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Marx Engels Werke 15


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KARL MARX • FRIEDRICH ENGELS 
WERKE • BAND 15 
INSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED 
KARL MARX 
FRIEDRICH ENGELS 
WERKE 
( f f 
D I E T Z V E R L A G B E R L I N 
1980 
« 
D I E T Z V E R L A G B E R L I N 
1 9 8 0 
Die deutsche Ausgabe 
der Werke von Marx und Engels 
fußt auf der vom Institut für Marxismus-Leninismus 
beim ZK der KPdSU 
besorgten zweiten russischen Ausgabe 
Die Texte werden 
nach den Handschriften 
bzw. nach den zu Lebzeiten von Marx und Engeis 
erfolgten Veröffentlichungen wiedergegeben 
© Dietz Verlag Berlin 1961 
Vorwort 
Der fünfzehnte Band der Werke von Marx und Engels enthält die von 
Januar 1860 bis September 1864 geschriebenen Arbeiten. 
Während dieser Zeit lebten die bürgerlich-demokratischen Bewegungen 
auf, und die nationalen Befreiungskämpfe wuchsen stark an. Die Periode 
der politischen Reaktion, die seit der Niederlage der Revolution 1848/49 
in Europa andauerte, ging zu Ende. Bereits Anfang der sechziger Jahre 
gab es in einigen Ländern Europas und Amerikas Anzeichen eines neuen 
revolutionären Aufschwungs. In Deutschland u n d Italien, wo die Haupt-
aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution noch immer nicht ge-
löst waren, entfaltete sich die Bewegung für die nationale Einigung mit 
neuer Kraf t , in Rußland und in den Vereinigten Staaten reifte eine revolu-
tionäre Situation heran, und im bonapartistischen Frankreich nahm die 
revolutionäre Unruhe zu. 
Mit dieser politischen Belebung wuchs auch überall das politische Be-
wußtsein der Arbeiterklasse. Die proletarische Bewegung löste sich von der 
bürgerlich-demokratischen und beschritt den Weg des selbständigen Kamp-
fes. Die Wirtschaftskrise von 1857/1858, die erste Weltwirtschaftskrise in 
der Geschichte des Kapitalismus, und die ihr unmittelbar folgenden Streik-
kämpfe zeigten ganz unverhüllt die Unversöhnlichkeit der Interessen des 
Proletariats und der Bourgeoisie. Nachdem sich das Proletariat durch die 
Erfahrungen während der Revolution von 1848/49 vom Verrat der liberalen 
Bourgeoisie und der Unfähigkeit des Kleinbürgertums, die revolutionäre 
Bewegung zu führen, überzeugt hatte, strebte es immer mehr danach, sich 
vom Einfluß der bürgerlichen Parteien freizumachen. 
Von der zunehmenden politischen Aktivität der englischen Arbeiter-
klasse zeugten ihre Massenaktionen, insbesondere die zahlreichen Protest-
meetings gegen die Bestrebungen der herrschenden Klassen Englands und 
Frankreichs, während des Amerikanischen Bürgerkrieges eine Intervention 
zur Unterstützung der Sklavenhalter gegen die Nordstaaten zu organisie-
ren. Das französische Proletariat schloß sich immer mehr zum politischen 
Kampf zusammen. Das Bestreben des fortschrittlichen Teils der deutschen 
Arbeiter, sich vom Einfluß des liberalen Bürgertums zu lösen, fand 1863 
in der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins seinen Aus-
druck. Die systematische Mitarbeit der Begründer des wissenschaftlichen 
Sozialismus in der fortschrittlichen Presse, in der sie zu allen wesentlichen 
internationalen Fragen Stellung nahmen, ihr unermüdliches Wirken für die 
Verbreitung der revolutionären wissenschaftlichen Weltanschauung haben 
entschieden dazu beigetragen, daß sich das Proletariat seiner Klasseninter-
essen und der Bedeutung der internationalen Solidarität bewußt wurde. Die 
Ausdehnung und Festigung der internationalen Verbindungen des Prole-
tariats führten schließlich 1864 zur Gründung der Internationalen Arbeiter-
assoziation (I. Internationale). 
In der Zeit von 1860 bis 1864 richten Marx und Engels ihr Augenmerk 
vor allem auf die Probleme des nationalen Befreiungskampfes und auf die 
Aufgaben der Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung. Diese 
Fragen behandeln sie in einem beträchtlichen Teil ihrer Arbeiten, die im 
vorliegenden Band enthalten sind. Einen breiten Raum nehmen die Artikel 
ein, die sich mit dem Bürgerkrieg in den USA befassen, einer besonderen 
Form der bürgerlich-demokratischen Revolution. Die Taktik von Marx 
und Engels wird in dieser Periode durch die sich aus der historischen Situa-
tion ergebenden objektiven Hauptaufgaben des Proletariats bestimmt - die 
bürgerlich-demokratischen Umwälzungen in einigen Ländern Europas und 
Amerikas zu vollenden und die Bedingungen für die Entwicklung der 
Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung zu schaffen. Marx 
und Engels erblicken in der konsequenten Verwirklichung demokratischer 
Reformen die notwendige Voraussetzung für den Sieg der proletarischen 
Revolution; ihre Tätigkeit war deshalb auf die revolutionäre Einigung 
Deutschlands und Italiens, auf den raschen Ubergang der Nordstaaten zu 
revolutionären Methoden im Amerikanischen Bürgerkrieg und auf die 
größtmögliche Unterstützung der nationalen Befreiungsbewegung in Polen 
gerichtet. Weil Marx und Engels erkannt hatten, daß der Bonapartismus 
in Frankreich und der Zarismus in Rußland entscheidende Hindernisse 
im nationalen Befreiungskampf der Völker Europas waren, maßen sie der 
Befreiungsbewegung in diesen Ländern besonders große Bedeutung bei. 
Der neue Aufschwung der Arbeiterbewegung und das Heranreifen einer 
revolutionären Krise in Frankreich, Deutschland und Italien erforderten 
dringend, daß das Proletariat sich in selbständigen Organisationen zu-
sammenschloß. Marx und Engels erweitern und festigen während dieser 
Zeit nicht nur ihre Beziehungen zu den Revolutionären vieler Länder, son-
dern erweisen der englischen, französischen und deutschen Arbeiterbewe-
gung auch wirksame praktische Hilfe. In der fortschrittlichen Presse treten 
sie entschieden gegen die den Nordstaaten drohende Intervention auf, weil 
sie den Kampf gegen die Negersklaverei in Amerika als ureigenste Sache 
der europäischen und amerikanischen Arbeiterklasse betrachten. 
Marx und Engels waren bestrebt, die Position der proletarischen Revo-
lutionäre für die bevorstehenden Klassenkämpfe zu stärken. Sie stellen eine 
engere Verbindung zu dem Deutschen Bildungsverein für Arbeiter in 
London her und propagieren unermüdlich ihre Ansichten. Marx setzt die 
Verteidigung der proletarischen Revolutionäre gegenüber den verleumde-
rischen Angriffen und dem Terror der herrschenden Klassen fort und 
organisiert 1861 eine große Kampagne zur Befreiung des französischen 
Revolutionärs Blanqui aus dem Gefängnis. 1863 treffen Marx und Engels 
eine Reihe von Maßnahmen, um den polnischen Aufstand praktisch zu 
unterstützen, und organisieren gleichzeitig eine umfassende Protestbewe-
gung gegen die Hilfe, die die europäischen Großmächte dem russischen 
Zarismus bei der Niederschlagung des Aufstandes leisteten. 
Besonders aufmerksam verfolgen Marx und Engels die Entwicklung der 
Arbeiterbewegung in Deutschland. Dem opportunistischen Programm und 
der Taktik Lassalles, der die Arbeiterklasse auf ein Zusammengehen mit der 
Regierung Bismarcks und dem Junkertum gegen die Bourgeoisie orientierte, 
u m gewisse Zugeständnisse zu erreichen, stellen sie die Taktik des revolu-
tionären Kampfes der Arbeiterklasse gegen die feudale Reaktion entgegen 
und kritisieren gleichzeitig die unentschlossene, feige Politik der deutschen 
Bourgeoisie. 
Um das Proletariat auf die künftigen Klassenkämpfe vorzubereiten, ar-
beiten sie in diesen Jahren die theoretischen Grundlagen der proletarischen 
Partei weiter aus. Nach der Veröffentlichung des Werkes „Zur Kritik der 
Politischen Ökonomie" im Jahre 1859 setzt Marx die Arbeit an dem von 
ihm geplanten großen ökonomischen Werk fort, in dem er die Gesamtheit 
der Probleme der kapitalistischen Produktionsweise zu untersuchen und 
dabei die bürgerliche politische Ökonomie einer gründlichen Kritik zu 
unterziehen beabsichtigt. Im Jahre 1861 beginnt Marx die Arbeit an dem 
umfangreichen Manuskript zur Kritik der politischen Ökonomie; es stellt 
eine der Varianten seines ursprünglich geplanten ökonomischenWerkes 
dar, die ihre Verwirklichung im „Kapital" findet, dessen erster Band 1867 
erscheint. 
Friedrich Engels setzt in den Jahren 1860 bis 1864 das intensive Stu-
dium militärtheoretischer Probleme fort und befaßt sich insbesondere mit 
der Entstehung und Entwicklung der verschiedenen Waffenarten. Diese 
militärwissenschaftlichen Untersuchungen trugen wesentlich dazu bei, 
den Klassencharakter und die Ziele internationaler Konflikte zu bestimmen 
sowie die Gesetzmäßigkeiten des bewaffneten Kampfes aufzudecken. 
Nachdem die demokratische Bewegung Anfang der sechziger Jahre wie-
der auflebte, gewann die revolutionär-publizistische Tätigkeit von Marx 
und Engels besondere Bedeutung. Die Begründer des wissenschaftlichen 
Sozialismus halten es für notwendig, in dieser Periode ihre Anschauungen 
breit zu propagieren, um die öffentliche Meinung im Interesse des Prole-
tariats zu beeinflussen. Sie nutzen für diesen Kampfal le Möglichkeiten aus, 
darunter auch die bürgerliche Presse, um auf die Öffentlichkeit einzuwirken. 
Neben der weiteren Mitarbeit an der fortschrittlichen amerikanischen Zei-
tung „New-York Daily Tribüne" schreibt Marx seit Oktober 1861 auch 
für die Wiener bürgerlich-liberale Zeitung „Die Presse", eine der populär-
sten Zeitungen, die damals in deutscher Sprache erschien. Engels arbeitet 
in dieser Zeit an der englischen Zeitschrift „The Volunteer Journal, for 
Lancashire and Cheshire" und an der deutschen „Allgemeinen Militär-
Zeitung" mit. 
Einen bedeutenden Teil des Bandes bilden die publizistischen Arbeiten, 
in denen Marx und Engels europäische Probleme behandeln. Ihre besondere 
Aufmerksamkeit gilt der nationalen Einigung Deutschlands und Italiens, 
der Liquidierung der feudalen Herrschaft in diesen Ländern und der Um-
wandlung Italiens in einen unabhängigen Staat. In ihrem Kampf um die 
Einigung Deutschlands und Italiens stießen die fortschrittlichen Kräfte auf 
den Widerstand der reaktionären Kräfte in Deutschland, besonders in 
Preußen und Österreich. Diese wurden von den Regierungen der euro-
päischen Großmächte unterstützt, in erster Linie durch das zaristische 
Rußland, das bonapartistische Frankreich und England. Diese Mächte 
strebten danach, die nationale Zersplitterung Deutschlands und Italiens 
aufrechtzuerhalten. Marx und Engels verfechten den revolutionär-demo-
kratischen Weg zur Lösung dieser Frage und vertreten die Auffassung, daß 
nur eine allgemeine Volksbewegung imstande sei, die preußische und öster-
reichische Reaktion sowie die dynastischen Intrigen der monarchischen 
Kräfte Piemonts zu paralysieren. Sie weisen nach, daß nur die völlige Be-
seitigung der feudal-absolutistischen Herrschaft günstige Bedingungen für 
die Entwicklung der Produktivkräfte in Deutschland und Italien sowie für 
den Kampf des Proletariats um seine Befreiung schaffen kann. „Um Über-
griffen von außen zu widerstehen und Einheit und Freiheit im Innern zu 
verwirklichen," schreibt Marx, „muß Deutschland sich seiner dynastischen 
Herren im eigenen Haus entledigen" (siehe vorl. Band, S. 181). 
In dem Artikel „Kriegsvorbereitungen in Preußen" und in anderen 
Arbeiten entlarvt Marx das morsche reaktionäre System in Preußen, dessen 
antidemokratische Ordnung sowie die Vorherrschaft der Junker und Mili-
taristen. Marx und Engels verfolgen das sich in Deutschland entwickelnde 
politische Leben und das verstärkte Auftreten der demokratischen Kräfte. 
In dem Anfang 1860 geschriebenen Artikel „Die allgemeine Stimmung in 
Berlin" hebt Marx das starke Anwachsen der revolutionären Erregung in 
Preußen hervor. Während Marx und Engels nach wie vor für den revolu-
tionären Weg der Vereinigung Deutschlands eintreten und die Pläne des 
preußischen Junkertums für eine Einheit Deutschlands „von oben" an-
prangern, kritisieren sie zugleich scharf das politische Programm der preu-
ßischen Liberalen, die ebenfalls für die Einheit Deutschlands, aber unter 
der Führung der preußischen Monarchie, eintraten. Marx verspottet jene 
Illusionen, die die deutsche Bourgeoisie mit dem Antritt der Regentschaft 
des Prinzen Wilhelm über den Anbruch einer „Neuen Ära" "hegte und 
weist nach, daß die feige, verräterische Politik der deutschen Bourgeoisie, 
die vor dem Junkertum und der monarchischen Kamarilla kapitulierte, die 
Positionen der reaktionären Kräfte festigte. 
Eines der entscheidenden Hindernisse auf dem Wege zur Einheit 
Deutschlands sieht Marx in der Politik des bonapartistischen Frankreichs. 
Er entlarvt die demagogischen Praktiken, mit denen das Zweite Kaiser-
reich den Anschluß des linken Rheinufers an Frankreich zu erreichen 
trachtete, indem es den Staaten Norddeutschlands versprach, eine Eini-
gung Deutschlands unter preußischer Hegemonie zu unterstützen. Marx 
und Engels gehen davon aus, daß ein Krieg zwischen Preußen sowie den 
anderen deutschen Staaten und dem bonapartistischen Frankreich die Ent-
wicklung der Revolution in Deutschland und in den anderen Ländern be-
schleunigen würde. 
In einigen Artikeln untersuchen Marx und Engels den Verfallsprozeß 
des von inneren Widersprüchen zerrissenen österreichischen Kaiserreichs 
und das Anwachsen des nationalen Befreiungskampfes der von ihm unter-
drückten Völker. Sie weisen nach, daß die österreichische Regierung, um 
die Habsburger Monarchie zu festigen, sich gegenüber der ungarischen 
nationalen Bewegung zu Zugeständnissen gezwungen sah. 
Die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus nehmen lebhaft An-
teil an dem heroischen Befreiungskampf des italienischen Volkes gegen 
seine inneren und äußeren Feinde und heben dessen Bedeutung in einer 
Anzahl von Artikeln hervor, in denen sie für die revolutionäre Einigung 
Italiens eintreten. Diesen Weg halten sie vom Standpunkt des Proletariats 
im Interesse des ganzen italienischen Volkes für den einzig richtigen, da 
nur so ein wirklich unabhängiges, einiges, demokratisches Italien geschaf-
fen werden konnte. Mit großem Interesse verfolgen die Führer des Prole-
tariats die Aktionen des italienischen Nationalhelden Garibaldi, der alle 
patriotischen Kräfte des Landes um sich gesammelt hatte. Sie begrüßen 
jeden Erfolg der Garibaldianer und würdigen deren heldenhaften Kampf 
in mehreren Artikeln („Garibaldi in Sizilien", „Das Vordringen Garibal-
dis", „Garibaldi in Kalabrien" und andere). Engels schätzt Garibaldis revo-
lutionäre Taktik, seinen Kampfgeist sowie den Opfermut und die Furcht-
losigkeit seiner für die Interessen des italienischen Volkes kämpfenden 
Abteilungen sehr hoch ein. Er charakterisiert Garibaldi als einen befähigten 
und kühnen Führer, als einen wahrhaft volksverbundenen Feldherrn. 
In den Aufsätzen „Interessantes aus Sizilien - Garibaldis Streit mit 
La Farina - Ein Brief von Garibaldi" und „Preußische Angelegenheiten -
Preußen, Frankreich und Italien" entlarvt Marx die Intrigen der inneren 
und äußeren Feinde der italienischen Revolution. Er brandmarkt die gegen 
das Volk gerichtete Politik Cavours, der hinter dem Rücken Garibaldis mit 
Napoleon verhandelte. Marx weist nach, daß der von Cavour eingeschla-
gene Weg zur Einigung Italiens unter der Führung der Dynastie Savoyen 
nur zu einer neuen Unterjochung des italienischen Volkes und zur Unter-
werfung Italiens unter das bonapartistische Frankreich führen müsse. 
Die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus studieren eingehend 
die politische Situation in Rußland. Sie messen der Bewegung der russi-
schen Bauern für die Beseitigung der Leibeigenschaft große Bedeutung 
bei und schätzen sie als eine mächtige Reserve der europäischen Revolu-
tion ein. Marx entwickelt in seinen Arbeiten, wie sich die Klassengegen-
sätze in Rußland vor den Reformen der sechziger Jahre verschärften. In 
dem Artikel „Rußland bedient sich Österreichs - Das Treffen in Warschau" 
zeigt er, welche Position die verschiedenen Klassen in Rußland im Zu-
sammenhang mit der bevorstehenden Abschaffung der Leibeigenschaftein-
nahmen. Dabei legt er dar, wie die zaristische Regierung danach strebte, 
sich mit den Gutsbesitzern auf Kosten der unterdrückten Bauernklasse zu 
verständigen. 
Marx und Engels analysieren die internationale Situation auf der Grund-
lage eines intensiven Studiums des Wirtschaftslebens der europäischen Län-
der. Marx charakterisiert die Wirtschaftslage Frankreichs (unter anderem 
in den Artikeln „Französische Angelegenheiten", „Die neue sardinische 
Anleihe - Die bevorstehende französische und die indische Anleihe", 
„Die Kornpreise - Die europäischen Finanzen und die Kriegsvorbereitun-
gen - Die orientalische Frage", „Die angespannte Lage auf dem Geldmarkt", 
„Die Finanzlage Frankreichs") und enthüllt die Ursachen des Verfalls der 
französischen Landwirtschaft und Industrie in den Jahren des Zweiten 
Kaiserreichs. Er weist nach, daß das bonapartistische Regime - trotz der 
demagogischen Versprechungen der Regierung Napoleons III . , die ökono-
mische Lage zu verbessern ~ die Finanzen und die Wirtschaft des Landes 
zerrüttete. 
Marx untersucht den Zustand der englischen Industrie und die Lage 
der englischen Arbeiterklasse. In dem Artikel „Die Lage in der britischen 
Fabrikindustrie" entlarvt er die erbarmungslose kapitalistische Ausbeutung 
der Arbeiter und deren Kinder sowie die unmenschlichen Arbeitsbedin-
gungen. Er schreibt, daß in England - dem Lande der Maschinen und der 
Dampfkraf t - Industriezweige bestehen, in denen die Handarbeit in vol-
lem Umfang erhalten geblieben ist. Das trifft vor allem auf die Herstellung 
solcher Waren zu, die für den unmittelbaren Konsum bestimmt sind. Hier 
wird, wie Marx betont, nach „uralt überlieferter, hilflos umständlicher 
Handwerksweise" gearbeitet. (Siehe vorl. Band, S.555.) 
Mit großer Anteilnahme verfolgen Marx und Engels den Befreiungs-
kampf des polnischen Volkes. In der Lösung der polnischen Frage auf 
revolutionärem Wege sehen sie eine entscheidende Voraussetzung für den 
Sturz des Zarismus, der zu jener Zeit das Bollwerk der Reaktion in Europa 
und ein großes Hindernis für die Vereinigung Deutschlands auf demokrati-
schem Wege war. 3n der „Proklamation des Deutschen Bildungsvereins für 
Arbeiter in London über Polen", die Marx anläßlich des polnischen Auf-
standes von 1863/64 verfaßte, hebt er die große Bedeutung der polnischen 
Frage für das Schicksal Deutschlands hervor und weist die deutsche Ar-
beiterklasse darauf hin, daß es ihre Pflicht sei, die Wiederherstellung Polens 
auf ihre Fahnen zu schreiben. 
Während ihrer ganzen Tätigkeit widmen die Begründer des wissen-
schaftlichen Sozialismus der ökonomischen Entwicklung wie dem sozialen 
und politischen Kampf in den Ländern des amerikanischen Kontinents, 
besonders in den Vereinigten Staaten von Amerika, große Aufmerksamkeit. 
Ein beträchtlicher Teil der im vorliegenden Band enthaltenen Arbeiten be-
schäftigt sich mit dem wichtigsten geschichtlichen Ereignis in den USA, 
dem Bürgerkrieg von 1861 bis 1865. Marx und Engels geben als erste eine 
exakte wissenschaftliche Analyse der Probleme, die mit dem Bürgerkrieg 
zusammenhängen und weisen auf seine weltgeschichtliche Bedeutung hin. 
Die meisten dieser Artikel schrieb Marx in den Jahren 1861/1862; sie 
wurden in der Wiener Zeitung „Die Presse" veröffentlicht. In den Arbeiten 
„Die amerikanische Frage in England", „Der nordamerikanische Bürger-
krieg" und „Der Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten" untersucht Marx 
an Hand amerikanischer Quellen und Literatur allseitig die Ursachen für 
die Entstehung des Bürgerkrieges und deckt den Charakter sowie die Trieb-
kräfte der Auseinandersetzung auf. Damit entwickelt er wichtige Thesen 
des historischen Materialismus weiter und konkretisiert sie. Marx stützt 
sich auf ein umfangreiches Material und weist nach, daß der Bürgerkrieg 
in den USA als gesetzmäßige Folge der ständigen Auseinandersetzungen 
zwischen den beiden antagonistischen Kräften, dem industriellen Norden 
und dem sklavenhaltenden Süden, entstand. Dieser Kampf war, wie Marx 
hervorhebt, „die treibende Kraft der Geschichte" (der Vereinigten Staaten) 
„eines halben Jahrhunderts" (siehe vorl. Band, S.308). 
Marx und Engels legen dar, daß das wahre Wesen des Krieges zwischen 
dem Norden und dem Süden in dem Kampf zweier sozialer Systeme be-
stand, in dem Kampf zwischen dem in den Nordstaaten sich festigenden 
kapitalistischen System der Lohnarbeit und dem im Süden herrschenden 
System der Sklaverei, das die kapitalistische Entwicklung des ganzen Lan-
des stark behinderte. Marx untersucht eingehend die gesellschaftlichen und 
politischen Beziehungen in den Vereinigten Staaten während der ersten 
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das ermöglicht ihm, eine so komplizierte so-
ziale Erscheinung wie die amerikanische Negersklaverei auf den Plantagen 
in den Südstaaten und ihre Verbindung mit dem kapitalistischen Welt-
markt unter Beibehaltung vorkapitalistischer Methoden der Ausbeutung 
wissenschaftlich zu analysieren. Marx beweist, daß zwar die Knanzbour-
geoisie und ein Teil der Industriebourgeoisie des Nordens vom Baumwoll-
handel und anderen Erzeugnissen der Sklavenarbeit profitierten und des-
halb an der Erhaltung der Sklaverei interessiert waren, daß es sich jedoch 
andererseits mit der kapitalistischen Entwicklung der Nordstaaten immer 
weniger vereinbaren ließ, die Sklaverei aufrechtzuerhalten Die Frage der 
Sklaverei war, wie Marx mehrmals hervorhebt, der Angelpunkt des Ameri-
kanischen Bürgerkrieges. „Die ganze Bewegung beruhte und beruht , wie 
man sieht, auf der Sklavenfrage. Nicht in dem Sinne, ob die Sklaven inner-
halb der bestehenden Sklavenstaaten direkt emanzipiert werden sollten 
oder nicht, sondern ob die 20 Millionen Freien des Nordens sich länger 
einer Oligarchie von 300 000 Sklavenhaltern unterordnen sollten; ob die 
ungeheuren Territorien der Republik Pflanzstätten freier Staaten oder der 
Sklaverei werden sollten; endlich, ob die nationale Politik der Union be~ 
waffnete Propaganda der Sklaverei über Mexiko, Zentral- und Südamerika 
zu ihrem Wahlspruch machen sollte." (Siehe vorl. Band, S.338.) 
Marx und Engels gingen von den Interessen der revolutionären Be-
wegung in Europa und Amerika, von der Perspektive des Sieges der prole-
tarischen Revolution aus, als sie die Haltung des europäischen und ameri-
kanischen Proletariats zum Amerikanischen Bürgerkrieg bestimmten. Sie 
vertraten den Standpunkt, daß mit dem Krieg gegen die Negersklaverei in 
den USA die Ära eines Aufstiegs der Arbeiterklasse eingeleitet wird, ebenso 
wie der amerikanische Unabhängigkeitskrieg Ende des 18.Jahrhunderts 
eine Ära des Aufstiegs der Bourgeoisie eröffnete. Der revolutionäre Krieg 
in Amerika könne so zur Verstärkung der revolutionären Bewegung in 
Europa beitragen und ein Vorbote der künftigen proletarischen Revolution 
werden. 
Die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus entwickeln in ihren 
Arbeiten zur amerikanischen Frage die großen Ideen des Internationalis-
mus weiter - eines der wichtigsten ideologischen Prinzipien der proletari-
schen Partei. Sie betrachten den Kampf gegen die Negersklaverei als ur-
eigenste Sache der werktätigen Klassen und betonen mehrmals, daß, so-
lange die Sklaverei in den Südstaaten bestehen bleibt, auch eine erfolg-
reiche Entwicklung der amerikanischen Arbeiterbewegung gehemmt wird; 
daß, solange die Arbeit der Schwarzen das Schandmal der Sklaverei trägt, 
auch die Arbeit der Weißen nicht frei sein kann, weil es dadurch der ameri-
kanischen Bourgeoisie möglich ist, einen Teil der arbeitenden Klasse dem 
anderen entgegenzustellen und so jede selbständige Arbeiterbewegung in 
den Vereinigten Staaten zu paralysieren. 
Marx und Engels weisen nach, daß die Negersklaverei im Süden ent-
scheidend dazu beitrug, die Ausbeutung der „freien" Arbeiter des Nordens 
zu verstärken; daß ein Sieg der Sklavenhalter im Krieg dazu führen würde, 
daß diese ihre Herrschaft überdie ganze Union errichten und damit die 
gesamte Arbeiterklasse in die Lage rechtloser Sklaven herunterdrücken 
würden. Marx enthüllt die unversöhnliche Feindschaft der Sklavenhalter-
Oligarchie gegenüber der amerikanischen Arbeiterbewegung; er schreibt 
dazu unter anderem: „Schon während 1856 bis 1860 hatten die politi-
schen Wortführer, Juristen, Moralisten und Theologen der Sklavenhalter-
partei nicht so sehr zu beweisen gesucht, daß die Negersklaverei berech-
tigt sei, als vielmehr, daß die Farbe gleichgültig zur Sache und die 
arbeitende Klasse überall zur Sklaverei geschaffen sei." (Siehe vorl. Band, 
S. 344.) 
Mit der Lösung des Problems der Sklaverei verbanden die Begründer 
des wissenschaftlichen Sozialismus eng die Frage der freien Besiedlung 
der Länder im Westen und Südwesten der USA. Die revolutionär-demo-
kratische Lösung der Agrarfrage wurde, wie Marx nachweist, nicht 
nur von den Forderungen der weiteren kapitalistischen Entwicklung 
des Landes und den Interessen breitester Schichten der Farmer diktiert , 
sondern entsprach auch den Interessen der amerikanischen Arbeiter-
bewegung. 
Die Hauptaufgabe der amerikanischen Arbeiterklasse sahen Marx und 
Engels im Zusammenschluß aller fortschrittlichen Kräfte , die an der voll-
ständigen Abschaffung der Sklaverei interessiert waren. Mit ihren Ver-
öffentlichungen in der „New-York Daily T r ibüne" und in der Zei tung 
„Die Presse" unterstützen die Führer des Proletariats den Kampf der revo-
lutionär-demokratischen Kräfte des Nordens für eine konsequente Lösung 
der durch den Krieg gestellten Aufgaben. 
Marx unterstreicht den fortschrittlichen und revolutionären Charakter 
des Krieges von Seiten der Nordstaaten und stellt schon in seinen ersten 
Arbeiten über den Amerikanischen Bürgerkrieg fest, daß das fortschrit t-
lichere soziale System der Nordstaaten siegen wird. Im Zusammenhang 
damit entlarvt er die feige Politik der nordamerikanischen Bourgeoisie, die 
an der Spitze der gegen die Sklaverei gebildeten Koalition s tand, sich aber 
lange Zeit nicht entschließen konnte, die Abschaffung der Sklaverei zu ver-
künden. In den Artikeln „Die Absetzung Fremonts" , „Zur Kritik der 
Dinge in Amerika" und in anderen kritisiert Marx scharf die Regierung 
des Nordens, die sich fürchtete , dem Krieg den Charakter eines konsequen-
ten und wirklich revolutionären Kampfes zu geben. Über diese Art der 
Kr iegführung bemerkt er in einem Briefe an Engels vom 10. September 1862, 
es sei „nicht anders zu erwarten von einer bürgerlichen Republik, wo der 
Schwindel so lange souverän gethront" . Marx beweist, daß die anfäng-
lichen militärischen Mißerfolge des Nordens ihre Ursachen in dem Be-
streben der Bourgeoisie hatten, den Krieg auf der Grundlage der Ver-
ständigung mit den Sklavenhaltern zu führen , und daß nur revolutionäre 
Methoden der Kriegführung den Sieg der Nordstaaten gewährleisten 
könnten. 
In allen diesen Arbeiten weisen Marx und Engels auf die entscheidende 
Rolle der Volksmassen hin. Dabei heben sie besonders die Bedeutung der 
Staaten des Nordens und des Nordwestens sowie die Rolle ihrer Arbeiter-
klasse und Farmerbevölkerung hervor, die die entschiedensten Gegner der 
Sklaverei waren. Marx betont, daß der Beginn des unvermeidlichen Um-
schwungs in den militärischen Aktionen damit zusammenhängt, daß „Neu-
england und der Nordwesten, die das Hauptmaterial der Armee geliefert, 
entschlossen sind, der Regierung eine revolutionäre Kriegsführung auf-
zuzwingen und auf das Sternenbanner die .Aufhebung der Sklaverei' als 
Schlachtparole zu schreiben" (siehe vorl. Band, S. 525). 
Für besonders wichtig erachteten die Begründer des wissenschaftlichen 
Sozialismus den Kampf der unter der Sklaverei schmachtenden Neger-
massen, in denen sie die natürlichen Verbündeten des Nordens in der Aus-
einandersetzung mit den Sklavenhaltern des Südens sahen. Schon 1860 
weist Marx in einem Brief an Engels darauf hin, daß die amerikanische 
Sklavenbewegung eines der größten Ereignisse in der Welt sei. Marx kriti-
siert die amerikanische Regierung scharf, weil sie sich weigerte, den Negern 
das Recht einzuräumen, in der Armee des Nordens zu kämpfen. „Ein ein-
ziges niggerregiment wird merkwürdig auf die südlichen Nerven wirken", 
schreibt Marx in seinem Brief an Engels vom 7. August 1862. Engels be-
tont, daß eine entschlossenere Kriegführung auch die arme weiße Bevölke-
rung des Südens - die Masse der zugrunde gerichteten Arbeiter, die die 
Sklavenhalter-Oligarchie haßten, aber poch in Rassenvorurteilen befangen 
waren - veranlassen würde, gegen die Sklaverei aufzutreten. 
In mehreren Veröffentlichungen während des Jahres 1862 zeigt Marx 
den Differenzierungsprozeß, der sich in der regierenden Republikanischen 
Partei durch das Wachstum und die Geschlossenheit der Kräfte vollzog, 
die für die unverzügliche Beseitigung der Sklaverei auftraten („Abolitioni-
stische Kundgebungen in Amerika", „Die Wahlresultate in den Nord-
staaten"). Der Artikel „Die Wahlresultate in den Nordstaaten" charakteri-
siert die Veränderungen innerhalb der Republikanischen Partei, die unter 
dem Druck breiter Volksmassen gezwungen war, eine entschiedenere Stel-
lung in der Frage der Sklavenbefreiung zu beziehen. An Hand einer Analyse 
der Abstimmungsergebnisse in den Staaten zeigt Marx, daß Mißerfolge der 
Republikaner bei den Wahlen vor allem durch die Unzufriedenheit der 
Farmer des Nordwestens mit den früheren Methoden der Kriegführung 
hervorgerufen wurden. Marx zieht die Bilanz der ersten Etappe des Krieges: 
„Wir haben bisher nur dem ersten Akt des Bürgerkrieges beigewohnt - der 
konstitutionellen Kriegsführung. Der zweite Akt, die revolutionäre Kriegs-
führung, steht bevor." (Siehe vorl. Band, S. 526.) 
In dem Artikel „Zu den Ereignissen in Nordamerika" begrüßt Marx 
die Proklamation Lincolns über die Befreiung der Negersklaven, die den 
aufständischen Plantagenbesitzern gehörten. Dieses „Aktenstück, die Zer-
reißung der alten amerikanischen Verfassung", kennzeichnete den Uber-
gang zu einer neuen Etappe des Krieges - zum revolutionären Krieg. Marx 
charakterisiert Lincoln als einen Menschen, der aus dem Volke hervor-
ging, als einen Plebejer, dessen Handlungen aller Phrasen und jedes lüg-
nerischen Pathos entbehren. Dabei stellt Marx die bürgerliche Begrenzt-
heit gewisser Dekrete Lincolns fest und kritisiert ihn wegen seines Schwan-
kens und seiner unentschlossenen Haltung. Trotzdem schätzt Marx seine 
Tätigkeit hoch ein und betont: „Lincoln wird in der Geschichte der Ver-
einigten Staaten und der Menschheit unmittelbar Platz nehmen nach 
Washington!" (Siehe vorl. Band, S.553.) 
In den letzten Veröffentlichungen über den Bürgerkrieg in Amerika -
„Symptome der Auflösung in der südlichen Konföderation", „Englische 
Neutralität - Zur Lage in den Südstaaten" - zeigt Marx nach einer ge-
wissenhaften Analyse der Wechselbeziehungen der Klassenkräfte und der 
Möglichkeiten der kämpfenden Seiten, wie begrenzt die Material- und 
Menschenressourcen des Südens sind, wie auch dort die gegen die Sklaverei 
kämpfenden Kräfte in Bewegung geraten und daß die Niederlage der 
Sklavenhalterstaaten unvermeidlich ist. 
Marx mißt dem Sieg des Nordens eine große Bedeutung bei. Er be-
tont aber gleichzeitig den gemäßigten Charakter des Programms der ameri-
kanischen Bourgeoisie, das unmittelbare Interesse der Handels- und Finanz-
bourgeoisie, Überreste der Sklaverei zu erhalten. Nicht zufällig schreibt er in 
dem Artikel „Die Wahlresultate in den Nordstaaten", daß gerade die Stadt 
New York, die „der Sitz des amerikanischen Geldmarktes und voller Hypo-
thekargläubiger auf die südlichen Pflanzungen" und „bis in die letzte Zeit 
aktiv im Sklavenhandel beteiligt" war, am Vorabend und während des 
Bürgerkriegs die Hauptstütze der Demokratischen Partei bildete, die nach 
einem Kompromiß mit den Sklavenhaltern strebte. (Siehe vorl. Band, 
S.565.) 
Dieser Hinweisvon Marx ist für das Verständnis des weiteren Verlaufs 
der Ereignisse in Amerika sehr bedeutsam. Er erklärt, weshalb in den 
USA die Rassendiskriminierung sowie die nationale und soziale Unter-
drückung bestehen blieben, obwohl die Sklaverei abgeschafft wurde und 
die Nordstaaten siegten. 
In den Arbeiten über den Amerikanischen Bürgerkrieg nehmen die 
Einschätzungen der militärischen Operationen einen großen Raum ein. 
In den von Marx und Engels gemeinsam verfaßten Artikeln »Der Amerika-
nische Bürgerkrieg", „Die Lage auf dem amerikanischen Kriegsschauplatze" 
und anderen beweisen sie erneut die für die Kriegswissenschaft wichtige 
These vom Einfluß des Charakters des Krieges auf die Methoden der Krieg-
führung. Marx und Engels kritisieren scharf den vom Oberkommandieren-
den der Nordarmee McClellan entwickelten militärstrategischen Plan (den 
„Anakonda "-Plan) als dem Charakter eines revolutionären Krieges fremd 
und in militärischer Hinsicht fehlerhaft. Sie stellen ihm einen eigenen stra-
tegischen Plan entgegen, der von den politischen und sozialen Kriegszielen 
ausging. Er bestand darin, mit konzentrierten Streitkräften den lebens-
wichtigen Zentren des Gegners einen entscheidenden Schlag zu versetzen, 
und sah in erster Linie die Besetzung des Staates Georgia vor, um die Ter-
ritorien der Konföderation in zwei Teile zu zerschneiden. (Siehe vorl. Band, 
S. 494/495.) Als eine wichtige militärische Maßnahme betrachten Marx und 
Engels die Säuberung der Armee des Nordens von reaktionären Offizieren, 
die mit dem Süden sympathisierten. Durch den weiteren Verlauf des Krie-
ges wurden die Vorhersagen voll und ganz bestätigt. Die revolutionären 
Maßnahmen in der zweiten Etappe des Bürgerkrieges, auf deren Notwen-
digkeit Marx und Engels bereits 1861 und 1862 hingewiesen hatten, sicher-
ten den Umschwung in den militärischen Operationen und damit den end-
gültigen Sieg des Nordens. 
Einen wesentlichen Teil des Bandes bilden die Artikel, in denen der 
Einfluß des Amerikanischen Bürgerkrieges auf die internationalen Beziehun-
gen und die innenpolitische Situation der Länder Europas und Amerikas 
untersucht wird. Marx und Engels hielten es für eine der wichtigsten Auf-
gaben aller proletarischen Revolutionäre, die geheimen Intrigen der bürger-
lichen Diplomatie und die reaktionären Absichten der herrschenden Klas-
sen gegen die demokratischen und nationalen Befreiungsbewegungen zu 
entlarven. Als ein amerikanisches Kriegsschiff den englischen Postdampfer 
„Trent" kaperte und damit die Gefahr eines bewaffneten Konflikts zwischen 
England und den Vereinigten Staaten drohte, trat Marx mit einer Reihe 
von Artikeln an die Öffentlichkeit, die die Außenpolitik der englischen 
Regierungsoligarchie entlarvten, die trotz der von England erklärten Neu-
tralität insgeheim die Rebellen des Südens unterstützte und eine bewaffnete 
Intervention zugunsten der Sklavenhalter vorbereitete. In den Beiträgen 
„Der englisch-amerikanische Streit", „Streit um die Affäre .Trent'", „Das 
Kabinett von Washington und die Westmächte" und anderen weist Marx 
unwiderlegbar die Verlogenheit und Heuchelei der Argumente nach, die 
von den englischen Regierungskreisen und ihren Trabanten auf dem euro-
päischen Kontinent vorgebracht wurden, um einen schändlichen Krieg zur 
Verteidigung der Sklavenhalter zu entfesseln. Die Artikel über den eng-
lisch-amerikanischen Konflikt, die für die Erziehung der Arbeiterklasse im 
Geiste des Internationalismus von sehr großer Bedeutung waren, lehrten 
II Marx/Engel», Werke, Bd. 15 
das Proletariat, in internationalen Konflikten seine eigene revolutionäre 
Linie auszuarbeiten und zu verfechten. 
Marx und Engels hatten erkannt, daß es eine der wichtigsten Aufgaben 
des revolutionären Proletariats ist, als Teil des allgemeinen Befreiungs-
kampfes der werktätigen Massen aktiven Einfluß auf die Außenpolitik 
der herrschenden Klassen zu nehmen. Sie schätzten deshalb. die Anti-
Interventionskundgebungen der englischen Arbeiterklasse sehr hoch ein. 
In den Artikeln „Die Meinung der Journale und die Meinung des Volkes", 
„Ein Londoner Arbeitermeeting" und „Interventionsfeindliche Stim-
mung" zeigt Marx, daß die Arbeiterklasse Englands trotz des von der 
' käuflichen Palmerston-Presse erzeugten chauvinistischen Taumels ihrer 
internationalen Pflicht treu blieb. Die Standhaftigkeit der englischen 
Arbeiterklasse konnte, wie Marx hervorhebt, auch durch schwerste mate-
rielle Entbehrungen, die durch die Einstellung der Baumwollzufuhren 
infolge der Blockade der Südstaaten hervorgerufen wurden, nicht ge-
brochen werden. Marx würdigt diese heroische internationalistische 
Haltung mit den Worten: „Die englische Arbeiterklasse hat dadurch un-
sterbliche geschichtliche Ehre geerntet, daß sie den wiederholten Ver-
such der herrschenden Klassen zur Intervention für die amerikanischen 
Sklavenhalter durch enthusiastische Massenmeetings niederschlug, ob-
gleich die Fortdauer des Amerikanischen Bürgerkriegs einer Million eng-, 
lischer Arbeiter die furchtbarsten Leiden und Entsagungen aufbürdet" 
* (siehe vorl. Band, S. 577). 
Das erschütternde Elend der arbeitslosen Weber von Lancashire, die 
infolge der Krise in der Baumwollindustrie auf die Straße gesetzt wurden, 
beschreibt Marx in den Artikeln „Die Arbeiternot in England" und „Gari-
baldi-Meetings - Notstand der Baumwollarbeiter". Dabei stellt er fest, daß 
der „Baumwollhunger" den englischen Fabrikanten sehr gelegen kam, da 
er zum Ausverkauf der angehäuften Waren beitrug, und er entlarvt die 
heuchlerischen Versuche der herrschenden Klassen, die Notlage der eng-
lischen Werktätigen ausschließlich auf den Einfluß des Bürgerkriegs in den 
USA zurückzuführen. Marx brandmarkt das erbärmliche bürgerliche Wohl-
tätigkeitssystem, das die Arbeiter und ihre Familien zum Hungertod ver-
urteilte. Er schreibt empört über den „sonderbaren Zwist zwischen Grund-
aristokratie und Fabriksaristokratie — wer von ihnen am meisten die 
Arbeiterklasse ausgesaugt, und wer von ihnen am wenigsten zur Abwehr 
der Arbeiternot zu tun verpflichtet sei" (siehe vorl. Band, S.546). 
Marx und Engels begrüßten die zunehmende politische Aktivität der 
englischen Arbeiterklasse, die sich seit dem Niedergang der Chartisten-
bewegung stark unter dem Einfluß des Trade-Unionismus befand. Neben 
den Massenmeetings der englischen Arbeiterklasse gegen die Einmischung 
in den Amerikanischen Bürgerkrieg maß Marx den Demonstrationen des 
englischen Volkes zur Verteidigung der nationalen Befreiungsbewegung 
in Italien und gegen die außenpolitischen Abenteuer Napoleons III. große 
Bedeutung bei („Ein Meeting für Garibaldi" und andere Artikel). 
Probleme der internationalen Beziehungen und der Kolonialpolitik der 
europäischen Großmächte werden in mehreren Artikeln über die Inter-
vention Englands, Frankreichs und Spaniens in Mexiko behandelt („Die 
Intervention in Mexiko", „Die Adreßdebatte im Parlament" und andere). 
Marx enthüllt darin die wahren Ziele der sogenannten „mexikanischen 
Expedition", die durch alle möglichen Vorwände und Lügen getarnt 
werden sollten. Sie war „eines der ungeheuerlichsten Unternehmen in 
den Annalen der internationalen Geschichte" (siehe vorl. Band, S. 366), 
mit dem Ziel, den Kampf der mexikanischen Reaktionäre gegen die fort-
schrittliche Regierung Juarez* zu unterstützen, die zu jener Zeit schon 
vom ganzen Volk anerkannt war. Marx legt dar, daß das unmittelbare 
Resultat der mexikanischen Expedition - unternommen unter dem Vöi> 
wand des Kampfes gegen die Anarchie - nur die Schwächung der ver-
fassungsmäßigen Regierung und die. Stärkung der gegen das Volk ge-
richteten klerikalen Partei mit Hilfe der französischen und spanischen Ba-
jonette sein konnte, und daß der schon zur Ruhe gekommene Bürgerkrieg 
unvermeidlich wieder aufflammen mußte. In diesen Artikeln,1 die von tiefer 
Sympathie für das mexikanische Volk und seinen Befreiungskampfdurch-
drungen sind, geißelt Marx die Handlungen der Interventen, die den Krieg 
gegen das friedliebende Land begonnen hatten. Diese Beiträge über die 
Intervention in Mexiko sind ein eindeutiger Beweis des unversöhnlichen 
Kampfes von Marx und Engels gegen Kolonialismus und nationale Unter-
jochung, gegen Ausbeutung und Knechtung ökonomisch zurückgebliebe-
ner und abhängiger Länder durch die entwickelteren kapitalistischen Län-
der Europas. 
Marx wies das internationale Proletariat auch auf eine andere, mit der 
englisch-französisch-spanischen Intervention verbundene Gefahr hin. Er 
sah die Einmischung des „europäischen bewaffneten Areopags" in die inne-
ren Angelegenheiten der amerikanischen Staaten als „äußerstes Mittel" an, 
zu dem Palmerston und Bonaparte griffen, um einen bewaffneten Konflikt 
mit den Vereinigten Staaten zu provozieren. In den Artikeln „Mexikani-
scher Wirrwarr", „Wachsende Sympathien in England" und anderen ent-
larvt Marx das Bestreben der englischen Regierungskreise, die Ereignisse 
in Mexiko als Vorwand für die Intervention zu benutzen und das Territo-
rium Mexikos als Aufmarschgebiet für die Einmischung Englands und 
Frankreichs in den Amerikanischen Bürgerkrieg zu mißbrauchen. 
Marx enthüllt die Absicht Napoleons III., sich an der mexikanischen 
Expedition zu beteiligen, um das reaktionäre bonapartistische Zweite 
Kaiserreich mit Hilfe außenpolitischer Abenteuer zu erhalten und gleich-
zeitig bestimmte territoriale Zugeständnisse in Europa, insbesondere in 
der Schweiz, zu erreichen. Weiterhin hebt Marx in seinem Artikel „Eine 
internationale Affäre Mir es" hervor, daß die Finanzkreise des Zweiten 
Kaiserreichs - deren Ziel ein französisches Kolonialreich war - unmittel-
bar daran interessiert waren, daß Napoleon III. das mexikanische Aben-
teuer auslöste. 
Marx stellt England als Initiator der bewaffneten Intervention in Me-
xiko bloß und reißt der englischen bürgerlichen Diplomatie mit ihrer 
scheinheiligen Heuchelei, ihrer Grausamkeit gegenüber Schwachen, ihrer 
Kriecherei vor Starken und ihrer völligen Mißachtung des internationalen 
Rechts die Maske vom Gesicht. Die Begründer des wissenschaftlichen 
Sozialismus weisen nach, daß in dieser Periode die konterrevolutionäre Rolle 
der Außenpolitik der englischen Regierungskreise sich offensichtlich ver-
stärkte, jene Rolle, die das bürgerlich-aristokratische England in den euro-
päischen Angelegenheiten von jeher gespielt hatte. Die Verwandlung Eng-
lands gegen Mitte des 19. Jahrhunderts in die „Schmiede der Welt" und 
die Bestrebungen der herrschenden Klassen Englands, ihre industrielle und 
koloniale Monopolstellung aufrechtzuerhalten, machten sie unvermeidlich 
zum Schutzwall aller reaktionären Bewegungen nicht nur in Europa, son-
dern in der ganzen Welt. 
Marx entlarvt die aggressive Außenpolitik der europäischen Groß-
mächte England, Rußland und Frankreich, die auf die Unterdrückung der 
nationalen Befreiungsbewegungen und auf die Unterjochung fremder Völ-
ker gerichtet war; er geißelt die Kolonialpolitik der Regierung Palmerston 
in China, Indien, Persien, Afghanistan und anderen Ländern. An Hand yon 
Zahlen und Fakten zeigt er, daß der Eroberungskrieg Englands und Frank-
reichs in China im Jahre 1860 und die Okkupation Syriens durch Frankreich 
im gleichen Jahre - von den Regierungen dieser Länder hinter dem Rücken 
ihrer Völker durchgeführt - räuberischen Charakter trugen. 
Der vorliegende Band enthält eine Reihe von Arbeiten zu militärischen 
Problemen; zu einem großen Teil sind die Erfahrungen der militärischen 
Operationen im Amerikanischen Bürgerkrieg verallgemeinert. Bei der 
Weiterentwicklung der Lehre vom Krieg arbeitet Engels erneut die ent-
scheidende Rolle der Volksmassen und die Bedeutung des moralischen 
Faktors im bewaffneten Kampf heraus. Er verfolgt aufmerksam die Ent-
wicklung der Militärtechnik und war der Ansicht, daß mit dem Amerikani-
schen Bürgerkrieg in dieser Hinsicht eine neue Periode eingeleitet wurde. 
Er weist den Zusammenhang zwischen der Militärtechnik und der Ent-
wicklung der Taktik nach und hebt hervor, daß die Entwicklung der Be-
waffnung von den Veränderungen in der Produktionsweise abhängt. 
Mehrere dieser Arbeiten von Engels über militärische Fragen bilden 
eine wesentliche Ergänzung zu seinen für die „New American Cyclopaedia" 
in den Jahren 1857 bis 1860 geschriebenen und im Band 14 unserer Aus-
gabe veröffentlichten Beiträgen. In den Arbeiten „Die Geschichte des ge-
zogenen Gewehrs", „Über gezogene Kanonen", „Die französische leichte 
Infanterie" und anderen untersucht Engels vom Standpunkt des histori-
schen Materialismus den Prozeß der Vervollkommnung der Waffenarten 
sowie die Entwicklung der Taktik in verschiedenen Ländern. Eine gründ-
liche Analyse und Kritik der Organisation und des Systems der militäri-
schen Ausbildung der englischen Freiwilligen-Abteilungen gibt Engels in 
einer Artikelserie, die in der Zeitschrift „The Volunteer Journal, for 
Lancashire and Cheshire" erschien. Die klassenmäßige Zusammensetzung 
der Freiwilligen-Truppen behandelt Engels in dem von der „New-York 
Daily Tribüne" veröffentlichten Artikel „Die britischen Freiwilligen-
Truppen". Engels* unvollendetes Manuskript „Kinglake über die Schlacht 
an der Alma" enthüllt die von der englischen bürgerlichen Geschichts-
schreibung geschaffene Legende von der Unbesiegbarkeit und den imagi-
nären Heldentaten der englischen Truppen während des Krimkrieges. Er 
schreibt in dieser Arbeit, für die er eine Reihe russischer Quellen be-
nutzte, auch über den starken Widerstand, den die russischen Truppen 
auf der Krim leisteten. 
Die im vorliegenden Band enthaltenen kriegsgeschichtlichen Arbeiten 
von Engels sind eine wichtige Quelle für das Studium der marxistischen 
Lehre vom Krieg, von der Armee und der Kriegskunst. Sie stellen einen 
wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der marxistischen Militärwissen-
schaft und zur wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der Kriegs-
kunst dar. 
Die meisten der in diesem Band aufgenommenen Artikel waren nicht 
gezeichnet. Doch wird der Nachweis, daß sie aus der Feder von Marx und 
Engels stammen, durch ihren Briefwechsel, durch spezielle Notizen der 
Redaktionen einiger Zeitungen, in denen die Artikel erschienen, sowie 
durch weitere Quellen bestätigt. 
Die im Text der „New-York Daily Tribüne" und anderen Zeitungen 
festgestellten offensichtlichen Druckfehler in Eigennamen, geographischen 
Benennungen, Zahlenangaben, Daten usw. sind auf Grund einer Über-
prüfung der Quellen, die Marx und Engels benutzt haben, berichtigt 
worden. 
Die Überschriften der Artikel entsprechen den Titeln, unter denen sie 
in den Zeitungen veröffentlicht wurden. Überschriften, die vom Institut 
für Marxismus-Leninismus stammen, sind durch eckige Klammern ge-
kennzeichnet. 
Institut für MarxismuS'Leninismus 
beim ZK der KPdSU 
Der Text des vorliegenden Bandes wurde an Hand der Originale oder 
Photokopien überprüft. Bei jeder Arbeit ist die für den Abdruck oder die 
Übersetzung herangezogene Quelle vermerkt. Die in englischer Sprache 
geschriebenen Artikel wurden bis auf zwei neu übersetzt und erscheinen 
zum erstenmal in deutscher Sprache. Die von Marx und Engels in deutscher 
Sprache verfaßten Artikel - mit Ausnahme von neun ^ b e i t e n - werden 
seit ihrer Veröffentlichung in der Wiener Zeitung „Die Presse" bzw. in der 
Darmstädter „Allgemeinen Militär-Zeitung" erstmalig wieder in der Origi-
nalsprache zugänglich gemacht. 
Die von Marx und Engels angeführten Zitate wurden ebenfalls über-
prüft, soweit die Quellen zur Verfügung standen. Längere Zitate werden 
zur leichteren Übersicht in kleinerem Druck gebracht. 
In den deutschsprachigen Texten sind die Rechtschreibung und Zei-
chensetzung, soweit vertretbar, modernisiert; der Lautstand der Wörter 
wurde nicht verändert. Alle in eckigen Klammern stehenden Wörter und 
Wortteilestammen von der Redaktion. Offensichtliche Druck- oder Schreib-
fehler wurden stillschweigend korrigiert; in Zweifelsfällen wird in Fuß-
noten die Schreibweise des Originals angeführt. 
Fußnoten von Marx und Engels sind durch Sternchen gekennzeichnet, 
Fußnoten der Redaktion durch eine durchgehende Linie vom Text ab-
getrennt und durch Ziffern kenntlich gemacht. 
Zur Erläuterung ist der Band mit Anmerkungen versehen, auf die im 
Text durch hochgestellte Zahlen in eckigen Klammern hingewiesen wird; 
außerdem sind ein Literaturverzeichnis, Daten über das Leben und die 
Tätigkeit von Marx und Engels, ein Personenverzeichnis, ein Verzeichnis 
der literarischen und mythologischen Namen, ein Verzeichnis der geo-
graphischen Namen, ein Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen so-
wie eine Erklärung der Fremdwörter beigefügt. 
Institut für Marxismus-Leninismus 
beim ZK der SED 
KARL MARX 
und 
FRIEDRICH ENGELS 
Januar 1860 - September 1864 
Mm^ßtk Wm SBrUnme. 
V»1- XIX.....W»- 5.863. MBW-YORK, TUESDAY, FEBRUARY 7. 1660. PRICE TWO CENTS. 
Karl Marx 
Französische Angelegenheiten1'1 
[„New-York Daily Tribüne" 
Nr. 5862 vom 7. Februar 1860] 
Paris, 17. Januar 1860 
Louis-Napoleon wurde zum Freihandel bekehrt und ist dabei, eine 
neue Friedensära zu eröffnen. Es wird ihm kaum mißlingen, in die Gesell-
schaft der Freunde ta] aufgenommen zu werden, und das Jahr 1860 wird 
in die Annalen Europas als das erste Jahr des Millenniums eingehen. Diese 
ungewöhnliche Nachricht, die in der Londoner Presse die Runde macht, 
stammt aus einem Brief Louis Bonapartes an Staatsminister Fould, der im 
„ M o n i t e u r " v o m 15.Januar 1860 veröffentlicht wurde. Die erste Wir-
kung des Briefes war ein Sinken der Staatspapiere in Paris und ein Steigen 
derselben in London. 
Jetzt scheint es vor allem notwendig, das corpus delicti, das heißt den 
kaiserlichen Brief, worauf das ganze Gebäude der neuen Ära errichtet 
werden soll, etwas näher zu untersuchen. Louis Bonaparte teilt Herrn Fould 
mit, daß „der Augenblick gekommen ist, auf Mittel für eine weitere Ent-
wicklung der verschiedenen Zweige des nationalen Wohlstandes zu sinnen". 
Eine fast gleichlautende Ankündigung war im „Moniteur" vom Januar 
1852 erschienen, als der coup d'etat die Ära des Credit mobilier, des Credit 
foncier und anderer Credits ambulantst41 einleitete. Und das ist noch nicht 
alles. Seit dieser ereignisreichen Epoche hat jedes jährliche Finanzbulletin, 
das unter der Schirmherrschaft des französischen Autokraten herauskam, 
den Umstand besonders unterstrichen und durch eine riesige Reihe offiziel-
ler Zahlen belegt, daß das Kaiserreich sein Wort gehalten habe und sich 
alle Zweige der nationalen Industrie unter seiner fürsorglichen Leitung 
wirklich mächtig entwickelt hätten. 
So sieht man sich in der Klemme. Entweder kam die Proklamation des 
coup d'etat zu früh, und die nach dem coup d'etat herausgegebenen Finanz-
bulletins waren falsch, oder die gegenwärtige Erklärung ist ein bloßer 
Betrug. 
Auf jeden Fall scheint es unbestreitbar, wie das neue kaiserliche Mani-
fest selbst beweist, daß die ökonomischen Vorteile, die die französische 
Gesellschaft durch die Auferstehung des Bonapartismus erlangen sollte, 
sich nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft beziehen. Be-
trachten wir nun, durch welche neue Erfindung die glückliche ökonomische 
Veränderung herbeigeführt werden soll. 
Zuerst macht Bonaparte Herrn Fould, der von der bedeutenden Ent -
deckung seines Herrn etwas überrascht gewesen sein muß, die Mitteilung, 
daß „unser Außenhandel durch den Austausch von Produkten entwickelt 
werden muß" - in der Tat , eine erstaunliche Binsenwahrheit. Da der 
Außenhandel im Austausch von nationalen Produkten gegen ausländische 
Produkte besteht, kann nicht geleugnet werden, daß zur Entwicklung des 
französischen Außenhandels der Austausch französischer Produkte ent-
wickelt werden muß. Das Hauptresultat, welches Louis Bonaparte durch 
die von ihm beabsichtigte neue Entwicklung des französischen Außen-
handels erwartet, ist „Wohlstand unter den arbeitenden Klassen zu ver-
breiten", deren Lage sich in den letzten zehn Jahren merklich verschlech-
tert hat, wie der Mann des coup d'etat damit stillschweigend zugab und 
wie es moderne französische Schriftsteller zeigten (es sei zum Beispiel an 
die Werke des verstorbenen Herrn Colins erinnert). Unglücklicherweise 
befremdet auch den oberflächlichsten Beobachter eine bedeutende Ta t -
sache. Der französische Außenhandel hat schon von 1848 bis 1860 riesige 
Fortschritte gemacht. Nachdem er 1848 ungefähr 875 Millionen Francs 
betragen hatte, war er 1859 auf mehr als das Doppelte dieser Summe an-
gestiegen. Eine Zunahme des Handels u m mehr als 100 Prozent in der 
kurzen Spanne von zehn Jahren ist fast beispiellos. Die Ursachen für diese 
Zunahme findet man in Kalifornien, Australien, den Vereinigten Staaten 
usw., aber sicher nicht in den Archiven der Tuilerien. Man sieht aber, daß 
sich trotz der ungeheuren Zunahme des französischen Außenhandels in 
den vergangenen zehn Jahren - einer Zunahme, die auf grundlegende 
Umwälzungen auf dem Weltmarkt zurückzuführen ist, welche völlig außer-
halb der kleinlichen Kontrolle der französischen Polizei liegen - die Lage 
der Masse des französischen Volkes nicht gebessert hat. Demzufolge müssen 
irgendwelche Kräfte gewirkt haben, die die natürlichen Resultate der Zu-
nahme des Handels vereitelten. Wenn die Entwicklung des französischen 
Außenhandels offensichtlich begründet, wie leicht und bequem das Zweite 
Kaiserreich seinen teuren Launen frönen konnte, so verrät die Verarmung 
der Nation trotz des verdoppelten Exports, auf wessen Kosten dieses 
leichte und bequeme kaiserliche Leben erkauft wurde. Wenn das Kaiser-
reich ohne die Entwicklung des französischen Außenhandels nicht be-
stehen konnte, dann konnte dieser Aufschwung im Handel eben wegen 
des Kaiserreichs nicht die zu erwartenden Früchte tragen. 
Der österreichische Kaiser hatte das Defizit seiner Länder durch einen 
Ukas beseitigt; warum sollte Louis Bonaparte nicht ebenfalls durch einen 
Ukas das Ansteigen des französischen Außenhandels befehlen? Er befürch-
tet jedoch ein Hindernis auf seinem Weg. 
„Wir müssen vor allem", sagt er, „unsere Landwirtschaft verbessern und unsere 
Industrie von allen inneren Hemmnissen befreien, durch welche sie auf einer niederen 
Stufe gehalten wird." 
Die dringende Notwendigkeit, die französische Landwirtschaft zu ver-
bessern, ist das ständige Thema der französischen Ökonomen. Aber wie 
soll Louis Bonaparte das Problem lösen? Zunächst wird er der Landwirt-
schaft Darlehen zu mäßigen „Zinsen" gewähren. Die französische Land-
wirtschaft ist bekanntlich die Sache von mehr als zwei Dritteln der fran-
zösischen Nation. Wird Louis Bonaparte dem restlichen Drittel Steuern 
auferlegen, um der Mehrheit der Nation Darlehen „zu einem mäßigen Zins-
satz" zu gewähren? Der Gedanke ist in der Tat zu unsinnig, um'ihm Ge-
wicht beizumessen. Dabei war es das erklärte Ziel seiner Credits fonciers, 
der Ländwirtschaft Leihkapital zuzuführen. Das einzige, worin sie sich 
bewährt haben, ist nicht die Verbesserung der Landwirtschaft, sondern die 
Ruinierung kleiner Bauern und die Beschleunigung der Konzentration des 
Landbesitzes. Im Grunde genommen haben wir hier wieder das alte aus-
gediente Universalmittel - Kreditinstitutionen. Niemand wird bestreiten, 
daß das Zweite Kaiserreich epochemachend in der Entwicklung des fran-
zösischen Kreditwesens ist, aber auch, daß es übers Ziel hinausschoß und 
mit seinem eigenen Kredit auch sein kreditfördernder Einfluß zum Teufel 
ging. Das einzig Neue scheint nun, nachdem die halbamtliche Kredit-
maschinerie bis zum äußersten angespannt und beansprucht wurde, der 
Traum Louis Bonapartes zu sein, die Regierung selbst in ein direktes 
Darlehensbüro zu verwandeln. Da jeglicherVersuch dieser Art sehr gefähr-
lich ist, würde er ebenso notwendig scheitern wie der Versuch mit den 
Getreidespeichern, welche die Kornpreise in die Höhe treiben sollten. Die 
Bewässerung und das Entwässern sowie die Säuberung des Bodens sind auf 
ihre Art sehr gute Maßnahmen, aber ihr einzig mögliches Ergebnis ist die 
Vermehrung der Agrarprodukte. Sie können nicht und sollen auch nicht die 
Preise dieser Produkte erhöhen. Selbst wenn Louis Bonaparte durch irgend-
welche Wundermethoden Mittel und Wege fände, diese Verbesserungen im 
nationalen Maßstab durchzuführen, wie sollen diese Maßnahmen also die 
Wertminderung der AgrarerZeugnisse beseitigen, unter der der französische 
Bauer in diesen fünf Jahren zu leiden hatte? Weiterhin will Louis-Napoleon 
eine schrittweise Verbesserung der Verkehrsmittel erreichen. Die Kalt-
blütigkeit, mit der dieser Vorschlag gemacht wird, übersteigt sogar "bona-
partistische Frechheit. Man betrachte nur die Entwicklung der französischen 
Eisenbahn seit 1850. Die jährlichen Ausgaben für diese „Verkehrsmittel" 
betrugen von 1845 bis 1847 ungefähr 175 000 000 Francs; von 1848 bis 1851 
ungefähr 125 000 000 Francs; von 1852 K s 1854 fast 250 000 000 (das 
Doppelte der Ausgaben von 1848bis 1851);von 1854bis1856 fast 550 000 000, 
von 1857 bis 1859 ungefähr 500 000 000. Als 1857 die generelle Krise über 
die Handelswelt hereinbrach, war die französische Regierung entsetzt über 
die ungeheuren Summen, welche noch für die im Bau befindlichen und 
für die bereits bewilligten Eisenbahnen erforderlich waren. Sie verbot den 
Eisenbahngesellschaften, jährlich mehr als 212 500 000 Francs durch Aus-
gabe von Aktien, Obligationen etc. aufzubringen, untersagte die Gründung 
neuer Gesellschaften und setzte dem Ausmaß der jährlichen Arbeiten feste 
Grenzen. Und trotz alledem redet Louis Bonaparte so, als ob Eisenbahnen, 
Kanäle usw. jetzt erst erfunden werden müßten! Eine erzwungene Herab-
setzung der Kanalgebühren, die er andeutet, ist selbstverständlich ein 
Unternehmen, welches den Bruch staatlicher Verträge einschließt, ab-
schreckend für das in diesem Unternehmen steckende Kapital und gewiß 
nicht dazu angetan, neues Kapital auf den gleichen Weg zu leiten. Schließ-
lich muß, um einen Markt für die Agrarprodukte zu finden, die Fabrik-
industrie stimuliert werden. Nun hat die Fabrikindustrie jedoch, wie wir 
bereits feststellten, unter dem Zweiten Kaiserreich riesige Fortschritte 
gemacht, aber trotz alledem, trotz des bisher unerreichten Anwachsens des 
Exports, trotz der kolossalen Entwicklung der Eisenbahn und anderer 
Verkehrsmittel, trotz der äußersten Anspannung eines bisher in Frank-
reich unbekannten Kreditsystems liegt die Landwirtschaft danieder, und 
die französischen Bauern gehen zugrunde. Wie sollen wir das merkwürdige 
Phänomen erklären? Die Tatsache, daß 255 000 000 Francs jährlich zur 
konsolidierten Schuld hinzukommen, von dem Blutzoll für Armee und 
Marine ganz zu schweigen, gibt genügend Antwort auf diese Frage. Das 
Kaiserreich selbst ist der große Alpdruck, dessen Last schneller wächst 
als die Produktivkräfte der französischen Nation. 
Louis Bonapartes Rezept für die französische Industrie, wenn wir 
all das abziehen, was bloße Phrase ist oder was noch in ferner Zukunft liegt, 
ist einfach folgendes: Abschaffung der Zölle für Wolle und Baumwolle und 
allmähliche Senkung der Zölle für Zucker und Kaffee. Das ist alles ganz 
gut, aber es bedarf der ganzen Leichtgläubigkeit englischer Freihändler, 
um solche Maßnahmen Freihandel zu nennen. Wer mit der politischen 
Ökonomie vertraut ist, weiß sehr wohl, daß die Abschaffung der Zölle für 
landwirtschaftliche Rohstoffe einen Hauptpunkt im Merkantilsystem des 
achtzehnten Jahrhunderts bildete. Diese „inneren Hemmnisse", die auf der 
französischen Produktion lasten, sind nichts, verglichen mit den octrois1, 
die Frankreich in ebenso viele selbständige Kreise teilen, wie es Städte gibt, 
wobei sie den inneren Austausch der Produkte lähmen und die Schaffung 
des Wohlstands dadurch hindern, daß sie ihren Verbrauch beschneiden. 
Diese octrois sind jedoch unter dem kaiserlichen Regime gestiegen und 
werden weiter steigen. Die Verringerung der Zölle für Wolle und Baum-
wolle soll durch die Abschaffung des Tilgungsfonds wettgemacht werden, 
so daß damit die letzte Einschränkung für das Wachstum der Staatsschulden, 
wenn auch nur nominell, aufgehoben ist. 
Andererseits müssen Wälder abgeholzt, Bodenerhebungen geebnet und 
Sümpfe trockengelegt werden - und das alles mit den 160 000 000 Francs, 
die, so sagt man, den verfügbaren Rest der letzten Kriegsanleihen dar-
stellen, und zwar in drei Jahresraten, was im Jahresdurchschnitt weniger 
als 54 000 000 Francs ausmacht. Aber allein die Eindeichung der Loire, die 
vom kaiserlichen Cagliostro vor ungefähr fünf Jahren so hochtrabend an-
gekündigt und deren dann nie wieder gedacht wurde, würde die ganze 
Summe in weniger als drei Monaten schlucken! Was bleibt also von dem 
Manifest übrig? „Der Anbruch einer Ära des Friedens", als ob diese Ära 
nicht schon längst in Bordeaux proklamiert worden wäre. „L'Empire c'est 
la paix."[51 
Aus dem Englischen. 
1 städtischen Akzisen auf Verbrauchsartikel 
Karl Marx 
Englische Politik 
[„New-York Daily Tribüne" 
Nr. 5868 vom 14. Februar 1860] 
London, 27. Januar 1860 
Die interessantesten Themen, die in der Adreßdebatte im Parlament 
berührt wurden, waren der dritte chinesische Krieg, der Handelsvertrag 
mit Frankreich und die Verwicklungen in Italien16 '. Man sollte sich dar-
über im klaren sein, daß die chinesische Frage nicht nur eine internationale, 
sondern auch eine konstitutionelle Frage von höchster Bedeutung ist. Der 
zweite chinesische Krieg I7J, unternommen auf den eigenmächtigen Befehl 
Lord Palmerstons, hatte zuerst zu einem Mißtrauensvotum gegen dessen 
Kabinett und dann zur erzwungenen Auflösung des Unterhauses geführt . 
Obgleich unter Palmerstons Auspizien gewählt, wurde das neue Haus nie-
mals aufgefordert, das von seinem Vorgänger gefällte Urteil zu kassieren. 
Lord Palmerstons zweiter chinesischer Krieg ist also nach wie vor durch 
einen Parlamentsentscheid mißbilligt. Aber das ist noch nicht alles. 
Am 16. September 1859 erhielt man in England die Nachricht über 
die Niederlage amPeiho . Anstatt das Parlament einzuberufen, wandte sich 
Lord Palmerston selbst an Louis Bonaparte und verhandelte mit dem Auto-
kraten über eine neue englisch-französische Expedition gegen China. 
„Drei Monate lang", sagt Lord Grey, „dröhnten die britischen Häfen und Arsenale 
vom Lärm der Vorbereitungen, und es wurden Maßnahmen ergriffen, um Artillerie, 
Kriegsmaterial und Kanonenboote nach China zu befördern und zusätzlich zu den See-
streitkräften noch eine starke Landstreitmacht von wenigstens zehntausend Mann zu 
entsenden." 
Nachdem das Land so einerseits durch einen Vertrag mit Frankreich, 
andererseits durch die gewaltigen Ausgaben, die ohne vorherige Verständi-
gung des Parlaments gemacht wurden, richtiggehend in einen neuen Krieg 
verwickelt worden ist, wird nun dieses Parlament bei seinem Zusammen-
treten kaltschnäuzig aufgefordert, „Ihrer Majestät für die Informationen 
über das Geschehene und über die im Gange befindlichen Vorbereitungen 
für eine Expedition nach China zu danken". Hätte sich selbst Louis-
Napoleon in anderem Stil an sein Corps legislatif oder Kaiser Alexander 
an seinen Senat wenden können? 
In der Adreßdebatte des Unterhauses im Jahre 1857 hatte Herr Glad-
stone, der jetzige Schatzkanzler, anläßlich des persischen Krieges entrüstet 
ausgerufen: 
„Ohne Widerspruch zu scheuen, stelle ich hier fest, daß die Praxis, Krieg zu be-
ginnen, ohne sich erst an das Parlament zu wenden, im schroffsten Gegensatz zur üblichen 
Praxis des Landes steht, gefährlich für die Verfassung ist und das Eingreifen des Hauses 
unbedingt erfordert, um die Wiederholung eines sogefährlichen Vorgehens gänzlich un-
möglich zu machen." 
Lord Palmerston hat nun das „für die Verfassung so gefährliche" Vor-
gehen nicht nur wiederholt, er hat es diesmal nicht nur unter Mitwirkung 
des scheinheiligen Herrn Gladstone wiederholt, sondern darüber hinaus -
gleichsam als wollte er die Kraft ministerieller Verantwortungslosigkeit 
ausprobieren, indem er die Rechte des Parlaments gegenüber der Krone, 
das Prärogativ der Krone gegenüber dem Parlament und die Privilegien 
beider gegenüber dem Volk geltend machte - besaß er die Dreistigkeit, 
das gefährliche Vorgehen innerhalb des gleichen Bereichs zu wiederholen. 
Obwohl sein erster chinesischer Krieg vom Parlament verurteilt wurde, 
unternimmt er dem Parlament zum Trotz einen zweiten chinesischen Krieg. 
Jedoch brachte in beiden Häusern nur ein Mann genügend Mut auf, gegen 
Palmerstons Überschreitung seiner Machtbefugnis aufzutreten, und dieser 
eine Mann gehört - sonderbar genug - nicht zum demokratischen, sondern 
zum aristokratischen Flügel der Legislative. Dieser Mann ist Lord Grey. Er 
brachte ein Amendement zur Antwortadresse auf die Thronrede ein, des 
Inhalts, daß die Expedition nicht hätte begonnen werden dürfen, bevor die 
Meinung beider Häuser eingeholt worden war. 
Die Art, in der Lord Greys Amendement sowohl vom Sprecher der 
Regierungspartei als auch vom Führer der Opposition Ihrer Majestät auf-
genommen wurde, ist überaus charakteristisch für die politische Krise, der 
die Vertretungskörperschaften Englands sich rasch nähern. Lord Grey 
räumte ein, daß —formal gesehen —die Krone das Vorrecht genieße, Krieg 
zu beginnen; da es den Ministern aber untersagt sei, auch nur einen ein-
zigen Pfennig für ein beliebiges Unternehmen ohne vorherige Zustimmung 
des Parlaments auszugeben, so wäre es konstitutionelles Gesetz und Brauch, 
daß die verantwortlichen Repräsentanten der Krone niemals kriegerische 
Expeditionen unternehmen dürften, bevor das Parlament verständigt und 
beauftragt worden sei, Vorkehrungen zur Deckung der Ausgaben zu treffen, 
die hierdurch entstehen könnten. Falls dieser Rat der Nation es für an-
gebracht halte, könne er somit jeden unberechtigten oder unsinnigen Krieg, 
den die Minister vorhaben, gleich zu Anfang verhindern. Seine Loruscnaft 
führte dann einige Beispiele an, um zu zeigen, wie streng diese Regeln 
früher eingehalten wurden. Als 1790 an der Nordwestküste Amerikas 
einige britische Schiffe von den Spaniern gekapert wurden, legte Pitt beiden 
Häusern eine Botschaft der Krone vor, in der eine Kreditbewilligung zur 
Deckung der mutmaßlichen Kosten gefordert wurden. Und als die Tochter 
des Dom Pedro im Dezember 1826 England u m Hilfe gegen Ferdinand VI I . 
von Spanien ersuchte, der zugunsten des Dom Miguel in Portugal ein-
zufallen beabsichtigte, legte Canning eine ähnliche Botschaft vor, die das 
Parlament von den näheren Umständen und der wahrscheinlichen Höhe 
der Ausgaben in Kenntnis setzte. Schließlich gab Lord Grey offen zu ver-
stehen, daß das Ministerium gewagt hatte, dem Lande ohne Zustimmung 
des Parlaments Steuern aufzuerlegen, da die inzwischen gemachten großen 
Ausgaben doch auf die eine oder andere Weise gedeckt werden mußten und 
nicht hätten gedeckt werden können, ohne Geldbewilligungen zu miß-
brauchen, die für gänzlich andere Zwecke vorgesehen waren. 
Welche Antwort entlockte Lord Grey nun dem Kabinet t? Der Herzog 
von Newcastle, der vor allen anderen die Berechtigung des zweiten chine-
sischen Krieges Lord Palmerstons. angefochten hatte, antwortete zunächst, 
daß sich in den letzten Jahren „die äußerst vernünftige Praxis" heraus-
gebildet habe, „niemals ein Amendement zur Adresse einzubringen 
wenn nicht ein großes Parteiziel" erreicht werden solle. Da nun Lord Grey 
nicht von Parteimotiven getrieben wurde und angeblich nicht danach 
trachtete, Minister zu stürzen, um sich selbst an deren Stelle zu setzen -
was um alles in der Welt konnte er dann mit dem Eingreifen in die „äußerst 
vernünftige Praxis der letzten Jahre" beabsichtigen? War er so weltfremd, 
sich einzubilden, sie würden für etwas anderes als große Parteiziele eine 
Lanze brechen? War es weiterhin nicht offenkundig, daß Lord Palmerston 
von der konstitutionellen Praxis, an die sich Pitt und Canning so ängstlich 
klammerten, immer und immer wieder abgewichen war? Hatte dieser edle 
Viscount nicht 1831 in Portugal, 1850 in Griechenland, u n d - w i e der Herzog 
von Newcastle hätte hinzufügen können - in Persien, Afghanistan181 und 
vielen anderen Ländern auf eigene Faust Krieg geführt? Wenn das Paria-
ment Lord Palmerston erlaubt hatte, dreißig Jahre lang das Recht für sich 
in Anspruch zu nehmen, über Krieg, Frieden und Steuern zu bestimmen, 
warum sollte es dann plötzlich versuchen, mit dieser schon lange zur Ge-
wohnheit gewordenen Tradition zu brechen? Das konstitutionelle Recht 
mochte auf Seiten Lord Greys sein, doch das Gewohnheitsrecht war 
zweifellos auf Seiten Lord Palmerstons. Warumwil l man den edlen Viscount 
gerade jetzt zur Verantwortung ziehen, da er doch niemals vorher für ähn-
liche „vernünftige" Neuerungen bestraft worden ist? Der Herzog von 
Newcastle schien Lord Grey gegenüber wirklich recht nachsichtig zu sein, 
daß er ihn nicht der Rebellion beschuld'gte wegen seines Versuches, das 
langjährige Privileg Lord Palmerstons zu durchbrechen, nach Belieben 
über die Streitkräfte und das Geld Englands wie über sein Eigentum zu 
verfügen. 
Ebenso originell war die Art, wie der Herzog von Newcastle sich be-
mühte, die Rechtmäßigkeit der Peiho-Expedition zu beweisen. Es existiert 
ein englisch-chinesischer Vertrag aus dem Jahre 1843, der England alle 
Rechte einräumt, die das Himmlische Reich den meistbegünstigten Natio-
nen gewährt hat.'91 Nun hat sich Rußland in seinem kürzlichen Vertrag mit 
China das Recht ausbedungen, den Peiho zu befahren. Folglich waren nach 
dem Vertrag von 1843 die Engländer ebenfalls dazu berechtigt. Das, sagte 
der Herzog von Newcastle, könne er behaupten, „ohne erst besondere 
Beweise anführen zu müssen". Kann er das tatsächlich? Da ist einerseits 
der ärgerliche Umstand, daß der russische Vertrag gerade ratifiziert wurde, 
seine eigentliche Existenz daher erst in die Zeit nach der Peiho-Katastrophe 
fällt. Das ist natürlich nur ein ganz unbedeutendes hysteron proteron1 . 
Andererseits ist allgemein bekannt, daß der Kriegszustand sämtliche be-
stehenden Verträge suspendiert. Wenn die Engländer sich zur Zeit der 
Peiho-Expedition im Kriege mit den Chinesen befanden, so konnten sie 
sich natürlich weder auf den Vertrag von 1843 noch überhaupt auf einen 
Vertrag berufen. Befanden sie sich jedoch nicht im Kriege, so hat Palmer-
stons Kabinett sich angemaßt, ohne ausdrückliche Zustimmung des Parla-
ments einen neuen Krieg zu beginnen. Um der letzteren Alternative in 
diesem Dilemma zu entgehen, versichert der arme Newcastle, daß während 
der letzten zwei Jahre seit dem Kantoner Bombardement1 1 0 ' „zwischen 
England und China niemals Frieden geherrscht habe". Demnach habe das 
Ministerium die Feindseligkeiten nicht wieder begonnen, sondern nur 
weitergeführt, und demnach könne er sich auch ohne besondere Beweis-
1 Umkehren der natürlichen Reihenfolge 
führung auf Verträge berufen, die nur in Friedenszeiten wirksam sind. Und 
um den Reiz dieser sonderbaren Dialektik noch zu erhöhen, versichert 
gleichzeitig Lord Palmerston als Kabinettschef im Unterhaus, England 
habe sich während dieser ganzen Zeit „ niemals im Kriege mit China be-
funden". Das sei auch jetzt nicht der Fall! Zwar habe es Kantoner Bom-
bardements, Peiho-Katastrophen und englisch-französische Expeditionen 
gegeben, aber das sei kein Krieg, da ja nie eine Kriegserklärung erfolgt sei 
und da doch der Kaiser von China bis zum heutigen Tage gestattet habe, 
daß die Handelsgeschäfte in Schanghai ihren gewohnten Verlauf nähmen. 
Die Tatsache, daß er gegenüber den Chinesen alle internationalengesetz-
lichen Formalitäten bei einem Kriegsausbruch beiseite geschoben hat, führt 
Palmerston als Rechtfertigung dafür an, daß er auch die konstitutionellen 
Regeln gegenüber dem britischen Parlament nicht eingehalten hat, während 
sein Sprecher im Oberhaus, Earl Granville, „hinsichtlich Chinas" verächt-
lich erklärt, „die Befragung des Parlaments durch die Regierung" sei „ eine 
rein technische Angelegenheit". Die Befragung des Parlaments durch die 
Regierung eine rein technische Angelegenheit! Welcher Unterschied be-
steht denn dann noch zwischen dem britischen Parlament und dem fran-
zösischen Corps legislatif? In Frankreich ist es wenigstens noch der ver-
messene Erbe eines Nationalhelden, der es wagt, sich an die Stelle der 
Nation zu setzen, und der gleichzeitig allen Gefahren einer solchen Usur-
pation offen die Stirn bietet. In England aber sind es irgendein subalterner 
Sprecher, fein heruntergekommener Postenjäger, die anonyme Bedeutungs-
losigkeit eines sogenannten Kabinetts, die sich im Vertrauen auf die 
Beschränktheit des parlamentarischen Geistes und die irreführenden Er -
güsse einer anonymen Presse, ohne sich einer Gefahr auszusetzen, still 
und heimlich eine unverantwortliche Machtposition erschleichen. Man 
vergleiche einerseits den Aufruhr, den ein Sulla1111 heraufbeschwor, und 
andererseits die betrügerischen geschäftlichen Manöver des Direktors einer 
Aktienbank, des Sekretärs eines Wohltätigkeitsvereins oder eines Gemeinde-
schreibers, und man wird den Unterschied zwischen kaiserlicher Usurpation 
in Frankreich und ministerieller Usurpation in England begreifen. 
Lord Derby, wohl wissend, daß beide Parteien gleichermaßen daran 
interessiert sind, ministerielle Ohnmacht und Verantwortungslosigkeit auf-
rechtzuerhalten, konnte sich natürlich „nicht der strengen Auffassung des 
edlen Earls (Grey) über die Versäumnisse der Regierung anschließen". Er 
konnte sich nicht ganz der Beschwerde Lord Greys verschließen, daß 
„die Regierung das Parlament zusammenrufen und es um seine Meinung über die 
chinesische Frage hätte befragen müssen"; aber er „würde ihn durch seine Stimme ganz 
gewiß nicht unterstützen, sollte er auf einer Abstimmung über das Amendement be-
stehen". 
So wurde das Amendement nicht zur Abstimmung gebracht, und in 
beiden Häusern verpuffte die ganze Debatte über den chinesischen Krieg 
in groteske Komplimente, mit denen beide Parteien Admiral Hope über-
schütteten, weil er die englischen Streitkräfte so glorreich in den Dreck 
geführt hatte. 
Aus dem Englischen. 
Karl Marx 
Der neue Vertrag zwischen Frankreich 
und England 
[„New-York Daily Tribüne" 
Nr. 5868 vom 14. Februar 1860] 
London, 28. Januar 1860 
Der Handelsvertrag mit Frankreich wird dem Unterhaus nicht vor dem 
6. Februar vorgelegt werden. Man kann jedoch, trotz Herrn Gladstones 
feierlicher Warnungen, nach dem, was bei der Adreßdebatte geäußert 
wurde, was die französischen Zeitungen andeuten und nach den Gerüchten 
in London und Paris schon eine allgemeine Einschätzung dieses „süßen 
Wechselkindes" t l2 i wagen. Am Montag, dem 23. Januar, wurde der Vertrag 
in Paris ordnungsgemäß unterzeichnet. Rouher, der Handelsminister, und 
Baroche, ad interim1 Außenminister, waren die französischen Paten; auf 
seiten Englands führten Lord Cowley und Herr Cobden diese Funktion 
aus. Daß Herr Michel Chevalier - der ehemalige Saint-Simonist - die Hand 
im Spiele hatte und man in ganz Frankreich bedauert, daß Louis-Napoleon 
nicht den Takt besaß, dieser hervorragenden Persönlichkeit (nämlich Herrn 
Chevalier) zu gestatten, ihren Namen neben den seines englischen con-
frfere2 auf den Vertrag zu setzen, ist eine Nachricht, welche diese „hervor-
ragende Persönlichkeit" selbst geruhte, nach London zu senden und in die 
verschiedenen Freihandelsorgane setzen zu lassen. Was die Zeitungen je-
doch nicht wissen, ist, daß Pere Enfantin, der ehemalige Hohepriester des 
Saint-Simonismus, der Hauptakteur auf der französischen Seite war. Ist es 
nicht einfach erstaunlich, wie diese Saint-Simonisten, angefangen von 
P&re Enfantin bis zu Isaac Pereire und Michel Chevalier, sich in die ökono-
mischen Hauptstützen des Zweiten Kaiserreiches verwandelt haben! Aber 
kommen wir auf Herrn Chevaliers „englischen confrere", den ehemaligen 
Fabrikanten aus Lancashire, zurück, der sich natürlich nicht wenig geschmei-
chelt fühlte durch die Ehre, eigenhändig seine Unterschrift unter einen 
1 zeitweiliger - 2 Amtskollegen 
internationalen Vertrag setzen zu dürfen. Wenn man bedenkt, daß Verträge 
auf Gegenseitigkeit und Handelsverträge im allgemeinen, außer den Ver-
trägen mit Barbaren, von den englischen Freihändlern unter Führung von 
Herrn Cobden stets lauthals als schlimmste und perfideste Form des Schutz-
zollsystems gebrandmarkt. wurden, wenn man ferner bedenkt, daß der 
jetzige Vertrag, sogar vom Standpunkt der Gegenseitigkeit, ein ziemlich 
lächerliches Ubereinkommen scheint, und würden schließlich die poli-
tischen Ziele und Zwecke, welche der Vertrag verschleiern soll, richtig er-
wogen, könnten die Leute geneigt sein, Herrn Richard Cobden als das 
unschuldige Opfer einer Palmerstonschen Machenschaft zu bemitleiden. 
Jedoch gibt es noch eine Kehrseite der Medaille. Herr Cobden erhielt 
damals, wie allgemein bekannt, von den dankbaren Fabrikanten für seinen 
Erfolg bei der Durchsetzung der Antikorngesetze [13] ungefähröO 000 Pfd.St . 
Herr Cobden investierte den größten Teil in amerikanischen Aktien und 
verlor infolge der Krise von 1857 fast alles. Die Hoffnungen, die er noch 
hegte, als er sich auf seine Reise nach den Vereinigten Staaten begab, er-
wiesen sich als trügerisch. Herr Cobden kehrte als ruinierter Mann nach 
England zurück. U m zu einer nationalen Subskription aufzurufen, war ein 
nationaler Vorwand, irgendein Unternehmen notwendig, für das man die 
Reklametrommel rühren konnte, ein Unternehmen, das Herrn Cobden 
wieder als Schutzengel des Vereinigten Königreichs erscheinen lassen 
würde, „der Millionen einfacher Familien Wohlstand und Behaglichkeit 
sichert" . Der englisch-französische Vertrag nun war gerade das richtige 
dafür, und wie man aus den Provinzzeitungen ersehen kann, ist eine neue 
Subskription in Höhe von 40 000 Pfd.St . , die den großen Freihandels-
apostel für seine amerikanischen Verluste entschädigen soll, im Gange und 
stößt auf große „Sympathien". Zweifelsohne wäre jedoch, wenn Disraeli 
zum Beispiel dem Unterhaus einen solchen Vertrag vorgelegt hätte, Herr 
Cobden an der Spitze der Freihändler aufgestanden, um ein Mißtrauens-
votum gegen ein Kabinett zu beantragen, welches versucht, bei der Gesetz-
gebung in die verhängnisvollsten Irrtümer der unaufgeklärten Vergangen-
heit zu-verfallen. 
Aus der folgenden Tabelle kann die Anzahl der im Jahre 1958 von Eng-
land bei französischen Waren erhobenen Schutzzölle ersehen werden: 
Artikel Pfd. St . 
Körbe 
Butter 
Porzellan und Porzellanwaren 
2 061 
7 159 
1 671 
Artikel P f d . S t . 
Uhren 3 928 
Kaffee 4 311 
Eier 19 934 
Stickerei 5 572 
künstliche Blumen 20 412 
Obst 7 347 
Spitzen 1 858 
Stiefel, Schuhe und andere Lederwaren 8 883 
Handschuhe 48 839 
Musikinstrumente 4 695 
Chemisches Ol 2 369 
Papiertapeten 6 7 1 3 
Strohgeflecht für Hüte etc 11 622 
Seide 215 455 
Branntwein und andere Spirituosen 824 960 
Zucker 275 702 
Tee 14 358 
Tabak 52 696 
Taschenuhren 14 940 
Wein 164855 
Die meisten auf diese Weise erhobenen Zölle waren Schutzzölle wie 
die für Körbe, Uhren, Spitzen, Stiefel, Handschuhe, Seide etc. Andere, 
wie die Zölle auf Branntwein etc., waren höher als die englische Akzise auf 
britische Spirituosen und insofern Schutzzölle. Sogar Zölle mit rein fis-
kalischem Charakter, wie der Zoll auf Wein, könnten von einem konse-
quenten Freihändler als Schutzzölle betrachtet werden, denn es ist fast un-
möglich, bei einer ausländischen Ware Zoll zu erheben,