieser beiden Bestandteile des Kapitals hat große Bedeutung für die politische Ökonomie der Arbeiterklasse, weil sie zeigt, daß der Profit im Produktionsprozeß nicht durch das gesamte Kapital hervorgebracht wird, sondern nur durch den Teil, der für die Arbeitskraft gezahlt wird. Der Wert des konstanten Kapitals wächst nicht im Produktionsprozeß, sondern wird lediglich auf das Produkt übertragen. Die klassische bürgerliche politische Ökonomie hatte den Mehrwert nie rein als solchen untersucht, sondern nur in seinen besonderen Formen wie Profit, Zins und Rente, die an der Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft wirken. Die Erforschung des Mehrwerts unabhängig von seinen besonderen Formen ist eine der bedeutendsten Errungenschaften der Marxschen ökonomischen Lehre. Im „Kapitel vom Kapital" entwickelte Marx erstmalig in allgemeinen Zügen seine Lehre von den zwei Arten des Mehrwerts, dem absoluten und relativen Mehrwert. Er deckte in diesem Zusammenhang die zweifache Tendenz des Kapitals auf: Verlängerung des Arbeitstages als Mittel zur Ver- größerung des absoluten Mehrwerts und Verkürzung der notwendigen Arbeits- zeit durch Steigerung der Arbeitsproduktivität als Mittel zur Vergrößerung des relativen Mehrwerts. Auf diese Art legte Marx in dem vorliegenden Manuskript zum erstenmal in der Geschichte der ökonomischen Wissenschaft den Mechanismus der kapitalistischen Ausbeutung dar. Er zeigte, daß die Aneignung des von den Arbeitern geschaffenen Mehrwerts durch die Kapitalistenklasse die Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise ist. Sie geht in Übereinstimmung mit den ihr innewohnenden Gesetzen, vor allem dem Mehrwertgesetz, vor sich. Der Mehrwert erscheint m der Theorie von Marx als notwendiges Resultat der kapitalistischen Produktionsverhältnisse, seine Produktion und Aneignung ist das Wesen dieser Verhältnisse, das Hauptziel der Kapitalisten, er bestimmt die übrigen Kategorien und Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft, er liegt dem Bewegungsgesetz der kapitalistischen Produktionsweise zugrunde und bedingt unausweichlich ihren Untergang und ihre Ablösung durch den Kom- munismus. Wenn die kapitalistische Ausbeutung, wie Marx nachwies, aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse hervorgeht, so folgt daraus, daß innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsordnung die Arbeiter- klasse nicht von ihrer Ausbeutung befreit werden kann. Gleichzeitig damit werden, wie Marx zeigte, innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft selbst die materiellen Voraussetzungen für die Vernichtung der kapitalistischen Pro- duktionsweise geschaffen, „erzeugen sich sowohl Verkehrs- als Produktions- verhältnisse, die ebenso viel Minen sind, um sie zu sprengen" (siehe vorl. Band, S.93). Marx hatte in den „Grundrissen" auch schon begonnen, auf der Basis seiner Mehrwerttheorie die Erscheinungsformen des Mehrwerts zu erklären. Er entwickelte erste Gedanken zur Entdeckung des Gesetzes vom Durch- schnittsprofit und der Definition des Produktionspreises, also zurErklärung des widersprüchlichen Preisbildungsmechanismus unter den Bedingungen des Kapitalismus. Marx stellte fest, daß der Profit der gesamten Kapitalistenklasse nicht größer sein kann als die Summe des gesamten Mehrwerts, und gelangte dadurch zu dem Schluß, daß die in verschiedenen Produktionszweigen not- wendigerweise unterschiedlichen Profitraten sich im Ergebnis der Konkurrenz zwischen den Produktionszweigen zu einer allgemeinen Profitrate ausgleichen. Die Bildung der allgemeinen Profitrate erfolgt, wie Marx darstellt, durch die Umverteilung der in allen Zweigen der kapitalistischen Produktion erzeugten Gesamtsumme des Mehrwerts entsprechend der Größe des in diesem oder jenem Zweige angelegten Kapitals. Dabei werden die Waren zu einem Pro- duktionspreis verkauft, der von ihrem Wert abweicht. Er kann in einigen Zweigen höher und in anderen Zweigen niedriger sein als der Wert. Während der Arbeit am „Kapitel vom Kapitäl" ergänzte Marx die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise durch die Untersuchung der vorange- gangenen Gesellschaftsformen und richtete seinen Blick in die Zukunft, auf jene Gesellschaftsordnung, die den Kapitalismus notwendigerweise ablösen wird. Er schrieb: Unsre Methode zeigt „die Punkte, wo die historische Be- trachtung hereintreten muß oder wo die bürgerliche Ökonomie als bloß hi- storische Gestalt des Produktionsprozesses über sich hinausweist auf frühre historische Weisen der Produktion [...]. Ebenso führt diese richtige Betrach- tung andrerseits zu Punkten, an denen die Aufhebung der gegenwärtigen Gestalt der Produktionsverhältnisse — und so foreshadowing [Vorahnung] der Zukunft, werdende Bewegung sich andeutet. Erscheinen einerseits die vor- bürgerlichen Phasen als nur historische, i. e. aufgehobne Voraussetzungen, so die jetzigen Bedingungen der Produktion als sich selbst aufhebende und daher als historische Voraussetzungen für einen neuen Gesellschaftszustand setzende." (Siehe vorl. Band, S.373.) In diesem Zusammenhang gab Marx im „Kapitel vom Kapital" einen hi- storischen Abriß über die Formen, die der kapitalistischen Produktion vor- hergingen. Er untersuchte die Entwicklung des Eigentums von der urgemein- schaftlichen Ordnung bis zur Entstehung der kapitalistischen Aneignungs- weise und vollzog damit einen bedeutenden Schritt in der Ausarbeitung seiner Lehre von den ökonomischen Gesellschaftsformationen. Damit vertiefte er seine Ansichten, die er erstmals in der „Deutschen Ideologie" dargelegt hatte. Marx gab eine Bestimmung des Eigentums und verfolgte im Detail die Evo- lution seiner Formen in Abhängigkeit von den Veränderungen der Produk- tionsbedingungen. Diese Verbindung, die zwischen der Form des Eigentums und den Produktionsbedingungen existiert, hat Marx später im Vorwort zur Veröffentlichung seiner Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Erstes Heft" formuliert, wo von den Eigentumsverhältnissen als dem „juristischen Ausdruck" der einen oder anderen historisch entstandenen Produktionsver- hältnisse die Rede ist (siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.9). In den „Grundrissen" charakterisierte Marx auch den Begriff Produktions- weise, wobei er auf die aktive Rolle der Produktivkräfte im Prozeß der ge- sellschaftlichen Entwicklung hinwies, die unvermeidlich die Ablösung einer Gesellschaftsformation durch die nächst höhere bewirken. Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Entwicklung der vorkapi- talistischen Eigentumsformen erklärte Marx den Prozeß der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals und zeigte, daß ihr Wesen einerseits in der Her- ausbildung der Klasse der Lohnarbeiter besteht, die keine Produktionsmittel besitzt, und andererseits in der Verwandlung der Produktionsmittel in Kapital, befreit von traditionellen feudalen und Zunfthemmnissen. Erstmals wurde die Epoche der ursprünglichen Akkumulation hier als spezielle Übergangsperiode der geschichtlichen Entwicklung definiert. 2 Marx/Engels, Werke, Bd. 42 In den „Grundrissen" vertiefte Marx die Grundlagen der wissenschaft- lichen Periodisierung der Geschichte der kapitalistischen Gesellschaft, die er schon in den vierziger Jahren angedeutet hatte. Er begründete die Notwendig- keit, in der Entwicklung des Kapitalismus zwischen dem Manufaktur- und dem Maschinenstadium zu unterscheiden. Die Manufaktur bildet noch nicht die materielle Basis für die allgemeine Verbreitung der kapitalistischen Verhält- nisse und für die Verdrängung vorkapitalistischer Formationen. Erst die maschinelle Großproduktion ist die materielle Grundlage für die endgültige Herausbildung des kapitalistischen Systems, erst sie ist der vollständigen Herrschaft des Kapitals adäquat. Mit der Erforschung der Genesis des Kapitalismus und der Entdeckung der Gesetze seiner Entstehung und Entwicklung hatte Marx den wirklichen hi- storischen Platz des Kapitalismus bestimmt und seinen unausbleiblichen Untergang, die unvermeidliche Aufhebung der dem Kapitalismus eigenen Trennung zwischen Arbeit und Eigentum nachgewiesen. „Damit die Arbeit sich wieder zu ihren objektiven Bedingungen als ihrem Eigentum verhalte, muß ein andres System an die Stelle des Systems des Privataustauschs treten" (siehe vorl. Band, S. 417). Die von Marx in diesem Zusammenhang gegebene Analyse der neuen, an die Stelle des Kapitalismus tretenden Gesellschafts- ordnung verdient besonderes Interesse. Im Manuskript von 1857/1858 bezeichnet Marx die kommunistische Ge- sellschaft als eine solche Gesellschaft, wo „freie Individualität, gegründet auf die universelle Entwicklung der Individuen und die Unterordnung ihrer ge- meinschaftlichen, gesellschaftlichen Produktivität, als ihres gesellschaftlichen Vermögens" herrscht. (Siehe vorl. Band, S. 91.) Marx unterstreicht die histo- rische Notwendigkeit des Übergangs zur kommunistischen Gesellschaft, deren Entstehung eine bestimmte Stufe der Entwicklung der materiellen und gei- stigen Bedingungen voraussetzt. Die Arbeit in der künftigen kommunistischen Gesellschaft wird von Marx als unmittelbar gesellschaftliche Arbeit charakterisiert. Unter den Bedingun- gen der gemeinschaftlichen Produktion tritt die Arbeit des einzelnen von Anfang an als gesellschaftliche Arbeit auf. Nicht der Austausch gibt der Arbeit den Charakter des Allgemeinen, sondern das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln und der gemeinschaftliche Charakter der Produktion machen von vornherein das Produkt der Arbeit zu einem gesellschaftlichen, allgemeinen. Besonders große Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das von Marx formulierte Gesetz der Ökonomie der Zeit unter den Bedingungen der kom- munistischen Gesellschaft. Marx schreibt: „Gemeinschaftliche Produktion vorausgesetzt, bleibt die Zeitbestimmung natürlich wesentlich. Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu andrer Produktion, materieller oder geistiger. Wie bei einem einzelnen Individuum hängt die Allseitigkeit ihrer Entwicklung, ihres Genusses und ihrer Tätigkeit von Zeiteinsparung ab. Ökonomie der Zeit, darin löst sich schließlich alle Ökonomie auf. Ebenso muß die Gesellschaft ihre Zeit zweck- mäßig einteilen, um eine ihren Gesamtbedürfnissen gemäße Produktion zu erzielen; wie der einzelne seine Zeit richtig einteilen muß, um sich Kenntnisse in angemeßnen Proportionen zu erwerben oder um den verschiednen An- forderungen an seine Tätigkeit Genüge zu leisten. Ökonomie der Zeit sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiednen Zweige der Produktion bleibt also erstes ökonomisches Gesetz auf Grundlage der ge- meinschaftlichen Produktion. Es wird sogar in viel höherem Grade Gesetz." (Siehe vorl. Band, S. 105.) Jede wahre Ökonomie äußert sich in der Einsparung von Arbeitszeit, in der Reduzierung der Produktionskosten auf ein mögliches Minimum; mit anderen Worten, in der Steigerung der Arbeitsproduktivität.Das ist identisch mit der Entwicklung der Produktivkräfte. Einsparung von Arbeits- zeit bedeutet Erweiterung der Freizeit, welche ihrerseits auf die Produktiv- kraft der Arbeit zurückwirkt. Die Freizeit — als Zeit der Muße, Zeit für Bildung, künstlerische Betätigung usw. — gestattet jedem Mitglied der GeseE- schaft die voEständige Entfaltung seiner geistigen und körperlichen Fähig- keiten. Im Unterschied zu einigen utopischen Sozialisten, die davon träumten, daß sich die Arbeit im Kommunismus aus einer verhaßten Bürde, einem Fluch, der sie im Kapitalismus für die übergroße Mehrheit der Werktätigen ist, in ein Spiel, ein bloßes Amüsement verwandeln würde, spricht Marx von der All- gemeinheit der Arbeit in der kommunistischen Gesellschaft, der Arbeit als erstem Lebensbedürfnis, als dem „verdammtesten Ernst" (siehe vorl. Band, S. 512). Die kommunistische Arbeit hat wissenschaftlichen Charakter, sie ist die praktische Anwendung des Wissens, die „Experimentalwissenschaft, materieE schöpferische und sich vergegenständlichende Wissenschaft" (siehe vorl. Band, S.607). Die Wissenschaft wandelt sich um in eine unmittelbare Produktivkraft. (Siehe vorl. Band, S. 602.) Als Marx seine ökonomische Theorie entwickelte, erarbeitete er sich gleichzeitig auch die Struktur seines ökonomischen Werkes. Es wurde bereits der erste Planentwurf erwähnt, den Marx Ende August 1857 in der unvollendet gebliebenen „Einleitung" angefertigt hat. Diesem Plan zufolge, den Marx fast in derselben Form am Schluß des „Kapitels vom Geld" (siehe vorl. Band, S. 154) wiederholte, soEte das Werk aus fünf Teilen bestehen, von denen der erste Teil die allgemein abstrakten Bestimmungen enthalten sollte, die in dieser oder jener Form allen Gesellschaftsordnungen eigen sind. Im November 1857 gab Marx am Beginn des „Kapitels vom Kapital" (siehe vorl. Band, S. 188) bereits viel detailliertere Fassungen des Plans für jenen Teil seiner Arbeit, dessen unmittelbarer Gegenstand das Kapital in all seinen Formen und Aspekten ist, wobei er im Abschnitt „Allgemeinheit" (dem Marx später die Bezeichnung „Das Kapital im allgemeinen" gab) eine Dreigliederung des Materials vornahm, die später im Aufbau seines „Kapitals" eine so große Rolle spielte. Mit dem vorliegenden Manuskript „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" faßte Marx die Ergebnisse seiner ökonomischen Studien zusam- men. Es wurde nicht in erster Linie für die Veröffentlichung geschrieben, sondern diente Marx zur Selbstverständigung. In der Auseinandersetzung mit der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie entwickelte er wichtige Grundgedanken seiner ökonomischen Lehre. Durch seine umfangreichen Studien konnte Marx den Mechanismus der kapitalistischen Ausbeutung aufdecken und so einen wichtigen Schritt zur umfassenden ökonomischen Begründung der historischen Mission der Arbeiterklasse vollziehen. Mit der Fertigstellung dieses Manuskriptes endete die erste große Etappe bei der Ausarbeitung der ökonomischen Theorie von Marx und der Heraus- bildung der Struktur seines künftigen Hauptwerkes „Das Kapital". Mit dem Erscheinen der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA), die ge- meinsam vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU und vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED herausgegeben wird, ist es möglich, die vorliegende Marx-Engels-Werkausgabe auf der Grund- lage der MEGA durch weitere Ergänzungsbände zu komplettieren. In dem vorliegenden Band finden im Textteil, im Vorwort und im wis- senschaftlichen Apparat die neuen Forschungsergebnisse des Bandes 1 der Zweiten Abteilung der MEGA sowie des Bandes 46 der zweiten russischen Ausgabe der Werke von Marx und Engels ihren Niederschlag. Der Text folgt der unveränderten Wiedergabe der Marxschen Manuskripte in der MEGA. Offensichtliche Schreibfehler werden ohne Nachweis korri- giert, alle sinnverändernden Texteingriffe in Fußnoten nachgewiesen. Zum besseren Verständnis des Textes werden von der Redaktion an einigen Stellen erklärende oder ergänzende Worte in eckigen Klammern eingefügt. Die Ma- nuskripte wurden von Marx selbst nur spärlich durch Überschriften gegliedert. Ein großer Teil der Überschriften stammt von der Redaktion und ist durch eckige Klammern kenntlich gemacht. Dabei wird auf die Überschriften des MEGA-Bandes zurückgegriffen. Die eckigen Klammern bei Marx sind durch geschweifte Klammern ersetzt. Alle längeren Zitate erscheinen im Kleindruck. Fremdsprachige Zitate werden im Text erstmalig ins Deutsche übersetzt; ihr Originalwortlaut ist im Anhang zu finden. Soweit möglich, werden Übersetzungen der Zitate gebracht, die Marx oder Engels in den „Theorien über den Mehrwert", im „Kapital" und in anderen Werken selbst gegeben haben. Für die Übersetzung von Smith und Ricardo werden die Neuausgaben ihrer Hauptwerke benutzt (David Ricardo, „Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung". Übersetzt und mit einer Einleitung versehen von Gerhard Bondi, Berlin 1959. — Adam Smith, „Eine Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen". Übersetzt und eingeleitet von Peter Thal, Band I, Berlin 1963). Die Fußnoten von Marx sind durch Sternchen gekennzeichnet. Die von ihm in den Text eingestreuten fremdsprachigen Wörter und Sätze werden un- verändert gebracht und in Fußnoten übersetzt. Diese sind durch eine durch- gehende Linie vom Text getrennt und durch Ziffern kenntlich gemacht. Die Nummern der Manuskripthefte von Marx werden durch römische Zahlen, die ManuskriptSeiten durch arabische Zahlen zwischen senkrechten Strichen gekennzeichnet. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind, soweit vertretbar, modernisiert. Der Lautstand und die Silbenzahl in den deutschsprachigen Texten werden nicht verändert. Im Text vorkommende Uneinheitlichkeiten bei Währungs- bezeichnungen werden vereinheitlicht. Der vorliegende Band enthält Anmerkungen, auf die im Text durch hoch- gestellte Ziffern in eckigen Klammern hingewiesen wird, ein Literatur- und Personenverzeichnis, ein Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen, ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Sachregister. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED KARL MARX • • Ökonomische Manuskripte 1857/1858 [Bastiat und Carey] [ 1 ] ||iii-i| Bastiat. Harmonies Economiques. 2 edit. Paris. 1851. Avantpropos' Die Geschichte der modernen politischen Ökonomie endet mit Ricardo und Sismondi, Gegensätze, von denen der eine englisch, der andre französisch spricht — ganz wie sie am Ende des 17. Jahrhunderts beginnt mit Petty und Boisguillebert. Die spätere politisch-ökonomische Literatur verläuft sich entweder in eklektische, synkretistische Kompendien, wie z. B. das Werk von J. St. Mill, oder in tiefere Ausarbeitung einzelner Zweige, wie z. B. Tookes „History of Prices" und im allgemeinen die neueren englischen Schriften über Zirkulation — der einzige Zweig, worin wirklich neue Entdeckungen gemacht worden sind, da die Schriften über Kolonisation, Grundeigentum (in seinen verschiednen Formen), Population usw. eigentlich nur durch größere stoffliche Fülle sich vor den altern auszeichnen — oder Reproduktion alter ökonomischer Streitfragen für ein ausgedehnteres Publikum und die praktische Lösung von Tagesfragen, wie die Schriften über free trade 2 und protection 3 — oder endlich in tendenziöse Zuspitzungen der klassischen Richtungen, ein Verhältnis, worin z. B. Chalmers zu Malthus und Gülich4 zu Sismondi stehn und in gewisser Hinsicht MacCulloch und Senior in ihren ältren Schriften zu Ricardo. Es ist durchaus eine Epigonenliteratur, Reproduktion, größere Ausbildung der Form, breitere Aneignung des Stoffs, Pointierung, Popularisierung, Zusammenfas- sung, Ausarbeitung der Details, Mangel an springenden und entscheidenden Entwicklungsphasen, Aufnehmen des Inventariums auf der einenSeite, Zu- wachs im einzelnen auf der andren. Ausnahme machen scheinbar nur die Schriften von Carey, dem Yankee, und Bastiat, dem Franzosen, von denen der letztre gesteht, daß er sich auf den erstren stützt. Beide begreifen, daß der Gegensatz gegen die politische Ökonomie — Sozialismus und Kommunismus — seine theoretische Voraus- setzung in den Werken der klassischen Ökonomie selbst findet, speziell in Ricardo, der als ihr vollendetster und letzter Ausdruck betrachtet werden muß. Beide finden es daher nötig, den theoretischen Ausdruck, den die bürgerliche Gesellschaft in der modernen Ökonomie geschichtlich gewonnen hat, als Mißverständnis anzugreifen und die Harmonie der Produktionsverhältnisse da zu beweisen, wo die klassischen Ökonomen naiv ihren Antagonismus zeich- neten. Die durchaus verschiedne, selbst widersprechende nationale Um- gebung, aus der heraus beide schreiben, treibt sie nichtsdestoweniger zu denselben Bestrebungen. Carey ist der einzige originelle Ökonom der Nordamerikaner. Einem Land gehörig, wo die bürgerliche Gesellschaft nicht auf der Grundlage des Feudal- wesens sich entwickelt, sondern von sich selbst begonnen hat; wo sie nicht als das überlebende Resultat einer jahrhundertalten Bewegung erscheint, sondern als der Ausgangspunkt einer neuen Bewegung; wo der Staat, im Unterschied von allen frühren nationalen Gestaltungen, von vornherein der bürgerlichen Gesellschaft, deren Produktion untergeordnet war und nie die Prätention eines Selbstzwecks machen konnte; wo endlich die bürgerliche Gesellschaft selbst, die Produktivkräfte einer alten Welt mit dem ungeheuren Naturterrain einer neuen verbindend, sich in bisher unbekannten Dimensionen und unbekannter Freiheit der Bewegung entwickelt, alle bisherige Arbeit in ||2| Überwältigung der Naturkräfte weit überflügelt hat und wo endlich die Gegensätze der bürgerlichen Gesellschaft selbst nur als verschwindende Momente erscheinen. Daß die Produktionsverhältnisse, in denen diese un- geheure neue Welt so rasch, so überraschend und glücklich sich entwickelt hat, von Carey als die ewigen Normalverhältnisse gesellschaftlicher Produktion und Verkehrs betrachtet werden, in Europa, speziell England, was für ihn eigentlich Europa ist, nur gehemmt und beeinträchtigt durch die übermachten Schranken der Feudalperiode, daß ihm diese Verhältnisse von den englischen Ökonomen nur verzerrt und verfälscht angeschaut, wiedergegeben, oder verallgemeinert erscheinen, indem sie zufällige Verkehrungen derselben mit ihrem immanenten Charakter verwechselten — was natürlicher? Amerikani- sche Verhältnisse gegen englische: Darauf reduziert sich seine Kritik der englischen Theorie vom Grundeigentum, Salair, Population, Klassengegen- sätzen usw. Die bürgerliche Gesellschaft existiert nicht rein, nicht ihrem Begriff entsprechend, nicht sich selbst adäquat in England. Wie sollten die Begriffe der englischen Ökonomen von der bürgerlichen Gesellschaft der wahre, ungetrübte Ausdruck einer Realität sein, die sie nicht kannten? Die störende Einwirkung traditioneller, nicht aus dem Schoß der bürgerlichen Gesellschaft selbst hervorgewachsner Einflüsse auf ihre natürlichen Verhält- nisse reduziert sich in letzter Instanz für Carey im Einfluß des Staats auf die bürgerliche Gesellschaft, in seinen Übergriffen und Eingriffen. Das Salair z. B. wächst naturgemäß mit der Produktivität der Arbeit. Finden wir die Realität diesem Gesetz nicht entsprechend, so haben wir nur, sei es in Hindostan oder England, die Einflüsse der Regierung zu abstrahieren, Steuern, Monopole etc. Die bürgerlichen Verhältnisse an sich selbst betrachtet, d. h. nach Abzug der Staatseinflüsse, werden in der Tat immer die harmonischen Gesetze der bürgerlichen Ökonomie bestätigen. Inwiefern diese Staatseinflüsse, public debt, 5 taxes 6 etc. selbst aus den bürgerlichen Verhältnissen hervorwachsen — und daher in England z. B. keineswegs als Resultate des Feudalismus, sondern vielmehr seiner Auflösung und Überwältigung erscheinen und in Nordamerika selbst die Macht der Zentralregierung mit der Zentralisation des Kapitals wächst —, untersucht Carey natürlich nicht. Während so Carey den englischen Ökonomen gegenüber die höhere Potenz der bürgerlichen Gesellschaft in Nordamerika geltend macht, macht Bastiat 7 den französischen Sozialisten gegenüber die niedre Potenz der bürgerlichen Gesellschaft in Frankreich geltend. Ihr glaubt gegen die Gesetze der bürgerlichen Gesellschaft zu re- voltieren in einem Lande, wo diesen Gesetzen nie erlaubt war, sich zu reali- sieren! Ihr kennt sie nur in der verkümmerten französischen Form und be- trachtet als immanente Form derselben, was nur ihre nationale französische Verzerrung ist. Seht nach England herüber. Hierzuland gilt es, die bürgerliche Gesellschaft von den Fesseln, die ihr der Staat anlegt, zu befreien. Ihr wollt diese Fesseln vermehren. Arbeitet erst die bürgerlichen Verhältnisse rein heraus, und dann wollen wir uns wieder sprechen. (Bastiat hat insofern recht, als in Frankreich infolge seiner eigentümlichen sozialen Gestaltung manches für Sozialismus gilt, was in England politische Ökonomie ist.) Carey indes, dessen Ausgangspunkt die amerikanische Emanzipation der bürgerlichen Gesellschaft vom Staat, endet mit dem Postulat der Staatsein- mischung, damit die reine Entwicklung der bürgerlichen Verhältnisse nicht, wie es in Amerika faktisch geschehn, durch Einfluß von außen gestört werde. Er ist Protektionist, während Bastiat Freetrader ist. Die Harmonie der ökonomischen Gesetze erscheint in der ganzen Welt als Disharmonie, und die Anfänge dieser Disharmonie frappieren Carey selbst in den Vereinigten Staaten. Woher dieses sonderbare Phänomen? Carey erklärt es aus der ver- nichtenden Einwirkung Englands mit seinem Streben nach industriellem Monopol auf den Weltmarkt. Ursprünglich sind die englischen Verhältnisse durch die falschen Theorien seiner Ökonomen verrückt worden, im Innern. Jetzt, nach außen hin, ||3| als die gebietende Macht des Weltmarkts, verrückt England die Harmonie der ökonomischen Verhältnisse in allen Ländern der Welt. Diese Disharmonie ist eine wirkliche, keine bloß in der subjektiven Auffassung der Ökonomen gegründete. Was Rußland politisch für Urquhart, ist England ökonomisch für Carey. Die Harmonie der ökonomischen Ver- hältnisse basiert nach Carey auf der harmonischen Kooperation von Stadt und Land, Industrie und Agrikultur. Diese Grundharmonie, die England in seinem eignen Innern aufgelöst hat, zerstört es durch seine Konkurrenz überall auf dem Weltmarkt und ist so das destruktive Element der allgemeinen Harmonie. Schutz dagegen können nur die Schutzzölle — die gewaltsame, nationale Absperrung gegen die Destruktivkraft der englischen großen Industrie bilden. Die letzte Zuflucht der „harmonies economiques" ist daher der Staat, der ursprünglich als der einzige Störenfried dieser Harmonien gebrandmarkt wurde. Einerseits spricht Carey hier wieder die bestimmte nationale Entwick- lung der Vereinigten Staaten aus, ihren Gegensatz zu und ihre Konkurrenz mit England. Es geschieht dies in der naiven Form, daß er den Vereinigten Staaten vorschlägt, den von England propagierten Industrialismus dadurch zu zerstö- ren, daß sie ihn bei sich selbst durch Schutzzölle rascher entwickeln. Von die- ser Naivetät abgesehn, endet bei Carey die Harmonie der bürgerlichen Produk- tionsverhältnisse mit der vollendetsten Disharmonie dieser Verhältnisse, wo sie auf dem großartigsten Terrain, dem Weltmarkt, in der großartigsten Ent- wicklung als die Verhältnisse produzierender Nationen auftreten. Alle jene Verhältnisse, die ihm innerhalb bestimmter Landesgrenzen oder auch in der abstrakten Form von allgemeinen Verhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft harmonisch erscheinen — Konzentration des Kapitals, Teilung der Arbeit, Salariat etc. —, erscheinen ihm als disharmonisch,wo sie in ihrer entwickeltsten Form — in ihrer Weltmarktsform auftreten — als die innern Verhältnisse, die die englische Herrschaft auf dem Weltmarkt produzieren und die als de- struktive Wirkungen die Folge dieser Herrschaft sind. Es ist harmonisch, wenn innerhalb eines Landes die patriarchalische Produktion der industriellen Platz macht, und der Auflösungsprozeß, der diese Entwicklung begleitet, wird nur nach seiner positiven Seite aufgefaßt. Aber es wird disharmonisch, wenn die englische große Industrie die patriarchalischen oder kleinbürgerlichen oder andre auf niederen Stufen sich befindenden Formen fremder nationaler Pro- duktion auflöst. Die Konzentration des Kapitals innerhalb eines Landes und die auflösende Wirkung dieser Konzentration bietet ihm nur positive Seite dar. Aber das Monopol des konzentrierten englischen Kapitals und seine auf- lösenden Wirkungen auf die kleinren nationalen Kapitalien andrer Völker ist disharmonisch. Was Carey nicht begriffen hat, daß diese weltmarktlichen Disharmonien nur die letzten adäquaten Ausdrücke der Disharmonien sind, die in den ökonomischen Kategorien als abstrakte Verhältnisse fixiert [werden] oder in dem kleinsten Umfang eine lokale Existenz besitzen. Kein Wunder, daß er andrerseits den positiven Gehalt dieser Auflösungsprozesse — die einzige Seite, die er den ökonomischen Kategorien in ihrer abstrakten Form oder den realen Verhältnissen innerhalb bestimmter Länder, wovon sie ab- strahiert sind, ansieht — in ihrer weltmarktlichen, vollen Erscheinung vergißt. Wo ihm die ökonomischen Verhältnisse in ihrer Wahrheit, d. h. in ihrer uni- versellen Realität gegenübertreten, schlägt er daher von seinem prinzipiellen Optimismus um in einen denunzierenden und gereizten Pessimismus. Dieser Widerspruch bildet die Originalität seiner Schriften und gibt ihnen ihre Be- deutung. Er ist ebensowohl Amerikaner in seiner Behauptung der Harmonie innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft als in Behauptung der Disharmonie derselben Verhältnisse in ihrer weltmarktlichen Gestalt. Bei Bastiat nichts von alledem. Die Harmonie dieser Verhältnisse ist ein Jenseits, das grade da an- fängt, wo die französischen Grenzen aufhören, das in England und Amerika existiert. Es ist bloß die eingebildete, ideale Form der unfranzösischen eng- lisch-amerikanischen Verhältnisse, nicht die wirkliche, wie sie ihm auf seinem eignen Grund und Boden gegenübertritt. Während daher bei ihm die Harmonie keineswegs aus der Fülle lebendiger Anschauung hervorgeht, sondern viel- mehr das gespreizte Produkt einer dünnen und gespannten, gegensätzlichen Reflexion ist, ist das einzige Moment der Realität bei ihm die Forderung an den französischen Staat, seine ökonomischen Grenzen aufzugeben. Carey sieht die Widersprüche der ökonomischen Verhältnisse, sobald sie als englische Ver- hältnisse erscheinen, auf dem Weltmarkt. Bastiat, der sich die Harmonie bloß einbildet, fängt nur da an, ihre Realisation zu sehn, wo Frankreich aufhört und alle national getrennten Bestandteile der bürgerlichen Gesellschaft, von der Oberaufsicht des Staats befreit, untereinander konkurrieren. Diese seine letzte Harmonie selbst — und die Voraussetzung aller seiner frühern, eingebildeten — ist indes selbst wieder ein bloßes Postulat, das durch die Freihandelsgesetz- gebung realisiert werden soll. ||4| Wenn Carey daher, ganz abgesehn von dem wissenschaftlichen Wert seiner Forschungen, wenigstens das Verdienst besitzt, in abstrakter Form die großen amerikanischen Verhältnisse auszusprechen, und zwar im Gegensatz zur alten Welt, so wäre der einzig reale Hintergrund bei Bastiat die Kleinheit der französischen Verhältnisse, die überall aus seinen Harmonien ihre langen Ohren herausstrecken. Indes ist das Verdienst überflüssig, weil die Verhält- nisse eines so alten Landes hinlänglich bekannt sind und am wenigsten nötig haben, auf solch negativem Umweg bekannt zu werden. Carey ist daher reich an sozusagen Bonafide—Forschungen in der ökonomischen Wissenschaft, wie über den Kredit, Rente, etc. Bastiat ist nur beschäftigt mit zufriedenstellenden Paraphrasen im Kontrast endender Forschungen; l'hypocrisie du contente- ment8. Careys Allgemeinheit ist Yankeesche Universalität. Frankreich und China sind ihm gleich nah. Allemal der Mann, der am Stillen Ozean und am Atlantik wohnt. Bastiats Allgemeinheit ist Wegsehn von allen Ländern. Als echter Yankee nimmt Carey den massenhaften Stoff von allen Seiten auf, den ihm die alte Welt bietet, nicht um die immanente Seele dieses Stoffs zu er- kennen und ihm so sein Recht des eigentümlichen Lebens zuzugestehn, sondern um ihn für seine Zwecke, seine von seinem Yankee Standpunkt ab- strahierten Sätze als tote Belege, als gleichgültiges Material zu verarbeiten. Daher sein Herumstreichen in allen Ländern, massenhafte und unkritische Statistik, katalogartige Belesenheit. Bastiat gibt dagegen phantastische Ge- schichte, seine Abstraktionen einmal in der Form von Räsonnement und das andremal in der Form von supponierten Ereignissen, die indes niemals und nirgends passiert sind, so wie der Theolog die Sünde einmal als Gesetz des menschlichen Wesens, das andremal als die Geschichte vom Sündenfall be- handelt. Beide sind daher gleich unhistorisch und antihistorisch. Aber das ungeschichtliche Moment in Carey ist das gegenwärtige geschichtliche Prinzip von Nordamerika, während das ungeschichtliche Element in Bastiat bloß Reminiszenz der französischen Verallgemeinerungsmanier des 18. Jahrhun- derts ist. Carey ist daher formlos und diffus, Bastiat affektiert und formell logisch. Das Höchste, wozu er es bringt, sind Gemeinplätze, paradox aus- gedrückt, en facettes geschleift9. Bei Carey ein paar allgemeine Thesen, in lehrsatzartiger Form vorausgeschickt. Ihnen nachfolgend ein ungestaltiges Material, Sammelwerk als Beleg — der Stoff seiner Thesen keineswegs ver- arbeitet. Bei Bastiat besteht das einzige Material — abstrahiert von einigen Lokalexempeln oder phantastisch zugestutzten englischen Normalerschei- nungen — nur in den allgemeinen Thesen der Ökonomisten. Careys Haupt- gegensatz Ricardo, kurz die modernen englischen Ökonomisten; Bastiats die französischen Sozialisten.® 8Heuchelei der Befriedigung — 'wie die Seiten von Edelsteinen geschliffen ||5| XIV. Des Salairesm Folgendes sind Bastiats Hauptsätze: Die Menschen streben alle nach Fi- xität in der Einnahme, fixed revenue1. {Echt französisches Beispiel: 1. Jeder Mensch will Beamter sein oder seinen Sohn zum Beamten machen (Sieh p. 371).} Das Salair ist eine fixe Form der Remuneration (p. 376) und daher eine sehr vervollkommnete Form der Assoziation, in deren ursprünglicher Form „das Aleatorische" vorherrscht, sofern „tous les associes ä toutes les chances de l'entreprise" 2 unterworfen sind. {Wenn das Kapital das Risiko auf seine Rechnung nimmt, fixiert sich die Remuneration der Arbeit unter dem Namen Salair. Will die Arbeit die guten und schlechten Folgen auf sich nehmen, so löst sich die Remuneration des Kapitals los und fixiert sich unter dem Namen Zins (382).} (Sieh über diese Zusammenstellung weiter p. 382,383.) Indes wenn ursprünglich in der condition de l'ouvrier 3 das Aleatorische vorherrscht, so ist die Stabilität im Salariat noch nicht hinreichend gesichert. Es ist ein „degre intermediaire qui separe l'aleatoire de la stabilite" 4. Diese letzte Stufe wird erreicht durch „epargner, aux jours de travail, de quoi satisf aire aux besoins des jours de vieillesse et de maladie" 5 (p. 388). Die letzte Stufe entwickelt sich durch die „societes de secours mutuels" 6 (I.e.) und in letzter Instanz durch „la caisse de retraite des travailleurs" 7 (p. 393). [4 ] (Wie der Mensch vom Be- dürfnis ausging, Beamter zu werden, so endet er mit der Genugtuung, eine Pension zu beziehn.) ad 1. Gesetzt, alles was Bastiat über die Fixität des Salairs sagt, sei richtig.So würden wir den eigentlichen Charakter des Salairs, seine charakteristische Bestimmtheit noch nicht damit kennen, daß das Salair unter die fixed revenues subsumiert wird. Eine Beziehung desselben — die ihm mit andren Einnahme- quellen gemein ist — wäre betont. Weiter nichts. Dies wäre allerdings schon etwas für den Advokaten, der die Vorzüge des Salariats plädieren will. Es wäre noch nichts für den Ökonomisten, der die Eigentümlichkeit dieses Verhält- nisses in seinem ganzen Umfang verstehn will. Eine einseitige Bestimmung eines Verhältnisses, einer ökonomischen Form fixieren, sie panegyrisieren gegenüber der umgekehrten Bestimmung: diese ordinäre Advokaten- und Apologistenpraxis zeichnet den Raisonneur Bastiat aus. Also setze statt Salair: festem Einkommen — 2„alle Partner allen Zufällen des Unternehmens" — 3Stellung des Arbei- ters — ""„Zwischenstadium, welches das vom Zufall regierte von der Beständigkeit trennt" — 5„in Tagen der Arbeit sparen, wovon im Alter und bei Krankheit die Bedürfnisse zu befriedigen sind" — '„Gesellschaften der gegenseitigen Hilfe" — 1 „die Pensionskasse der Arbeiter" Fixität der Einnahme. Ist Fixität der Einnahme nicht gut? Liebt nicht jeder, auf Gewisses rechnen zu können? Speziell jeder spießbürgerliche, kleinfüh- lende Franzos? l'homme toujours besogneux?8 Die Leibeigenschaft ist in derselben Weise, und vielleicht mit größrem Recht, verteidigt worden. Das Umgekehrte könnte auch behauptet werden und ist behauptet worden. Setze Salair gleich Nichtfixität, i. e. Weiterkommen über einen bestimmten Punkt. Wer liebt nicht voranzukommen statt stehnzubleiben? Ist also ein Verhältnis schlecht, das die Chancen eines bürgerlichen progressus in infinitum9 möglich macht? Bastiat selbst macht natürlich an einer andren Stelle das Salariat als Nichtfixität geltend. Wie anders als durch die Nichtfixität, durch die Schwan- kungen, könnte es dem Arbeiter möglich werden, aufzuhören zu arbeiten, Kapitalist zu werden, wie B. will? Also das Salariat ist gut, weil es Fixität ist; es ist gut, weil es Nichtfixität ist; es ist gut, weil es weder das eine noch das andre, aber sowohl eines wie das andre ist. Welches Verhältnis ist nicht gut, wenn es auf eine einseitige Bestimmung reduziert wird und diese als Position, nicht als Negation betrachtet wird? Alles reflektierende Hin- und Her- schwatzen, alle Apologetik, alle biedermännische Sophisterei beruht auf solcher Abstraktion. Nach dieser allgemeinen Vorbemerkung kommen wir zu Bastiats wirklicher Konstruktion. Nebenbei sei nur noch bemerkt, daß sein metayer 1 0 der Lan- des [ 5 ] , der Kerl, der nur Unglück des Lohnarbeiters mit dem Pech des kleinen Kapitalisten in sich vereinigt, in der Tat sich glücklich fühlen möchte, wenn er auf fixen Lohn gesetzt würde. — Proudhons histoire descriptive und phi- losophique'6' erreicht kaum die seines Gegners Bastiat. Der ursprünglichen Form der Assoziation gegenüber, worin alle associes alle Chancen des Zufalls teüen, folgt als höhere und freiwillig von beiden Seiten ||6| eingegangne Stufe der Assoziation die, worin die Remuneration des Arbeiters fixiert ist. Wir wollen hier nicht auf die Genialität aufmerksam machen, die erst auf der einen Seite einen Kapitalisten und auf der andren einen Arbeiter voraussetzt, um dann hinterher durch Verabredung zwischen beiden das Verhältnis zwischen Kapital und Lohnarbeit entstehn zu lassen. Die Form der Assoziation, worin der Arbeiter allen zufälligen Chancen des Erwerbs ausgesetzt ist — worin alle Produzenten gleichmäßig diesen Chancen ausgesetzt sind—und die dem Salair, worin die Remuneration der Arbeit Fixität gewinnt, stabil wird, unmittelbar vorausgeht, als These der Antithese—ist, wie wir von B. hören, der Zustand, worin Fischerei, Jagd, Hiltenwesen die herrschenden Produktions- und Gesellschaftsformen bilden. Erst der va- 8 der stets bedürftige Mensch? —'' unbegrenzten Fortschritts — l o in der Handschrift: metaire gabondierende Fischer, Jäger, Hirt—und dann der Lohnarbeiter. Wo und wann hat sich dieser historische Ubergang aus dem halbwilden Zustand in den modernen zugetragen? Höchstens im „Charivari". In der wirklichen Ge- schichte geht die Lohnarbeit hervor aus der Auflösung von Sklaverei und Leibeigenschaft — oder dem Verfall des Gemeineigentums, wie bei orienta- lischen und slawischen Völkern — und in ihrer adäquaten epochemachenden, das ganze gesellschaftliche Dasein der Arbeit ergreifenden Form, aus [dem] Untergang der Zunftwirtschaft, des Ständewesens, der Naturalarbeit und des Naturaleinkommens, der als ländlichem Nebenzweig betriebnen Industrie, der noch feudalen kleinen Landwirtschaft etc. In allen diesen wirklich historischen Ubergängen erscheint die Lohnarbeit als Auflösung, als Vernichtung von Verhältnissen, worin die Arbeit nach allen Seiten hin fixiert war, ihrem Einkommen, ihrem Inhalt, ihrer Lokalität, ihrem Umfang etc. nach. Also als Verneinung der Fixität der Arbeit und ihrer Remuneration. Der direkte Über- gang von dem Fetisch des Afrikaners zum etre supreme 1 1 Voltaires oder des Jagdgeräts eines nordamerikanischen Wilden zum Kapital der Bank von England ist nicht so abgeschmackt geschichtswidrig wie der Übergang von Bastiats Fischer zum Lohnarbeiter. (In allen diesen Entwicklungen zeigt sich außerdem nichts von freiwilligen, aus wechselseitiger Übereinkunft hervor- gegangnen Verändrungen.) Dieser historischen Konstruktion — worin B. seine flache Abstraktion in der Form einer Begebenheit sich vorlügt — ganz würdig ist die Synthese, worin die englischen friendly societies 1 2 und die Sparkassen als das letzte Wort des Salariats und Aufhebung aller sozialen Antinomien erscheinen. Also geschichtlich die Nichtfixität Charakter des Salariats: Gegenteil von B's Konstruktion. Aber wie kam er überhaupt auf die Konstruktion der Fixität als der alles kompensierenden Bestimmung des Salariats? Und wie kam er dazu, das Salariat in dieser Bestimmtheit als höhre Form der Remuneration, der Remuneration der Arbeit in andren Gesellschafts- oder Assoziationsfor- men, historisch darstellen zu wollen? Alle Ökonomen, sobald sie das gegebne Verhältnis von Kapital und Lohn- arbeit, von Profit und Salair besprechen und dem Arbeiter beweisen, daß er keinen Anspruch habe, an den Chancen des Gewinns teilzunehmen, ihn über- haupt über seine untergeordnete Rolle gegenüber dem Kapitalisten beruhigen wollen, heben ihm hervor, daß er im Gegensatz zum Kapitalisten eine gewisse Fixität des Einkommens, mehr oder weniger unabhängig von den großen adventures 1 3 des Kapitals, besitzt. Ganz wie Don Quixote den Sancho Pansa "höchsten Wesen — 1 2Hilfsvereine — 1 3Spekulationen 3 Marx/Engels, Werke, Bd. 42 tröstet, daß, wenn er zwar alle Prügel bezieht, er es auch nicht nötig hat, tapfer zu sein. Eine Bestimmung also, die die Ökonomen dem Salariat im Gegensatz zum Profit beilegen, verwandelt Bastiat in eine Bestimmung des Salariats im Gegensatz zu frühren Formen der Arbeit und als einen Fortschritt zur Re- muneration der Arbeit in diesen früheren Verhältnissen. Ein Gemeinplatz, der sich in das gegebne Verhältnis stellt, der die eine Seite desselben gegen die andre vertröstet, wird von dem Herrn B. aus diesem Verhältnis herausge- nommen und zur historischen Grundlage seiner Entstehung gemacht. In dem Verhältnis von Salair zu Profit, Lohnarbeit zu Kapital, sagen die Ökonomisten, kömmt dem Salair der Vorzug der Fixität zu. Die Fixität, sagt Herr Bastiat, d. h. eine der Seiten im Verhältnis von Salair zu Profit, ist der historische Entstehungsgrund des Salariats (oder kömmt dem Salair zu nicht im Gegensatz zum Profit, sondern zu den frühern Remunerationsformen der Arbeit), also auch des Profits, also des ganzen Verhältnisses. So verwandelt sich ihm unter der Hand ein Gemeinplatz über eine Seite des Verhältnisses von Salair und Profit in den historischen Grunddieses ganzen Verhältnisses. Dies geschieht, weil er beständig mit der Reflexion auf den Sozialismus behaftet ist, der überall dann als die erste Form der Assoziation geträumt wird. Dies ein Beispiel, welche wichtige Form die in den ökonomischen Entwicklungen nebenbei- laufenden apologetischen Gemeinplätze in B's Hand annehmen. ||7| Zu den Ökonomen zurückzukehren. Worin besteht diese Fixität des Salairs? Ist der Lohn unveränderlich fix? Dies würde dem Gesetz von Nach- frage und Zufuhr durchaus widersprechen, der Grundlage der Lohnbestim- mung. Die Schwankungen, Steigen und Fallen des Lohnes, leugnet kein Ökonom. Oder ist der Lohn unabhängig von Krisen? Oder von Maschinen, die die Lohnarbeit überflüssig machen? Oder von Teilungen der Arbeit, die sie deplacieren? Alles dies wäre heterodox zu behaupten und wird nicht behauptet. Was gemeint wird, ist, daß in einem gewissen Durchschnitt der Arbeitslohn eine ziemliche Durchschnittshöhe realisiert, d. h. das Bastiat so sehr- verhaßte Minimum des Salairs für die ganze Klasse, und daß eine gewisse Durch- schnittskontinuität der Arbeit stattfindet, z.B. der Lohn fortdauern kann selbst in Fällen, wo der Profit fällt oder momentan ganz verschwindet. Nun, was heißt das anders, als daß, vorausgesetzt die Lohnarbeit als die herrschende Form der Arbeit, als die Grundlage der Produktion, die Arbeiterklasse vom Lohn existiert und der einzelne Arbeiter 1 4 im Durchschnitt die Fixität besitzt, für Lohn zu arbeiten? In andren Worten Tautologie. Wo Kapital und Lohnarbeit das herrschende Produktionsverhältnis ist, existiert durchschnittliche Kon- tinuität der Lohnarbeit, insofern Fixität des Lohns für den Arbeiter. Wo die Lohnarbeit existiert, existiert sie. Und dies wird von Bastiat als ihre alles kompensierende Eigenschaft angesehn. Daß ferner [in] d[em] Gesellschafts- zustand, worin das Kapital entwickelt ist, die gesellschaftliche Produktion im ganzen regelmäßiger, kontinuierlicher, allseitiger — also auch die Einnahme für die in derselben beschäftigten Elemente „fixer" —, als wo sich das Kapital, d. h. die Produktion, noch nicht auf diese Stufe entwickelt, ist eine andre Tautologie, die mit dem Begriff des Kapitals und einer auf ihm ruhenden Produktion selbst gegeben ist. In andren Worten: daß das allgemeine Dasein der Lohnarbeit eine höhere Entwicklung der Produktivkräfte voraussetzt, als in den der Lohnarbeit vorhergehenden Stufen, wer leugnet es? Und wie fiele es den Sozialisten ein, höhere Forderungen zu machen, wenn sie nicht diese höhere Entwicklung der durch die Lohnarbeit hervorgebrachten gesellschaftlichen Produktivkräfte voraussetzten? Das letztere ist vielmehr die Voraussetzung ihrer Forderun- gen. Note. Die erste Form, worin der Arbeitslohn allgemein auftritt — der mi- litärische Sold, der beim Untergehn der Nationalheere und Bürgermilizen erscheint. Erst werden die Bürger selbst besoldet. Dem folgt bald, daß an ihre Stelle Söldlinge treten, die aufgehört haben, Bürger zu sein. 2. (Es ist unmöglich, diesen Nonsense weiter zu verfolgen. We, therefore, drop Mr. Bastiat.15) 15 Wir trennen uns deshalb von Herrn Bastiat. Einleitung [zu den „Grundrissen der Kritik « • der politischen Okonomie"][7] Inhalt A. Einleitung 1. Die Produktion im allgemeinen 2. Allgemeines Verhältnis von Produktion, Distribution, Austausch und Konsumtion 3. Die Methode der politischen Ökonomie 4. Produktionsmittel (-kräfte) und Produktionsverhältnisse, Produktions- verhältnisse und Verkehrsverhältnisse etc. VyM.. • •- • n r Kl Zweite Umschlagseite des Heftes M I |m- i | A. Einleitung I. Produktion, Konsumtion, Distribution, Austausch (Zirkulation) 1. Produktion a) Der vorliegende Gegenstand zunächst die materielle Produktion. In Gesellschaft produzierende Individuen — daher gesellschaftlich be- stimmte Produktion der Individuen ist natürlich der Ausgangspunkt. Der einzelne und vereinzelte Jäger und Fischer, womit Smith und Ricardo be- ginnen, gehört zu den phantasielosen Einbildungen des 18. Jahrhunderts. Robinsonaden, die keineswegs, wie Kulturhistoriker sich einbilden, bloß einen Rückschlag gegen Überverfeinerung und Rückkehr zu einem mißverstandnen Naturleben ausdrücken. Sowenig wie Rousseaus „Contrat social" 1 8 1, der die von Natur independenten1 Subjekte durch Vertrag in Verhältnis und Ver- bindung bringt, auf solchem Naturalismus beruht. Dies Schein und nur der ästhetische Schein der kleinen und großen Robinsonaden. Es ist vielmehr die Vorwegnahme der „bürgerlichen Gesellschaft", die seit dem 16. Jahrhundert sich vorbereitete und im 18. Riesenschritte zu ihrer Reife machte. In dieser Gesellschaft der freien Konkurrenz erscheint der einzelne losgelöst von den Naturbanden usw., die ihn in frühren Geschichtsepochen zum Zubehör eines bestimmten, begrenzten menschlichen Konglomerats machen. Den Propheten des 18. Jahrhunderts, auf deren Schultern Smith und Ricardo noch ganz stehn, schwebt dieses Individuum des 18. Jahrhunderts — das Produkt einerseits der Auflösung der feudalen Gesellschaftsformen, andrerseits der seit dem 16. Jahrhundert neuentwickelten Produktivkräfte — als Ideal vor, dessen Exi- stenz eine vergangne sei. Nicht als ein historisches Resultat, sondern als Aus- gangspunkt der Geschichte. Weil als das naturgemäße Individuum, angemes- sen ihrer Vorstellung von der menschlichen Natur, nicht als ein geschichtlich entstehendes, sondern von der Natur gesetztes. Diese Täuschung ist jeder neuen Epoche bisher eigen gewesen. Steuart, der in mancher Hinsicht im Gegensatz zum 18. Jahrhundert und als Aristokrat mehr auf historischem Boden steht, hat diese Einfältigkeit vermieden. Je tiefer wir in der Geschichte zurückgehen, je mehr erscheint das In- dividuum, daher auch das produzierende Individuum, als unselbständig, einem größren Ganzen angehörig: erst noch in ganz natürlicher Weise in der Familie und der zum Stamm erweiterten Familie; später in dem aus dem Gegensatz und Verschmelzung der Stämme hervorgehenden Gemeinwesen in seinen verschiednen Formen. Erst in dem 18. Jahrhundert, in der „bürgerlichen Gesellschaft", treten die verschiednen Formen des gesellschaftlichen Zusam- menhangs dem einzelnen als bloßes Mittel für seine Privatzwecke entgegen, als äußerliche Notwendigkeit. Aber die Epoche, die diesen Standpunkt erzeugt, den des vereinzelten einzelnen, ist grade die der bisher entwickeltsten ge- sellschaftlichen (allgemeinen von diesem Standpunkt aus) Verhältnisse. Der Mensch ist im wörtlichsten Sinn ein 1<JMV t c o ^ l t l k o v 2 ' 9 ' , nicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in der Gesellschaft ||2| sich vereinzeln kann. Die Produktion des vereinzelten einzelnen außerhalb der Gesellschaft — eine Rarität, die einem durch Zufall in die Wildnis verschlagnen Zivilisierten wohl vorkommen kann, der in sich dynamisch schon die Gesellschaftskräfte besitzt — ist ein ebensolches Unding als Sprachentwicklung ohne zusammen lebende und zusammen sprechende Individuen. Es ist sich dabei nicht länger auf- zuhalten. Der Punkt wäre gar nicht zu berühren, wenn die Fadaise, die bei den Leuten des 18. Jahrhunderts Sinn und Verstand hatte, von Bastiat, Carey, Proudhon etc. nicht wieder ernsthaft mitten in die modernste Ökonomie her- eingezogen würde. Für Proudhon u. a. ist es natürlich angenehm, den Ursprung eines ökonomischen Verhältnisses, dessen geschichtliche Entstehung er nicht kennt, dadurch geschichtsphilosophisch zu entwickeln, daß er mythologisiert, Adam oder Prometheus sei auf die Idee fix und fertig gefallen, dann sei sie eingeführt worden etc." 0 '. Nichts ist langweilig trockener als der phantasierende locus communis3. ^ Wenn also von Produktion die Rede ist, ist immer die Rede von Produk- tion auf einer bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungsstufe — von der Produktion gesellschaftlicher
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