Buscar

Geo (DE) August 2017

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes
Você viu 3, do total de 148 páginas

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes
Você viu 6, do total de 148 páginas

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes
Você viu 9, do total de 148 páginas

Faça como milhares de estudantes: teste grátis o Passei Direto

Esse e outros conteúdos desbloqueados

16 milhões de materiais de várias disciplinas

Impressão de materiais

Agora você pode testar o

Passei Direto grátis

Você também pode ser Premium ajudando estudantes

Prévia do material em texto

Die Welt mit anderen Augen sehen
G G
Die Welt mit anderen Augen sehen
G GAUSGABE 08 2017
SCHARFER BLICK 
Das unterirdische
Riesenmikroskop
Lob der 
Unver nu nft
Die Wissens chaf t von 
unsere n Schwächen. 
Und warum sie eigentlich 
unsere Stärken sind
Dieser Glanz 
 erfreut sogar 
die Umwelt.
Gewohnt streifenfreier Glanz – und gut zur Umwelt. 
Denn die 99,9 % natürlichen Inhaltsstoffe tragen 
zur Schonung von Ressourcen und Gewässern bei.
Jetzt informieren auf www.sidolin-pronature.de
Dieser Glanz 
 erfreut sogar 
die Umwelt.
NEU
Besuchen Sie uns auf facebook.com/geomagazin 
oder schreiben Sie uns: briefe@geo.de
Herzlich Ihr
Christoph Kucklick
Liebe Leserin, lieber Leser,
Ollie, ein Staffordshire-Terrier aus Australien, ist seit 
wenigen Wochen der berühmteste Hund der Wissen -
schaft. Das bernsteinfarbene, sanftäugige Tier ist 
Redaktionsmitglied von gleich sieben wissenschaftli-
chen Zeitschriften geworden. In dieser Position hat 
Ollie die Aufgabe, Studien zu bewerten und zu prüfen, 
ob sie einer Veröffentlichung würdig sind. 
Zu dieser Ehre hat Ollies Besitzer, ein Medizin -
professor aus Perth, seinem Hund verholfen. Er hatte 
Ollie mit einem gefälschten, aber höchst durchsich-
tigen Lebenslauf ausgestattet: Dr. Olivia Doll interes-
siere sich besonders für die „Vorteile des Bauchkrau-
lens bei mittelgroßen Caninen“ und die „Auswirkung 
von Skateboards auf das Bewegungsverhalten von 
Hunden“. Das Bild auf der Bewerbung zeigte die Pop- 
Sängerin Kylie Minogue. Die Zeitschriften akzeptier -
ten Ollie alias Dr. Doll ohne Bedenken. 
Der Professor bezweckte mit der Finte zweierlei. 
Er wollte zum einen die Einfältigkeit von Forschern 
im Allgemeinen entlarven und im Besonderen die 
Schamlosigkeit jener Zeitschriften, die den größten 
Mist veröffentlichen, wenn die Autoren dafür (viel) 
Geld bezahlen. Von solchen Magazinen gibt es leider 
immer mehr. 
Auch die Wissenschaft ist also nicht vor Däm -
lichkeit gefeit – jenem Phänomen, dem wir unsere 
Titelgeschichte widmen. Eine exakte Definition ist 
weder möglich noch nötig: Dummheit, Quatsch, Ese -
lei, Unvernunft – die Bezirke menschlicher Torheiten 
überlappen sich. 
Sie produzieren haarsträubende und oft schmerz -
haft komische Geschichten, wie Ute Eberle ab Sei-
die Evolution ein derart nachteiliges, nämlich zuwei-
len tödliches Verhalten nicht längst ausgerottet hat? 
Die Antwort ist Teil einer großen Umdeutung 
des Menschlichen, die wir zunehmend erleben: Statt 
uns selbst, wie es die Aufklärung vorgegeben hat, als 
„Homo rationalis“ zu deuten, als Spezies von überlege-
ner Gedankenleistung und hoher Rationalität, fassen 
wir uns zunehmend als irrationale, unberechenbare 
und höchst emotionale Wesen auf. Und suchen darin 
eine Neubestimmung dessen, was den Menschen be-
sonders macht. 
Das Hirn wird, so der GEO-Kolumnist und 
Neurowissenschaftler Henning Beck im zweiten Teil 
der Titelgeschichte (Seite 65), immer mehr als Feh-
aber genau deswegen höchst kreativ ist. Der Geist ist 
kein kühler Rechner, sondern ein heißer Chaot. Und 
darin liegt seine Stärke. 
Ob Ollie einer Studie mit diesem Inhalt seinen 
Segen geben würde, ist nicht bekannt. Auch größere 
Mengen Leckerlis konnten sie bislang nicht zu einem 
Kommentar bewegen.
Wenn Forschung 
vor die Hunde 
geht: Terrier Ollie 
macht unter 
dem Pseudonym 
Karriere als Experte 
für medizinische 
Fachpublikationen. 
Ein Beweis dafür, 
dass auch die 
Wissenschaft nicht 
gegen Dämlichkeit 
gefeit ist
August 2017
Ti
tel
fo
to:
 T
im
 D
od
d, 
Bi
ldb
ea
rb
eit
un
g: 
Jo
hn
 G
rev
e
Editorial
GEO 08 2017 3
 32 DER FRIEDENSSUCHER IN DER WÜSTE
Agadez, im Norden des Niger, ist Schnittpunkt 
für: Tuareg, Flüchtlinge, US-Soldaten, Ent-
wicklungshelfer. Der Bürgermeister versucht 
den Frieden zu wahren.
Von Michael Stührenberg 
und Christopher Pillitz
 52 TITELTHEMA: LOB DER TORHEIT
Dummheit scheint unausrottbar. Obwohl 
 Unvernunft oft genug böse Folgen hat. Aber 
übersehen wir vielleicht etwas? Hat törichtes 
Verhalten womöglich auch gute Seiten? 
Plus: Warum die Schwächen des Gehirns 
 unsere Stärken sind. 
Von Ute Eberle und Henning Beck
 70 GÄRTNER GEGEN GRABOWSKI
Der Maulwurf, ein schaufelhändiger Tunnel-
bohrer, ist der natürliche Feind des gepflegten 
Grüns. Ein Bericht von der Rasenfront. 
Von Andreas Wenderoth und Solvin Zankl
 82 TROTZ UND VORURTEIL
Vor 25 Jahren brannte in Rostock-Lichten-
hagen ein Asylbewerberheim. Wie gehen die 
Menschen dort heute mit der Geschichte um?
Von Christoph Dorner, Birte Kaufmann und 
Ina Schoenenburg
 116 REICH DER GEISTER
Seit Menschengedenken wird Japan von 
rätselhaften Fabelwesen, Göttern und 
Dämonen heimgesucht, vorzugsweise zum 
Wechsel der Jahreszeiten. 
Fotos von Charles Fréger
52
Wer improvisieren muss, kommt oft auf dumme Ideen. Vor solcher 
Torheit schützt auch hohe Intelligenz nicht unbedingt. In manch einer 
Situation verhalten sich gerade die Schlauen besonders närrisch
82
Heute dominieren Senioren 
in Rostock-Lichtenhagen. 
Doch 1992, im Jahr der 
Krawalle, war der Stadtteil 
voller junger, wütender 
Menschen
32
Seit Jahrhunderten gilt 
Agadez, die Stadt mit dem 
markanten Minarett aus Lehm, 
als Tor zur Sahara. Jetzt gerät 
die Hauptstadt der Tuareg 
in einen strategischen Fokus – 
hält der Frieden im Sahel?
GEO 08 20174
Inhalt
August 2017
 128 SUPERLATIV IM TIEFPARTERRE
In Hamburg geht dieser Tage das modernste 
und leistungsstärkste Mikroskop der Welt in 
Betrieb – nach acht Jahren Bauzeit und 
mehr als 1,2 Milliarden Euro Kosten. Doch 
der Aufwand für das European XFEL hat 
sich gelohnt: Erstmals können Forscher damit 
den Tanz der Atome beobachten. 
Von Jürgen Bischoff und Heiner Müller-Elsner
 12 KOSMOS
 Unterwegs in einer Sari-Fabrik in Indien, 
bei Tölpeln vor den Shetlandinseln, auf Java 
und bei Schlangenbändigern in Italien
 21 HORIZONTE
 In Indien lernen Großmütter, Solaranlagen zu 
bauen. Auf den Falklandinseln schützen 
Minen Pinguine, und in Berlin schwimmen 
Fische unter Tomaten
 80 FORUM
 Empathie? Gefährlich!, warnt Fritz Breithaupt 
 103 361°
 Macht Aberglaube unverwundbar? 
Warum entspannen uns Naturgeräusche? 
Entsteht Parkinson im Darm? Antworten 
auf diese und weitere Fragen 
 144 GEO TELEVISION
 „Seefeuer“ – eine berührende Dokumentation 
über das Leben auf Lampedusa
 146 WELTBÜRGER
 Diesmal: Shahin Tivay Sadatolhosseini aus 
Aachen, unterwegs in den Iran
 6 Unterwegs
 8 Resonanz, Leserservice
 115 Impressum, Fotonachweise
 140 GEO Erleben
 142 Die Welt von GEO
 145 Vorschau
»Nie den Mut verlieren, Neues 
auszuprobieren! Etwas zu 
machen, ist wichtiger, als es 
perfekt zu machen«
H I R N F O R S C H E R H E N N I N G B E C K , S E I T E 6 5
Klein, niedlich, nervig: Wenn der 
Maulwurf das Grün umgräbt, treibt er 
Gärtner zur Verzweiflung 
70
Auftritt der 
Maskierten: Sie 
kommen, um 
zu verführen, zu 
mahnen oder 
zu strafen. Und sie 
geben den 
Japanern Anlass 
zum Feiern
116
Der Beschleuniger- 
tunnel im European XFEL: 
Hier werden Elektronen 
fast auf Lichtgeschwindig -
keit beschleunigt
128
5
Im Herz der Laserkanone
 Wer komplizierte Forschung in einer 
Reportage einfangen will, braucht einen 
langen Atem. Drei Jahre begleitete GEO- 
Redakteur Jürgen Bischoff (unten links) 
den Bau des Röntgenlasers European 
XFEL, Fotograf Heiner Müller-Elsner 
(rechts) sogar doppelt so lang. Als sie sich 
mit Harald Sinn, einem der leitenden 
Physiker, jüngst im 3,4 Kilometer langen 
Forschungstunnel am Hamburger Stadt -
rand trafen, hatte Müller-Elsner dort im 
Lauf der Recherche bereits etwa 25 000 
Fotos geschossen. Über die Jahre war bei 
dem GEO-Teamauch der Respekt vor 
den Menschen gewachsen, die diesen Rie-
senapparat geplant haben. „Eine Technik 
zu installieren, die auf einer Länge von 
3,4 Kilometern millimetergenau passt: 
Das“, findet Heiner Müller-Elsner, „ist 
schon eine ungeheure Leistung.“ Seite 128
Das Auge der Bundeswehr wacht überall 
Wie zwei GEO-Reporter im Niger in den Fokus der Truppe gerieten 
 Bevor die GEO-Reporter Christopher Pillitz (vorn) und Michael Stühren -
berg ins Aïr-Gebirge reisten, hatten sie eine bemerkenswerte Begegnung. „Vor 
unserer Abfahrt saßen wir in Agadez in einem Restaurant“, erzählt Stührenberg. 
„Da trat ein Mann an unseren Tisch und sagte: ‚Wir sind auf der Suche nach 
 einem Deutschen, der in Begleitung eines Briten reist. Das können nur Sie sein.‘“ 
Der Mann, Oberstleutnant der Bundeswehr, war vom deutschen Nachrichten -
dienst in Burkina Faso alarmiert worden: Der deutsche Tourist wolle versuchen, 
auf eigene Faust ins Aïr zu gelangen. Weil schon mehrfach Weiße im Niger von 
Islamisten gekidnappt worden seien, herrsche nun Aufregung. Stührenberg 
konnte den Offizier beruhigen: Für die Fahrt der Reporter am nächsten Morgen 
stand eine doppelte Militäreskorte der nigrischen Armee bereit. Seite 32
Reporterglück: ein Sperrmüllmöbelstück 
 Reporter verbringen ihr halbes Leben in Hotels. Aber als 
GEO-Autor Christoph Dorner drei Monate in Rostock-Lich -
tenhagen leben wollte, um ein Porträt des Stadtteils zu recher-
chieren, suchte er sich eine Wohnung. Dorner brachte Matrat -
ze, eine rollbare Kleiderstange, Kleidung und Küchenutensilien 
im Gepäck mit. Ein einfaches, aber brauchbares Regal fand 
sich im Sperrmüll in der Rostocker Innenstadt. Einen Tisch 
bekam er von einer Nachbarin, die sich gerade von ihrem 
 Partner getrennt hatte – und alles aus der Wohnung warf, was 
sie an ihn erinnerte. Weil in seiner frisch sanierten Platten-
bauwohnung kein Internetkabel verlegt war, half eine andere 
Nachbarin mit ihrem Router-Passwort aus: Dorner war im 
Netz – und auch gleich im Stadtteil selbst vernetzt. Seite 82 
Unterwegs
GEO-Reporter auf Recherche
GEO 08 20176
1 Renault Captur Life ENERGY TCe 90: Fahrzeugpreis 4 14.329,– € inkl. Renault Flex Plus Paket 2 im Wert von 540 ,– €. Bei Finanzierung: Nach Anzahlung 
von 1.670,– € Nettodarlehensbetrag 12.659,– €, 24 Monate Laufzeit (23 Raten à 129,– € und eine Schlussrate: 9.692,– €), Gesamtlaufleistung 20.000 km, 
eff. Jahreszins 0 %, Sollzinssatz (gebunden) 0 %, Gesamtbetrag der Raten 12.659,– €. Gesamtbetrag inkl. Anzahlung 14.329,– €. Ein Finanzierungsangebot 
für Privatkunden der Renault Bank, Geschäftsbereich der RCI Banque S.A. Niederlassung Deutschland, Jagenbergstraße 1, 41468 Neuss. Gültig bis 
31.08.2017.
Renault Captur ENERGY TCe 90: Gesamtverbrauch (l/100 km): innerorts: 6,0; außerorts: 4,5; kombiniert: 5,1; CO 2
Renault Captur: Gesamtverbrauch kombiniert (l/100 km): 5,6–3,6; CO 2-Emissionen kombiniert (g/km): 127–95 (Werte nach Messverfahren VO 
[EG] 715/2007).
2 2 Jahre Renault Neuwagengarantie und 3 Jahre Renault Plus Garantie (Anschlussgarantie nach der Neuwagengarantie) für 60 Monate bzw. 50.000 km
ab Erstzulassung gem. Vertragsbedingungen. 3 Enthalten ist ein Renault Wartungspaket, welches alle Kosten der vorgeschriebenen Wartungsarbeiten 
für die Vertragsdauer (60 Monate bzw. 100.000 km ab Erstzulassung) gemäß Vertragsbedingungen umfasst. Gültig für Privat-/ und Kleingewerbe-
kunden, für Kaufanträge bis 31.07. 2017 . 4 Abb. zeigt Renault Captur Intens mit Sonderausstattung. Renault Deutschland AG, Postfach, 50319 Brühl.
Renault CAPTUR
SUV à la Renault
Der neue
0 % Finanzierung 1 inkl. 5 Jahren Garantie 2
5 Jahre Wartung gratis 3
A U S G A B E J U N I 2 0 1 7
Titelthema Drogen
 Ich kann bestätigen, dass die gele-
gentliche Einnahme von Drogen für einen 
Erwachsenen nach meinen Wissen keine 
negativen Begleiterscheinungen hat. Als 
Rucksackreisender in Asien habe ich in 
Nepal das Rauchen mit Lungenzug ge -
lernt, bin aber dennoch kein Raucher ge-
worden. Später habe ich auch versehent-
lich eine etwas zu große Menge Haschisch 
gegessen (ich hatte keine Erfahrung), bin 
aber in keiner Weise süchtig geworden. 
Dann auf Bali habe ich Pilze zu mir 
 genommen. Ein wunderschöner Rausch. 
Gern denke daran zurück. In Deutschland 
habe ich nie das Verlangen gehabt, es zu 
wiederholen. Nur muss ich dazu auch er-
wähnen, dass junge Menschen bei einem 
starken Drogenkonsum offenbar Schäden 
erleiden können. In Tanger traf ich mal 
eine junge Frau, die hatte starke Wahn-
vorstellungen, nachdem sie als 16-Jährige 
einen knappen Monat im Rif-Gebirge in 
Marokko gewesen war und dort jeden Tag 
ihren Rausch gehabt hatte.
Eckar t Tardeck , v ia E-Mai l
Warum heißt Zopf »Zopf«?
 Sie brauchen gar nicht weit herum in 
Fremdsprachen zu suchen. In der Schweiz 
war dieses Wort als Haarschopf mindes-
tens in den 1960er und 1970er Jahren gang 
und gäbe. Und zwar quer durch die Gene-
rationen. Wir sagten damals im Bündne -
rischen Schweizerdeutsch-Dialekt: „Läck, 
hät da an Zopf!“ Ins Deutsche übersetzt: 
„Junge, Junge, hat der Haare!“ beziehungs-
weise „eine Mähne!“ oder „einen Haar-
schopf!“ Es ging dabei immer um die 
damals moderne wallende Hippie-Haar -
pracht und wurde vor allem auf Männer 
angewandt. Deren langes Haar war ja da-
mals völlig neu! Da diese Haarmode, wie 
für Mode üblich, gelegentlich verschwand, 
verschwand auch das Wort wieder. 
Br ig i t ta Helena F ischbacher , v ia E-Mai l
 Zum Beitrag über das Stottern eine 
Anmerkung und Frage. Ich vermisste dar-
in eine Beschäftigung mit folgendem Phä-
nomen: Man kann einen Text lesen, als ob 
man einen Vortrag hält, also durchaus mit 
Betonungen, Verzögerungen, bewusst ein-
gesetzten Pausen, um ein Publikum zum 
Nachdenken zu bewegen. Ja, auch Melo-
dien sind möglich – alles ohne einen 
Sprachmuskel zu bewegen und sich selbst 
durch den Ton des laut Gesprochenen 
quasi selbst zu kontrollieren oder dem 
Wort seinen Weg zu bahnen (wie im Text 
angedeutet, könnte eine winzige Zeitver-
zögerung zwischen Hören und Sprechen 
A U S G A B E M A I 2 0 1 7
Thema Stottern
 Danke, Vivian Pasquet und Olaf Ble-
cker, für den wunderbaren Artikel über das 
Stottern, das war Balsam für meine Seele. 
Ich fand mich sofort wieder in ihren Wor -
ten und Wahrnehmungen. Mein Stottern 
begann mit acht Jahren und wurde damit 
abgetan, dass eine Tante auch ziemlich 
heftig stotterte. Ein ganzes Leben „trick -
sen“ ist wirklich ziemlich anstrengend und 
mit sehr vielen Ängsten verbunden. Sogar 
geprügelt habe ich mich, weil ein Nach-
barsjunge mich hänselte wegen des Stot-
terns. Dafür bekam ich noch Strafe oben-
drauf. Im Laufe der Zeit entwickelte ich 
Witz und Charme, um vom Stottern ab -
zulenken. Die Bilder zeigen, wie einzigar-
tig schön 800 000 Menschen in Deutsch -
land sein können ...
Chr is ta Diedr ich , v ia E-Mai l
 Ihr Artikel hat mir sehr gefallen. 
Habe mich sehr oft darin wiedergefunden. 
Ich habe 1987 nach dem Abitur ein halbes 
Jahr stationäre Therapie nach dem Mon -
terey Fluency Program gemacht und hin -
terher auch nie wieder öffentlich so gespro- 
chen. Das Einzige, was half, war meine 
Ertaubung zehn Jahre später. Keine Sym-
ptome mehr! Als ich dann Cochlea-Im -
plantate bekam, kamen aber auch die 
Symptome wieder. Na ja, man kann nicht 
alles haben.
Ral f Janowsky, v ia Facebook
»Ich danke Ihnen für das ansprechende 
Titelbild der Juni-Ausgabe. Ich bin für 
die Legalisierung von Hanf! In Israel 
wird Hanf aus medizinischen Gründen 
schon in Seniorenheimen eingesetzt« 
M I C H A E L A W A L T E R , V I A E - M A I L
Drogen wie Hanf sind auch Heilpflanzen. 
Daher kämpfen Ärzte gegen das Totalverbot
GEO 08 2017
Resonanz
Ihre Briefe und E-Mails an GEO
8
Dienstreise Für die,die anders ticken.
ProMare Chronograph
Wir von Nautische Instrumente Mühle-Glashütteticken ein klein bisschen 
anders: Ein matschiger Waldweg, zwei Räder unterm Hintern, drei Kilometer 
Abstand zur nächsten Straße – das klingt für uns nach der idealen Dienstreise. 
Geht es Ihnen manchmal auch so? Genau deshalb fertigen wir Armbanduhren, 
die dies alles mitmachen.
Besuchen Sie unsere Webseite unter:
www.muehle-glashuette.de
G E O L E S E R S E R V I C E
A B O N N E M E N T - U N D 
E I N Z E L H E F T B E S T E L L U N G
ANSCHRIFT:
GEO-Kundenservice, 20080 Hamburg 
E-Mail: geo-service@guj.de
PERSÖNLICH ERREICHBAR:
Mo. bis Fr. 7.30 bis 20.00 Uhr, 
Sa. 9.00 bis 14.00 Uhr
TELEFON INNERHALB D:
040 / 55 55 89 90
Telefon außerhalb D: +49-40 / 55 55 89 90 
Telefax: +49-1805 / 861 80 02*
GEO-KUNDENSERVICE:
www.GEO.de/kundenservice
PREISE JAHRESABONNEMENT: 
90 € (D) | 99 € (A) | 156 sfr (CH) 
Preise für weitere Länder auf Anfrage erhältlich
B E S T E L L U N G V O N G E O - D V D S , 
K A L E N D E R N , B Ü C H E R N E T C .
GEO-Kundenservice, 74569 Blaufelden 
Hotline-Telefon: 040 / 42 23 64 27 
Hotline-Telefax: 040 / 42 23 66 63 
E-Mail: guj@sigloch.de
F R A G E N A N D I E R E D A K T I O N
Telefon: 040 / 37 03 20 73 
Telefax: 040 / 37 03 56 48 
E-Mail: briefe@geo.de
* 0,14 Euro/Min. aus dem deutschen Festnetz
Bevölkerung bei. GEO sollte unbedingt 
auch in Schulen als Unterrichtsmaterial 
ver wendet werden! Übrigens: Das verbrei-
tete Schädlingsbekämpfungsmittel Lizetan 
von Bayer darf noch immer als „nicht bie-
nengefährlich“ beworben werden – obwohl 
es Thiacloprid, ein Neonicotinoid, enthält. 
Bayer klagte sogar gegen den Umweltver-
ein BUND auf Unterlassung der Bezeich -
nung ihrer Produkte als „bienengefährlich“ 
– und verlor. Unglaublich, wie ein Konzern, 
geleitet von marktwirtschaftlichen Inter-
essen, so kurzsichtig agieren kann. 
Sebas t ian S teh le , v ia E-Mai l 
eine Ursache für das Stottern sein). Wie 
funktioniert dieses innerliche Sprechen bei 
einem Stotterer? 
Chr is t ian Hol land , v ia E-Mai
Anmerkung der GEO-Redakteurin 
Vivian Pasquet: „Gedanken stottern glück- 
licherweise nicht – Vorträge still einzu-
üben gelingt Stotternden deshalb fließend. 
Selbst laute Selbstgespräche sind möglich. 
Ein Hinweis darauf, dass Sprechen 
manchmal leichterfällt, wenn die Anfor-
derungen niedriger sind.“
Wald
 Nach Fichten-Monokulturen schaf -
fen wir nun Rotbuchen-Monokulturen. 
Der ALB (Asiatische Laubholzbockkäfer), 
mit Verpackungsholz als blinder Passagier 
aus China eingeführt, wird noch als Qua -
rantäne-Schädling eingestuft. Dort, wo er 
gesichtet wird, wird alles entlaubt. 
Fr i tz Ponschab , Wet t s te t ten
A U S G A B E M Ä R Z 2 0 1 7
Insektensterben
 Etwas verspätet möchte ich mich 
noch für den ausgezeichnet recherchierten, 
gut geschriebenen (und bebilderten!) Ar-
tikel über das wichtige Problem des Insek-
tensterbens bedanken. Im Vergleich zu 
inzwischen weit bekannten Bedrohungen 
wie Atomkraft und CO 2-Emissionen fris-
ten die Neonicotinoide wohl noch immer 
ein mediales Schattendasein. GEO trägt 
durch kritischen, fundierten Qualitätsjour -
nalismus immer wieder zur Aufklärung der 
An einem stürmischen Maitag gelang Leonhard von 
Guggenberg aus Oberbozen diese stimmungsvolle Aufnahme 
vom Völser Weiher in Südtirol. Mitmachen: geo.de/leserfoto
»Ines Possemeyers Artikel über den 
Wanderalbatros hat mich sehr berührt. 
Wundervoll geschrieben!«
J O H A N N A S T O L L , V I A E - M A I L
GEO 08 201710
DAS LESERFOTO DES MONATS
www.comdirect.de
Millionen Deutsche 
sparen ihr 
Erspartes kaputt
Zeit, das zu ändern. 
Mit cominvest, dem digitalen Anlageservice von comdirect.
• Klassisches Sparen hat ausgedient – legen auch Sie Ihr Geld in 
Wertpapieren an
• Mit cominvest unterstützen wir Sie – von der Vorauswahl der 
Wertpapiere bis hin zur kompletten Betreuung Ihrer Geldanlage
• Schnell, einfach und bequem online
Informieren Sie sich unter: 
www.deutschland-bankt-neu.de
GEO 08 201712
KOSMOS
Die Welt in Bildern
Unterwegs in einer indischen Sari-Fabrik, bei Tölpeln vor den Shetlandinseln, 
am Vulkan Bromo auf Java und bei Schlangenbändigern in Italien
I N D I E N
Im Griff
 800 Meter lang sind 
die Stoffbahnen dieser 
Sari-Manufaktur in Sanganer 
im indischen Bundesstaat 
Rajasthan. Damit sie nach 
dem Färben trocknen können, 
werden sie in Schlaufen über 
ein mehrere Meter hohes 
Gestell aus Bambus gehängt. 
Später werden sie zu Tüchern 
von etwa sechs Meter Länge 
zerschnitten: Viele Frauen 
in Indien tragen Saris noch 
heute als Alltagsgewand
13
GEO 08 201714
S C H O T T L A N D
Sturzflug ins 
Getümmel
 Wenn sich Basstölpel 
auf der Jagd nach Fisch ins 
Meer stürzen, erreichen 
sie Geschwindigkeiten von bis 
zu 100 Stundenkilometern. 
Der britische Meeresbiologe 
smith studierte das Verhalten 
der Meeresvögel fünf Jahre 
lang. Nur mit viel Geduld 
und Glück gelang ihm diese 
Nahaufnahme einer Gruppe 
von Tölpeln im Streit um 
Futter – unter Wasser vor 
den Shetland inseln 
15
16
I N D O N E S I E N
Im Schatten des 
Feuers
 Einmal im Jahr 
erklimmen Einheimische den 
Kraterrand des Vulkans 
Bromo auf der Insel Java: 
Zum Yadnya Kasada, einem 
hinduistischen Opferfest, 
werfen sie Reis, Früchte, Tiere 
und Geld in den Schlund des 
Vulkans, um die Götter zu 
besänftigen. Dennoch brach 
der Bromo 2016 über raschend 
aus und schickte seine Asche 
mehr als 1000 Meter hoch 
in den Himmel. Immerhin: In 
Gefahr geriet dabei niemand
GEO 08 2017 17
I T A L I E N
Geliebte Nattern
 Für eine Prozession 
tragen die Bewohner des 
italienischen Ortes Cocullo 
Schlangen herbei, um 
damit die Statue des heiligen 
Dominikus zu behängen. 
Er gilt in den Abruzzen als 
Schutzpatron der Bauern 
und Schäfer, angeblich soll 
er einen Drachen bezwun- 
gen haben. Jedes Jahr im 
Mai ehren ihn die Menschen 
daher mit einem Schlan -
genfest. Danach werden die 
Tiere wieder ausgesetzt
GEO 08 201718
19
Jetzt im Handel.
Das Extra für besondere Reisen. 
Aktualisierte 
Neuauflage
 Die Kinder tragen den roten Stern 
auf der Mütze, singen patriotische Lieder 
und heben beim Fahnenappell die Faust 
nas eröffnen „Rote Armee Schulen“. Dort 
werden Grundschüler im Sinne der kom
munistischen Führung ausgebildet: Sie 
erhalten Unterricht in „Roter Kultur“.
Landesweit gibt es bereits mehr als 
200 dieser Schulen. Kinder lernen dort, 
stolz auf ihr kommunistisches Erbe zu 
sein. Dazu studieren die Grundschüler die 
Geschichte der chinesischen Volksbefrei
ungsarmee: Während des sogenannten 
Langen Marsches flohen in den 1930er 
Jahren kommunistische Kämpfer vor den 
nationalistischen Truppen Chinas. Inner
halb eines Jahres legten sie 12 000 Kilo
meter durch unwegsames Gelände zurück. 
Etwa 90 Prozent der Soldaten starben 
oder desertierten bei den Gewaltmärschen.
Dem späteren Diktator Mao Zedong 
ebnete der Lange Marsch den Weg an die 
Macht. In den Rote Armee Schulen wird 
die verlustreiche Militäroperation zum 
Heldenmythos verklärt: Kinder feiern die 
Soldaten in Gedichten und Aufsätzen.
Vor zehn Jahren entstanden die ersten 
dieser Schulen, gegründet meist von Nach 
fahren der damaligen Kämpfer; oft Mit
glieder der oberen Politkaste. Sie wollen, 
in einer Zeit der rasanten Modernisierung 
des Landes, die Erinnerung wachhalten an 
die Entbehrungen.
C H I N A
Kleine Kinder, 
großer Führer
Ganz alte Schule: In China 
lernen Grundschüler, stolz auf ihr 
kommunistisches Erbe zu 
sein – an eigens dafür eröffneten 
Rote-Armee-Schulen
Für die Schüler sei 
der »Geist der Roten 
Armee« ein echter 
Gewinn, sagt ein Schul- 
leiter: »Er lehrt sie, 
hart zu arbeiten und 
genügsam zu sein«
GEO 08 2017
Horizonte
Unterwegs inder Welt
21
 Frischer Tilapia? In Berlin kein Pro-
blem. Dort kommt der Speisefisch bereits 
wenige Stunden nach seinem Fang in die 
Kühltheken der Stadt. Denn der Bunt -
barsch stammt aus einer Aquafarm, die im 
Zentrum der Metropole belegen will, dass 
sich Fischzucht auch nachhaltig gestalten 
lässt: Die Öko-Farm im Bezirk Schöne -
berg produziert nicht nur 30 Tonnen Fisch 
pro Jahr, sondern düngt mit den Ausschei-
dungen der Tiere auch noch die Beete des 
firmeneigenen Gewächshauses. Darin ge-
deihen Tomaten, Kräuter und Salat.
Aquaponik heißen derartige Farmsys-
teme: Fischzucht und Gemüseanbau wer -
den dort parallel betrieben. Spezielle Filter, 
die mit Bakterien besetzt sind, reinigen 
dabei das Brauchwasser der Tiere und 
wan deln deren Ausscheidungen in Pflan-
zendünger um. Das gereinigte Wasser 
fließt zurück zu den Fischen in die Becken. 
Der Bedarf an Frischwasser wird so 
drastisch gesenkt: Forscher des Leibniz- 
Instituts für Gewässerökologie und Bin-
nenfischerei haben eine Anlage entwickelt, 
die täglich nur drei Prozent des Wassers 
ersetzen muss – weltweit ist sie damit 
technisch führend. Gleichzeitig schonen 
die neuen Fischfarmen die Natur, weil sie 
keinen Tierkot mehr in die Umwelt ablei -
ten. Klassische Aquakulturen gelten auf-
grund ihres Abwassers dagegen als ökolo-
gisch bedenklich.
Städte und Kommunen anderer Län -
der holen sich Rat bei den Entwicklern in 
Deutschland: Ähnliche Fischfarmen ent -
stehen nun zum Beispiel auch in China, 
Belgien, der Schweiz und Spanien.
Angeln und Ernten unter einem Dach
Aquafarmen gelten als Dreckschleudern in Meeren und Flüssen. Doch nun entstehen in immer mehr 
Großstädten nachhaltige Anlagen: Sie produzieren nebenbei auch noch Gemüse
 Ab sofort haben viele südkoreanische Supermarktkunden 
die Wahl: Sie können sich ihr Wechselgeld in barer Münze 
auszahlen oder den entsprechenden Betrag auf Prepaid-Karten 
buchen lassen – mit denen können sie dann zum Beispiel 
Tickets im öffentlichen Nahverkehr lösen. 
Ist das Pilotprojekt, das bisher nur in ausgewählten Märk-
ten läuft, erfolgreich, will die koreanische Zentralbank auch 
Wechselgeldbuchungen direkt auf private Bankkonten zulas-
sen. Laut einer Umfrage der Zentralbank tragen zwei Drittel 
der Südkoreaner ohnehin kein Kleingeld mehr am Körper, 
zudem unterstütze die Hälfte der Befragten die komplette 
Abschaffung aller Münzen.
S Ü D K O R E A
KLEINGELD? SO GUT WIE 
ABGESCHAFFT
Die südkoreanische Nationalbank will alle Münzen 
abschaffen. Gezahlt wird mit ihnen sowieso kaum noch
Die Produktion der Münzen kostet den südkoreanischen 
Staat pro Jahr umgerechnet etwa 42 Millionen Euro. Dieser 
Aufwand stehe nicht im Verhältnis zum Gegenwert der Mün -
zen, so die Nationalbank. Die kleinste koreanische Münze ist 
zehn Won wert, etwa 0,008 Eurocent. Und der kleinste korea -
nische Schein entspricht nur knapp acht Eurocent.
Nur noch Spielgeld? Kinder in Seoul zwischen 
Riesenplastikmünzen
Nachhaltig und vorbildlich: Fischzucht 
und Tomatenanbau in einem
GEO 08 2017Horizonte22
N A C H H A L T I G K E I T
* One-way Komplettpreis inkl. Steuern und Gebühren. 
Condor Flugdienst GmbH, Condor Platz, 60549 Frankfurt am Main
ab
€ 27999 *
nonstop
Der Flug
der 
Karibik.
Wenn fliegen, dann besonders.
 Mit 150 Stundenkilometern in die Kurve: Wer zum ersten Mal 
Bilder von einem Drohnenwettkampf sieht, dem wird schwindelig. 
Die kleinen Fluggeräte haben einen Parcours zu meistern, der aus 
engen Gängen, steilen Schächten und überraschend auftauchenden 
Hindernissen besteht. Spektakuläre Crashs gehören mit zur Show. 
Drohnenrennen entwickeln sich zum Massensport. Ende Juli 
wird das Finale der Weltmeisterschaft aus London in 75 Länder über- 
tragen. Online oder am Fernsehgerät verfolgten im vergangenen Jahr 
73 Millionen Menschen allein die Wettkämpfe der Drone Racing 
League, der ersten Profiliga für Drohnenpiloten. Sie wurde vor zwei 
Jahren in den USA als Privatunternehmen gegründet und vermark -
tet seitdem die neue Sportart als globales Medienereignis.
 Die Drohnen werden eigens für die Rennen entwickelt und 
sind besonders bruchfest. Kameras liefern Flugvideos in HD-Qua -
lität für die Zuschauer. Dem Piloten am Boden senden sie Live-Auf -
nahmen in geringerer Auflösung auf spezielle Brillen.
 Nun will das Unternehmen Wettkampfdrohnen für Kinder 
entwickeln – so wäre auch für Nachwuchssportler gesorgt.
U S A
JETZT AUCH FÜR PROFIS: 
DROHNENRENNEN
Millionen Fans verfolgen Wettkämpfe der Mini-Fluggeräte
Nur an der Farbe zu 
unterscheiden: In der 
Drohnenliga treten 
alle Piloten mit iden- 
tischen Modellen an
 Auf den ersten Blick erinnert die 
Szene an eine Schneiderei; allerdings 
halten die Frauen Lötkolben, Zangen, 
Drähte und elektronische Schaltkrei
se in den Händen – denn sie werden 
gerade in einer Zukunftstechnologie 
des 21. Jahrhunderts geschult. 
sthan im Nordwesten Indiens lernen 
Frauen aus der ganzen Welt jeweils 
sechs Monate lang, wie man Solarmo
dule installiert und wartet. 
Mit diesem Wissen sollen sie an
schließend ihre Familien und Gemein 
den mit günstigem Strom versorgen, 
I N D I E N
SOLAR 
FÜR DIE 
WELT 
In einem Bildungszentrum 
in Rajasthan lernen arme 
Frauen aus aller Welt, 
Solar anlagen zu montieren . 
Das bewirke mehr, als 
Ingenieure in die Provinz zu 
schicken, gl a ubt man dort
unabhängig von staatlicher Infrastruk
tur. Oder, wie es in der Selbstbeschrei
bung des Colleges heißt: „Wir bilden 
Frauen aus, die Licht und Bildung in 
ihre Dörfer tragen.“
Gegründet wurde das Zentrum 
für Sozialarbeit und Forschung, wie 
sein offizieller Name lautet, bereits vor 
45 Jahren. Zu Beginn lag der Fokus 
noch auf Techniken der Wasserversor
2
1
3
1 Eine Frau baut einen elektrischen Schaltkreis zusammen
2 Konsequent bis ins Detail: Im »Barefoot College« wird 
ausschließlich mit Sonnenenergie gekocht
3 Aus diesem Klotz soll ein Solar-Backofen entstehen
GEO 08 2017Horizonte24
ERLEBEN SIE DIE ARKTIS
IN JEDEM STECKT EIN ENTDECKER
Jetzt gratis Katalog bestellen: www.hurtigruten.de/kataloge
Hurtigruten GmbH · Große Bleichen 23 · 20354 Hamburg
— Und Spitzbergens 
wahre Herrscher.
der norwegischen 
Arktis. Begegnen Sie ihrem König: 3.000 Eisbären 
leben hier – mehr als es Menschen gibt. Erleben Sie die 
Natur so nah wie möglich, an Bord von Hurtigruten, 
Willkommen an Bord!
hu
tte
rst
oc
k
gung. Sein Erfinder, der indische Bil-
dungsaktivist Sanjit „Bunker“ Roy, 
möchte „mit dem College zeigen, wie 
öffentliche Bildungseinrichtungen an 
Bedürfnissen der Menschen vorbei 
arbeiten“, sagt der heute 71-Jährige. 
Denn es genüge nicht, ausschließ-
lich Eliten auszubilden, die ihren Hei -
matländern womöglich den Rücken 
kehrten. Stattdessen müsse man auch 
einfache Menschen in die Lage ver-
setzen, sich selbst zu helfen.
Deswegen setzt das Barefoot Col-
lege auf eine niedrigschwellige Aus-
bildung: Unterrichtet wird in erster 
Linie in Zeichensprache, das soll 
Sprachbarrieren überwinden. Teilneh-
men können Frauen jeden Alters. So 
haben seit den 1990er Jahren auch 
rund 150 Großmütter aus 28 Ländern 
die Solar-Trainings durchlaufen. Die 
Stipendien der Frauen werden unter 
anderem von der indischen Regierung 
übernommen. Insgesamt sind durch 
das Projekt bereits 1300 Dörfer mit 
Solaranlagen versorgt worden.
Dass er ausschließlich Frauen 
ausbilde, hat einen Grund, verrät Bun-
ker Roy: Männer seien rastlos. Sobald 
sie einen Abschluss in der Hand hiel-
ten, wollten sie ihr Dorf verlassen und 
einen Job in der Stadt finden. Frauen 
dagegen seien eher geneigt, die Pro-
ble me vor Ort zu lösen. Fo
tos
: J
or
di 
Pi
za
rro
4
5
4 Sechs Monate dauert die Ausbildung; unterrichtet wird 
per Handzeichen – das überwindet Sprachbarrieren5 Nach der Ausbildung sollen die Frauen in ihren Dörfern 
Solaranlagen konstruieren und selbstständig warten
GEO Vorteilsabo
Christoph Kucklick, 
Chefredakteur GEO
Von großen Veränderungen und kleinen Visionen.
Jetzt GEO frei Haus lesen oder verschenken und attraktive Vorteile sichern.
GEO ist Deutschlands größtes Reportage-Magazin: 
neugierig und offen, berührend und engagiert. Sehen 
Sie die Welt mit anderen Augen.
Herzlichst 
Ihr
WUNSCH-PRÄMIE ZUR WAHL 
Zur Begrüßung als Dankeschön.
JEDERZEIT KÜNDBAR 
Nach Ablauf des 1. Jahres.
BEQUEM 
Kostenlose Lieferung nach Hause.
EXKLUSIVE RABATTE 
Nur für unsere Abonnenten:
 – eUpgrade: Unterwegs digital lesen, 
für nur 1,– € pro Ausgabe zusätzlich. 
Mehr unter www.geo.de/eUpgrade
 – GEOcard: Bis zu 50 % Ersparnis 
bei allen GEOcard-Partnern unter 
www.geo-card.de
 – GEO-Welt: 10 % Ersparnis auf alle 
GEO-Wandkalender u. v. m. unter 
www.geo.de/rabatte
Dies ist ein Angebot der Gruner + Jahr GmbH & Co KG, Am 
Baumwall 11, 20459 Hamburg. Belieferung, Betreuung und 
Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils 
Oberschelp (Vorsitz), Christina Dohmann, Dr. Michael Rathje, Am 
Sandtorkai 74, 20457 Hamburg, als leistenden Unternehmer.
+
+
+
+
online mit noch mehr Angeboten: 
www.geo.de/abo
per Telefon (bitte die Bestell-Nr. angeben): 
selbst lesen: 159 8607 / verschenken: 159 8608 / als Student lesen (exkl. Prämie): 159 8609
+ 49 (0) 40 / 55 55 89 90
1 Jahr GEO-Magazin für nur 90,– € bestellen – Karte abschicken oder 
PRÄMIE 
zur Wahl
2. GEO-Bestseller
Informativ und spannend.
• „Die Heilkraft der Sonne“
• „Zucker – der süße Konfliktstoff: Wie gefährlich ist er?“
Ohne Zuzahlung
4. Wetterstation „Frame“
Das Wetter auf einen Blick. 
• Uhr, Alarmfunktion, Hygro- und Thermometer
• Mit massivem Echtholzrahmen 
• Maße: ca. 30 x 14,5 x 4,5 cm
Zuzahlung: nur 1,– €
5. HALFAR Rucksack „Urban“, dunkelblau
Moderner Notebook-Rucksack in coolem Design.
• Gepolstertes Hauptfach
• Praktische Vortasche und 2 flache Einsteckfächer
• Maße: ca. 32 x 41 x 15 cm
Zuzahlung: nur 1,– €
3. Schraubendreher-Set, 49-teilig
Ideal für jeden Heimwerker. 
• Inhalt: 4 Kreuzschlitzschraubendreher, 4 Schlitz -
schraubendreher, 8 Feinmechaniker-Schrauben- 
dreher, 1 Bitadapter und 32 Bits
Zuzahlung: nur 1,– €
DANGER
MINES
 Es war ein kurzer Krieg – mit dra-
matischen Folgen. Am 2. April 1982 be-
setzten argentinische Truppen die Falk-
landinseln; nach nur 74 Tagen eroberte 
Großbritannien den Felsenarchipel vor der 
Küste Argentiniens zurück. 
Da waren 907 Menschen tot. Außer -
dem hatte das argentinische Militär mehr 
als 20 000 Landminen auf den Inseln ver -
graben, um die Gegenoffensive der Briten 
zu verschleppen. Weil viele der Spreng- 
sätze noch immer scharf sind, bleibt der 
Krieg bis heute sichtbar. Einige Küsten-
abschnitte sind seit 35 Jahren abgesperrt 
und für Menschen nicht zugänglich.
Das soll sich ändern. Experten aus 
Simbabwe haben im Auftrag der briti -
schen Regierung seit 2009 bereits gut 
sieben Quadratkilometer von den Minen 
befreit. In einigen Jahren sollen mehr als 
70 Sperrzonen vollständig geräumt sein. 
Doch jetzt regt sich Protest gegen die 
bereits angelaufene „Phase 5“ der Räu-
mung – von Naturschützern.
Denn aus einigen der Kriegsgebiete 
von einst sind mittlerweile faktisch Natur-
reservate geworden. Als besonderes wert-
volles Ökosystem gilt ausgerechnet jener 
Küstenabschnitt, an dem die argentini-
schen Truppen einst zuerst landeten: In 
der Yorke Bay wachsen wieder viele der 
auf den Inseln ursprünglich heimischen 
Pflanzen. Außerdem verbringen seit Jahr-
zehnten Kolonien von Magellan- und 
Eselspinguinen die Sommermonate in der 
Bucht. Ihr Gewicht von höchstens 7,4 Ki-
logramm reicht nicht aus, um die Minen 
zur Detonation zu bringen. 
In deren Schutz sind die Pinguin-Po -
pulationen auf Rekordzahlen angewachsen. 
Nun könnte der Lebensraum der Vögel 
durch die Minenräumung zerstört werden. 
Da müsse man abwägen, findet Paul 
Brickle, Direktor des South Atlantic Envi-
ronmental Research Institute: „Was würde 
es bringen, wenn man diese Minen heute 
entfernt?“
Zwar ist kein Zivilist je durch eine der 
Minen verletzt worden. Und den rund 
3000 Bewohnern der Inseln wäre es auch 
lieber, die Sprengsätze blieben, wo sie sind. 
Das behauptet jedenfalls eine Abgeordne-
te des Lokalparlaments. Aber mit ihrem 
Beitritt zum Abkommen von Ottawa hat -
te sich die britische Regierung 1997 ver-
pflichtet, alle Minen auf ihren Territorien 
zu räumen. 
Die Folgen einer Räumung wären 
gravierend. Weil viele Sprengkörper nicht 
mehr exakt dort liegen, wo die Argentinier 
sie auf ihren Karten einst eingezeichnet 
hatten, müsste die gesamte Dünenland -
schaft vielleicht sogar mit gepanzerten Ma- 
schinen umgegraben werden. Dann wäre 
das Ökosystem zerstört – und der Krieg 
hätte die Bucht nach über 30 Jahren doch 
noch in ein Trümmerfeld verwandelt.
F A L K L A N D I N S E L N
PARADIES IM 
MINENFELD
In gesperrten Strandabschnitten 
auf den Falklands leben Tausende 
Pinguine. Ihr Lebensraum ist 
bedroht – denn die Sprengsätze 
müssen geborgen werden
In der Yorke Bay landeten
einst argentinische Truppen, 
heute geht es friedlicher zu
GEO 08 2017Horizonte28
 Vor zwei Jahren studierte die Niederländerin Marije de 
Groot, heute 23, in Istanbul. Nach dem Semester brach sie mit 
zwei Freunden von Antalya aus auf eine Wanderung auf. Doch 
schon am ersten Tag kamen sie von der Strecke ab.
GEO: Frau de Groot, wie ist das passiert?
MARIJE DE GROOT: Es war ein schöner Tag, wir waren am Strand 
und sind spät aufgebrochen. Irgendwann war es komplett dunkel, 
und wir konnten die Lichter unseres Zielorts immer noch nicht 
ausmachen. Da haben wir eine dumme Entscheidung getroffen.
Sieben Tage lang verschollen 
Es war keine schwierige Route. Doch eine einzige falsche Entscheidung kostete drei 
Erasmus- Studenten beim Wandern in der Türkei beinahe das Leben
Was haben Sie getan?
Wir sahen die Lichter eines Dorfes am Strand und dachten: „Das 
Meer ist nah, wir schlagen uns zur Küste durch.“ Doch irgend-
wann ging es nicht weiter, der Weg endete an einem Abgrund. 
Wir übernachteten dort, im Freien.
Und fanden nicht mehr zurück?
Am nächsten Tag fing es an zu regnen. Sehr heftig und sehr lang. 
Auf einmal verwandelte sich das leere Flussbett, an dem wir uns 
orientiert hatten, in viele kleine Flüsse, die in unterschiedliche 
Richtungen liefen. Ab diesem Moment hatten wir uns verirrt, 
außerdem war es sehr kalt. Wir suchten in einer Höhle Schutz.
Wie lange blieben Sie dort?
Zwei oder drei Tage, genau kann ich es nicht sagen, die Zeit 
verschwimmt, wenn ich zurückdenke. Irgendwann merkten wir: 
Wenn wir hier sitzen bleiben, kommen wir nie mehr nach Hau -
se. Wir liefen los, versuchten, auf höher gelegene Punkte mit 
Handy-Empfang zu gelangen.
Wann spürten Sie zum ersten Mal Hunger?
Vor allem am dritten Tag fühlte ich mich schwach und hungrig, 
danach ging es merkwürdigerweise besser. Vielleicht merkte ich, 
wie nutzlos es war, mich auf den Hunger zu konzentrieren. Ich 
habe auch immer wieder eine Art wilde Bohnen gegessen.
Mehr Essbares gab es nicht?
Ich vertrug die Bohnen gut, deshalb bin ich bei ihnen geblieben. 
Einem meiner Freunde wurde von ihnen übel, er hat dann In -
sekten gegessen. Wasser gab es zum Glück genug.
Woher wussten Sie, wie man sich in der Wildnis verhält?
Ein paar Tricks kannten wir aus Überlebenssendungen aus dem 
Fernsehen. Wir urinierten in Flaschen, um uns an ihnen zu wär -
men. Und ich hatte irgendwo aufgeschnappt, dass der Mensch 
sieben Tage ohne Nahrung auskommen kann. Das hat mir Mut 
gemacht.
Wie wurden Sie gerettet?
Am siebten Tag probierten wir ein letztes Mal unsere Telefone. 
Eigentlichwaren die Akkus längst leer, doch wie durch ein Wun-
der funktionierte eines trotzdem. Wir beschrieben die Gegend, 
alles, woran wir uns erinnern konnten. Am nächsten Tag wurden 
wir entdeckt und per Seil in einen Hubschrauber gezogen.
Dachten Sie an einem Punkt auch einmal: „Wir schaffen 
es nicht mehr zurück“?
Ja, vor allem am Ende. Da halluzinierten wir schon, ich hörte 
Menschen singen und verstand erst nach Stunden, dass das über -
haupt nicht möglich war. Doch immer, wenn einer nicht mehr 
konnte, haben die beiden anderen ihn wieder aufgebaut. Ich 
glaube, das hat uns gerettet.
Am Ende ging das 
Abenteuer für 
Marije de Groot 
glücklich aus
Au
tor
en
 K
os
mo
s +
 H
or
izo
nte
: F
erd
ina
nd
 D
yc
k, 
Je
nn
y N
ied
ers
tad
t
GEO 08 2017Horizonte30
W I E W A R ’ S ?
Mehr spannende 
Geschichten auf 
www.kfw.de/stories
kfw.de
zur Datenautobahn? Die KfW fördert 
die Digitalisierung.
In den Jahren 2013 bis 2015 haben 83 % der deutschen Mittelständler Digitalisierungsprojekte durch-
geführt. Als eine der weltweit führenden Förderbanken unterstützt die KfW Unternehmen bei der 
Digitalisierung – z. B. bei der Industrie 4.0. Denn automatisierte und digital vernetzte Systeme fördern 
nachhaltig zu verbessern.
Mehr erfahren: www.kfw.de/stories/digitalisierung
Das Aïr-Gebirge: Wer hier herrscht, kontrolliert 
die Routen für Migranten, Schmuggler, Abenteurer. 
Weil sich Islamisten in der Region breitmachen, 
bauen die USA nun einen Drohnenflughafen. 
Wird der Sahel bald zum Schlachtfeld? Ein Mann 
stellt sich der drohenden Eskalation entgegen
Der 
Friedenssucher 
in der Wüste
N I G E R
Text: Michael Stührenberg, Fotos: Christopher Pillitz
Rhissa Feltou, Bürgermeister 
von Agadez, kontrolliert 
die Lage im Aïr-Gebirge. In 
der glutheißen Gegend haben 
sich früher Aufständische 
verschanzt, etwa der Tuareg -
führer Mano Dayak, dessen 
Sohn Mawli, ganz in Weiß, nun 
den Bürgermeister begleitet
32
GEO 08 2017 33
Als Rhissa Feltou im Wadi 
Tiden ankommt, einem 
Trockental im Aïr-Gebirge, 
wird er von den Tuareg 
mit Gastfreundschaft empfan -
gen. Doch er kann sich der 
Unterstützung der Nomaden 
nicht sicher sein. Sie haben 
in seinem Kampf gegen 
Schmugg ler viel zu verlieren 
GEO 08 201734
35
Vor wenigen Jahren verdienten 
die Einwohner von Agadez 
gut an den Migranten. Seit die EU 
den Kampf gegen Menschen -
schmuggler unterstützt, suchen 
manche neue Geldquellen: Sie 
machen sich auf in die Wüste, um 
dort nach Gold zu graben GEO 08 2017
37
In der verwinkelten Altstadt 
von Agadez sind auch 
tagsüber Frauen in bunten 
Gewändern zu sehen. Vom 
fanatischen Islam, den 
die Salafisten-Brigaden in 
der Region propagieren, 
halten die meisten Bewohner 
der Stadt wenig GEO 08 2017
39
K Ö N N T E N H I E R R E B E L L E N Ü B E R L E B E N ? 
Rhissa Feltou, der Bürgermeister von Agadez, blickt in 
die höllische Landschaft des Aïr: schwarze Kiesel, schwar- 
ze Felsbrocken, schwarze Berge – ein gewaltiger Back-
ofen aus Basalt. 
Der Wind: so erfrischend wie der Hauch eines 
Schweißbrenners. 
43 Grad heiß soll es an diesem Tag im Norden Ni-
gers werden. 43 Grad im Schatten, doch davon gibt es 
keinen. Nicht ein Baum, so weit das Auge reicht. Nur 
hier und da ein Dornbusch von so kläglicher Belaubung, 
dass nicht einmal ein Wüstenfuchs unter ihm Schutz vor 
der Sonne suchen würde.
Rhissa Feltou sieht aus, als hätte ihn ein 
zorniger Dschinn aus seinem Rathaus entführt 
und in diesem verbrannten Nichts ausgesetzt. 
Sein boubou, sein pfirsichfarbenes Gewand, lässt 
ihn doppelt so breit wie in Wirklichkeit erschei -
nen, fast übernatürlich. Fährt der Wind darun -
ter, bläht er den boubou auf wie einen Ballon. 
Als könnte der Bürgermeister jeden Augenblick 
davonfliegen. 
„Glaubst du, Rebellen könnten es hier aus-
halten?“, wiederholt Rhissa Feltou seine Frage. 
Hier im Aïr, einem Gebirge größer als die Niederlande 
und Belgien zusammen? 
Kaum vorstellbar, sich in dieser Einöde durchzu-
schlagen. Dennoch: Mit Unterstützung von Nomaden 
aus den Wadis, den Trockentälern der Sahara, könnten 
Aufständische sich tatsächlich in diesen Bergen einnisten. 
Das weiß ich aus eigener Erfahrung. 
Vor einem Vierteljahrhundert habe ich hier einige 
Zeit mit Tuaregrebellen verbracht, die einen aussichts-
losen Kampf um ihre Unabhängigkeit ausfochten. Die 
Regierungstruppen wagten sich damals nicht ins Aïr- 
Gebirge. Manchmal näherten sie sich über die offene 
Sandwüste Ténéré, wo sie mit ihren Pick-ups 
und Panzerwagen im Notfall schnell die Flucht 
ergreifen konnten. Am Fuß der Berge angekom-
men, feuerte die Armee mit Artillerie blind in 
die Richtung, wo sie unser Lager vermutete. Ver- 
gebene Mühe. 
Doch heute ist alles anders.
Es gibt einen Grund dafür, dass wir uns an 
diesem brennend heißen Tag aufgemacht haben 
ins Aïr-Gebirge: Rhissa Feltou will sich einen 
Eindruck von diesem Terrain verschaffen, das 
schon bald wieder zu einem Schlachtfeld wer-
den könnte. 
Denn in allen Ecken der Region sammeln 
derzeit die Islamisten Anhänger für ihre Truppen. Und 
am Stadtrand von Agadez baut die US Army nun, fast 
unbemerkt von der Weltöffentlichkeit, eine riesige Mi-
litärbasis, die – nach Dschibuti – vermutlich zweitgrößte 
in Afrika. 
Das investigative Internetportal „The Intercept“ 
meldet, in Agadez sollen Drohnen vom Typ MQ-9 Rea -
per in Stellung gebracht werden. Niger ist demnach das 
einzige Land in Nordwestafrika, das der Stationierung 
dieser Reaper-Drohnen zugestimmt hat. 
Der Reaper, auf deutsch „Sensenmann“, ist eine flie-
gende, unbemannte Kampfmaschine, ähnlich jener Pre-
dator-Drohne, die über Pakistan Angst und Schrecken 
verbreitet. Nur tödlicher, mit längerer Reichweite. 
Ideal, um ein unwegsames Gebiet wie das Aïr-Ge-
birge zu beherrschen. 
Ideal auch, um aus großer Höhe ein brennendes 
Streichholz in ein offenes Pulverfass zu werfen. 
K
In der Mittagshitze 
entspannt sich 
Rhissa Feltou, der 
Bürgermeister von 
Agadez, im Hof 
seines Hauses. Seine 
Stadt, früher auch 
als Abenteuerspielplatz 
bei Sahara-Reisenden 
beliebt, rückt jetzt 
mehr und mehr in den 
Fokus der Weltpolitik
GEO 08 201740
I
I N D E R S A H E L Z O N E führt das Abendland 
heute Krieg an verschiedenen Fronten und be-
nutzt dafür Namen, die friedlich klingen. Die 
Amerikaner, die ihr Areal in der Wüste jenseits 
des Internationalen Flughafens Mano Dayak 
für sich abgegrenzt haben, räumen allenfalls ein, 
„Aufklärungsflüge“ zu planen. Doch ihre Basis 
ist abgeschottet, und jeder Versuch, zum Droh-
nenflughafen vorzudringen, scheitert an Mili-
tärkontrollen. In der Stadt lässt sich kaum ein 
US-Soldat blicken. 
Auch die Europäer wirken hier in Agadez wie Ge-
spenster, die im klimatisierten Geländewagen mit ver-
riegelten Türen durch die Stadt fahren und dann darauf 
warten, dass sich das schwere Metalltor von EUCAP 
Sahel Niger für sie öffnet. Der Name bezeichnet eine 
vorgeblich „zivile Mission“ der Europäischen Union. Ihr 
Sitz in Agadez ähnelt jedoch eher einer Militär -
festung: umgeben von einer hohen Mauer, be-
wehrt mit rasierklingenscharfem Stacheldraht. 
EUCAP Sahel Niger bildet nigrische Sol -
daten und Polizisten aus, damit diese in Agadez 
keine Migranten mehr aus Westafrika zum 
Mittelmeer durchlassen. Und damit sie Nigers 
Wüstengrenzen zu Algerien und Libyen unter 
Kontrolle bekommen. Dort werden ungestört 
Drogen geschmuggelt und Waffen. Es sind li-
bysche Kalaschnikows und Panzerfäuste, die seit 
dem Sturz von Muammar al-Gaddafi 2011 in 
die Hände islamistischer Terroristen gelangen. 
Die Sahelzone droht zu einem Brandherd 
zu werden, wieder einmal. 
Bisher betrifft dies vor allem Mali, Nigers Nachbar-land im Westen. Dort starben bereits 118 Blauhelmsol-
daten beim Versuch, den Vormarsch der Dschihadisten 
zu stoppen. Das macht Mali zur tödlichsten Friedens -
mission der UN.
Das 27 Meter hohe 
Minarett der Großen 
Moschee von Agadez, 
aus Lehm errichtet, 
überragt die Altstadt. 
Teile der über 500 Jahre 
alten Stadt stehen als 
Unesco-Weltkulturerbe 
unter Schutz. Seit 
Unruhen die Region 
erschüttern, kommen 
kaum noch Touristen
GEO 08 2017 41( W E I T E R A U F S E I T E 4 4 )
GEO 08 201742
Eine Kamelkarawane hat sich 
aus dem Aïr-Gebirge aufge -
macht nach Agadez. Die alten 
Handelsrouten haben noch 
Bestand, doch junge Tuareg 
zeigen wenig Neigung, sich 
den Dromedaren anzuver -
trauen – sie suchen lieber das 
schnelle Geld, das sich mit 
Pick-ups verdienen lässt
Sind die Drohnen aus Agadez also für die Islamisten 
in Mali bestimmt? 
In Pakistan haben die fliegenden US-Kampfmaschi -
nen Hunderte Zivilisten getötet, ohne die Islamisten zu 
stoppen. Und wenn die Drohnen erst über dem Aïr-Ge -
birge kreisen, werden sie dann auch die heiligen Krieger 
von al-Qaidas Sahara-Ableger AQIM ins Visier 
nehmen? Oder Boko Haram, das den Norden 
Nigerias, aber auch Gebiete im Niger terrorisiert? 
Werden sie für Ruhe sorgen – oder den Islamis-
ten von Ansarul Islam noch mehr Zulauf ver-
schaffen, jener neuen Terrortruppe in Burkina 
Faso, das vor Kurzem noch als eines der fried-
lichsten Länder Afrikas galt? 
Agadez, einst ein verschlafener Grenzort 
zwischen Sahel und Sahara, wo fröhliche Tou-
risten zu Jeep- und Motorradtouren in die Wüs -
te aufbrachen, hat sich zu einem Brennpunkt 
der Weltpolitik entwickelt. Hier laufen strategi-
sche Fäden zusammen, die in Washington, Pa-
ris, Berlin und Brüssel gesponnen werden. 
Und deren lose Enden nun in der Hand eines Bür -
germeisters baumeln, der sich nichts inniger wünscht als 
Frieden für seine geliebte Stadt. 
L
L I E B E Z U A G A D E Z , das gebe ich zu, fällt einem 
Fremden heute nicht leicht. Ganz anders war dies vor 30 
Jahren, als „Nigers Tor zur Wüste“ noch liebenswert ver-
rückt erschien. Mit Originalen wie Abdelkader, den alle 
„Danger“ nannten. In seinem Schuppen am Markt bot er 
gebrauchte Ski und Snowboards zum Verkauf an. In der 
Hoffnung, dass ein Tourist Lust verspüren würde, die 
Bretter an den Dünenhängen der Ténéré auszuprobieren. 
Die Ausgelassenheit verzog sich mit Beginn der 
Tuaregrebellion Anfang der 1990er Jahre. Rhissa Feltou 
studierte zu jener Zeit Jura in Straßburg; dort wurde aus 
dem Nomadenjungen ein Mann von Welt: selbstsicher, 
charmant, voller Vertrauen in seine Fähigkeiten als glo-
balisierter Nomade mit diplomatischem Geschick. 
Feltou kehrte aus Frankreich zurück, nahm seine 
Kinder und deren französische Mutter mit. Es hielt ihn 
nicht in Europa. Und er blieb auch, als seine Kinder und 
ihre Mutter 2007 in ihre Heimat zurückkehrten. Weil 
seine Sehnsucht nach Agadez stärker war. Seit sechs 
Jahren regiert er als Bürgermeister, und er wird nie müde, 
mir die Schönheit der wohl 500 Jahre alten Karawanen-
kreuzung vor Augen führen zu wollen. Ein paar Tage vor 
unserem Ausflug in die Wüste zog er mich hinauf in die 
Spitze des Minaretts der Freitagsmoschee. Wie jedes 
Mal, wenn ich nach Agadez komme. 
Wir quetschten uns durch schmale Gänge und nied -
rige Tunnel, streckenweise auf allen vieren. Rhissa Fel-
tous prächtiger boubou war mit rotem Staub bedeckt, der 
Turban völlig verrutscht. Aufgeschreckte Fledermäuse 
waren uns ins Gesicht geflattert.
„Weißt du, dass dieser Turm 27 Meter hoch ist?“, 
fragte Feltou oben, ohne die Antwort abzuwarten. Der 
Bürgermeister breitete die Arme über der bröckelnden 
Brüstung aus – wie ein morgenländischer Prinz, 
der das Reich zu seinen Füßen am liebsten um-
armen würde. 
„Agadez!“, rief Feltou aus, „Hauptstadt der 
Tuareg!“
Aus der Minarettspitze konnte ich erken -
nen, wie weit die Stadt in die Wüste ausgeufert 
war. Seit meinem letzten Besuch, scheint mir, 
ist die Bevölkerung hier explodiert. Wie viele 
Einwohner es nun wohl sind, 300 000? Viel-
leicht noch mehr. Die meisten sind allerdings 
zugewanderte Hausa aus Nigers Süden. In der 
Hauptstadt der Tuareg sind die sesshaft gewor-
denen Nomaden längst in der Minderheit.
Architektonisch drückt sich Agadez in klobigen 
Quadern aus. In der Altstadt um die Moschee sind dies 
einstöckige, sieben, acht Meter hohe Häuser aus banco, 
einer Mischung aus Lehm, Pflanzenfasern und Kuhmist. 
Ganz Agadez lebt in den Farben des banco; je nach 
Sonnenstand leuchtet die Stadt hellbraun, ockergelb oder 
sanft rosafarben. Ihre Schönheit ist fragil: Unermüdlich 
arbeiten die Maurer gegen die Erosion der Stadt an, 
denn jede Regenzeit weicht den banco auf, rundet bedroh- 
lich die Kanten und Ecken der Quader, verdünnt deren 
Mauern und Flachdächer.
Auf diese Flachdächer fliehen die Bewohner vor der 
Hitze der engen Gassen. Hier spielt sich nach Sonnen -
untergang das Leben ab. 
A
A M A B E N D N A C H U N S E R E R Minarettbesteigung 
bekam Rhissa Feltou auf seinem Flachdach Besuch von 
einem Mann, der seinen Namen nicht verraten will. 
„Dies ist nicht mehr unser Agadez“, beschwerte sich 
der Targi* bei seinem Bürgermeister. „Hier bestimmen 
jetzt die kufr.“ Was „Ungläubiger“ heißt, im Munde eines 
Targi jedoch Weiße schlechthin meint. 
„Seit die kufr hier das Sagen haben, sind wir Bettler!“
Wir lagen ausgestreckt auf Matratzen, die ein Karree 
um eine geflochtene Bastmatte bildeten. In deren Mitte 
stand der Feuerkorb mit glühenden Holzkohlen, darauf 
das obligate Teekännchen. Ein leichter Wind streichelte 
die Haut, über uns tauchten die ersten Sterne auf. 
Unten vor dem Haus parkte der Pick-up des Besu -
chers. Jahrelang hatte dieser Wagen seinen Besitzer 
ernährt, beim Transport von Migranten durch die Wüs -
te nach Libyen. Jeden Montagmittag war noch bis vor 
Die Tuareg 
sind die 
Wächter 
am Tor zur 
Wüste
44 GEO 08 2017*männl. Singularform von Tuareg 
ALGERIEN
NIGER
MAURETANIEN
MALI
BURKINA
FASO
SENEGAL
ELFENBEIN-
KÜSTE GHANA
BENINGUINEA
MAROKKO
ITALIENSPANIEN
LIBYEN
TSCHAD
NIGERIA
Agadez
Tamanrasset
Gao
Kano
DirkouAïr
Abidjan
Tema
zentrale und westliche Flüchtlings-Tuareggebiet
Accra
Ghat
Sabha
BengasiOuargla
Lampedusa
Sizilien
Sardinien
Sirte
M i t t e l m e e r
T é
n é
r é
500 km
Niame
Bamako
Tripolis
TunisAlgier
Ouagadougou
Lagos
Conakry
T u a r e g
AQIM
(al-Qaida)
AQIM
(al-Qaida)
AQIM
(al-Qaida)
Ansar
al-Scharia
Islamischer
Staat
Islamischer
Staat
Boko
Haram
Boko
Haram
Ansarul
Islam
von militanten Gruppierungen
MEHR ALS 330 000 MENSCHEN versuchten im Jahr 2016, 
über die Region Agadez nach Europa zu kommen – obwohl 
die Regierung von Niger Menschenschmuggel im Mai 2015 
unter Strafe gestellt hatte. Daraufhin erhöhten sich vor allem 
die Preise für den Transport – und der Profit für die Schmug -
gler. Die Logistik existiert seit Jahrhunderten: Einst zogen 
Kamelkarawanen durch die Wüste, um Gold und Sklaven 
nach Nordafrika zu bringen. Nun lässt sich auf dem Weg von 
Nigeria nach Libyen viel Geld mit Migranten verdienen. 
Bislang hat die EU den nigrischen Staat mit insgesamt 
750 Millionen Euro unterstützt. Projekte für bessere Bildung 
und Infrastruktur sollen die Menschen zum Bleiben bewe -
gen. Die Soldaten Nigers werden ebenfalls besser ausgebil -
det – auch um das Land vor Terror zu schützen. Denn durch 
den Schmuggel gelangen Waffen zu Terrororganisationen 
wie al-Qaida und Boko Haram. Neben Perspektivlosig- 
keit sind die Islamisten für viele Menschen in der Region 
ein Grund für die Flucht nach Norden. Alessandra Röder
Alte Routen, neue Handelsgüter
Früher brachten die Karawanen Salz aus der Wüste nach Agadez; heutehaben sich etliche 
Nomaden auf den Schmuggel von Menschen und Waffen spezialisiert
S A H A R A
GEO-Grafik
GEO 08 2017 45( W E I T E R A U F S E I T E 4 8 )
Eine schwer bewaffnete 
Militärpatrouille auf dem Weg 
ins Aïr. Auch viele Tuareg 
sind in der nigrischen Armee 
integriert. Sie gelten als loyal, 
auch im Kampf gegen Isla- 
misten. Was aber, wenn sich 
die Gewichte in einem 
Drohnenkrieg verschöben?
GEO 08 201746
47
wenigen Monaten eine ansehnliche Flotte von 
Pick-ups aus dem Stadtzentrum gestartet. Vor 
den Augen aller, besonders der Polizisten und 
Zollbeamten, die vor dem Massenstart ihren 
Anteil kassierten. Bis 2016 waren jedes Jahr weit 
mehr als hunderttausend Westafrikaner – über -
wiegend aus Nigeria, Ghana, Gambia und der 
Elfenbeinküste – über Agadez zum Mittelmeer 
gelangt. 
„Seit dem Verschwinden des Tourismus ha-
ben wir Schleuser die Stadt ernährt!“, rief der 
frustrierte Transportunternehmer. 
Er rechnete mir seinen ehemaligen Gewinn 
im Dreisatz vor: 150 000 Francs CFA, also um-
gerechnet 230 Euro pro Passagier. Bei 20 Migranten pro 
Wagen, multipliziert mit mindestens zwei Fahrten im 
Monat, machte das um die 10 000 Euro. 
„Und jetzt werden wir wie Verbrecher behandelt!“ 
Mehr als hundert seiner Kollegen säßen hinter Git -
tern. Weil es nun dieses Gesetz gegen Schleuser gebe. 
„Und dahinter stecken die Ungläubigen!“
Das ist nicht zu bestreiten. Die ranghöchs -
te kufr bei der Formulierung des Migrations-
stopps ist Angela Merkel. Deutschland, so die 
Kanzlerin Anfang dieses Jahres auf einem EU- 
Gipfel in Malta, habe „mit dem, was wir in 
Agadez tun, sehr viel daran mitgearbeitet und 
arbeitet weiter daran mit, dass wir den Men-
schen schon in Niger als Transitland wieder eine 
Perspektive geben und dort schon die illegale 
Migration bekämpfen“.
Soll heißen: Die Europäische Union und 
die Deutsche Gesellschaft für Internationale 
Zusammenarbeit (GIZ) geben Hunderte Mil -
lionen Euro dafür aus, dass Niger seine Saharagrenzen 
dicht macht. „Migrationspartnerschaft“ heißt der Deal 
im EU-Jargon. 
Im Gegenzug verspricht Europa Finanz- und Wirt -
schaftshilfe für Agadez und seine Region. Damit dort 
der Volkszorn nicht überkocht. 
Agadez wächst rasch; 
nicht einmal der Bürger- 
meister weiß, wie viele 
Bewohner heute in 
der Stadt leben. Neben 
den Tuareg, die hier 
sesshaft wurden, ziehen 
Menschen aus dem 
Migranten, die auf 
dem Weg nach Europa 
hängen bleiben
GEO 08 201748
Aber wie lassen sich die fehlenden Einkünfte der 
Schleuser ersetzen? 
Eines Morgens stellte mir Rhissa Feltou seine neu 
gegründete Straßenfegerbrigade für ein sauberes Agadez 
vor. Finanziert wird sie von der EU, deren Sternenkranz 
auf Plakaten und Arbeitskitteln im Viertel um das Mi -
narett leuchten. Der Bürgermeister erklärte, wo gefegt 
werden solle, wohin mit dem Dreck. Und an mich ge-
wandt: „Das Ziel dieser Aktion ist es, Arbeitsplätze zu 
schaffen. Jeder Feger bekommt 2000 CFA pro Tag.“ 
Das sind umgerechnet drei Euro. Ob das ausreiche, 
um die Herzen der Stadt zu gewinnen? 
In Agadez, meinte der Bürgermeister, sei auch das 
„recht viel Geld“. 
Für einen armen Altstadtbewohner vielleicht. Aber 
bestimmt nicht für einen Tuareg mit Pick-up und einer 
Kalaschnikow auf dem Beifahrersitz. 
„Ich werde nicht mehr lange tatenlos hier herumsit -
zen“, warnte der Besucher auf Rhissa Feltous Dach. 
Was er damit sagen wollte, blieb unserer Vorstel-
lung überlassen. Die Alternativen zu seiner „Tatenlo-
sigkeit“ sind hinreichend bekannt; im Wesentlichen gibt 
es vier: Der Schleuser kann weiter Menschen schmug-
geln, nur mit höherem Risiko – nicht mehr von 
Agadez aus, sondern mit heimlicher Abfahrt am 
Wüstenrand. Kundschaft gibt es reichlich in den 
„Ghettos“, den Häusern für hängen gebliebene 
Migranten. 
Eine zweite Verdienstmöglichkeit für Ex- 
Schleuser sind Drogen- und Waffenschmuggel. 
Oder, drittens, die Goldsuche in der Ténéré- 
Wüste. Dort ähnelt Nigers Norden zunehmend 
dem Wilden Westen. Wer fündig wird, versucht 
oft, seine Nuggets nach Agadez zu schaffen, um 
sie dort zu verkaufen. 
Was zur vierten Alternative für den Targi auf 
Rhissa Feltous Dach führt: Überfälle auf Gold-
sucher. Allgemeiner gefasst: die Jagd auf Beute jeglicher 
Art. Sehr begehrt sind zum Beispiel Ungläubige, die als 
Geiseln an al-Qaida verkauft werden. 
Der perfekte Arbeitsplatz für Banditen ist das Aïr- 
Gebirge. Potenzielle Opfer bewegen sich dort auf Pisten 
ohne Ausweichmöglichkeiten. Und perfekte Orte für 
Hinterhalte gibt es massenhaft. 
Deshalb sind wir nicht allein ins Aïr-Gebirge auf -
gebrochen: Auf unserer Fahrt durch die basaltschwarze 
Hölle begleiten uns zwei Pick-ups, beide mit aufmon-
tiertem Maschinengewehr und je acht Soldaten.
O
O H N E M I L I T Ä R S C H U T Z dürfen Ausländer Aga- 
dez nicht mehr in Richtung Wüste verlassen. Der erste 
Pick-up fährt vor uns, der zweite sichert die Nachhut. 
Wir wirbeln eine Menge Staub auf; im Geländewagen 
des Bürgermeisters reisen wir mit heruntergekurbelten 
Fensterscheiben, das Turbantuch zum Schutz um Kopf, 
Mund und Nase gewickelt. 
Unser erster Besuch gilt dem Grab von Mano Dayak, 
dem Kommandanten der Tuaregrebellion der 1990er 
Jahre. Die Grabstätte liegt in einer Einöde aus roter 
Stauberde und schwarzem Schotter, doch in Sichtweite 
des von grünen Bäumen gesäumten Wadi Tiden, eines 
100 Kilometer langen Trockentals. In der Regenzeit zwi-
schen Juni und September sammelt sich dort das von 
den Granit- und Basalthängen herabrinnende Wasser. 
So werden die Wadis für wenige Tage, manchmal auch 
nur für Stunden, zu Flüssen, an deren Ufern ein wenig 
Grün sprießt und Menschen sich ansiedeln. 
In dieser Welt natürlicher Knappheit, aber ohne 
materielles und kulturelles Elend, wurde Mano Dayak 
geboren: „ungefähr 1950“, präzise Geburtsregister gab es 
in der Kolonialzeit für Nomaden nicht. 
Bei meinem letzten Besuch vor mehr als zehn Jahren 
stand ich vor fünf gleich großen, mit Steinen der Um-
gebung bedeckten Gräbern: für die fünf Insassen einer 
Cessna, die am 15. Dezember 1995 zu Füßen des Mont 
Bagzane gegen einen Felsen geprallt und ver-
brannt war. Dayak war unter den Opfern.
Wahrscheinlich war es ein Unfall. Doch 
die meisten Tuareg glauben noch immer an 
Sabotage. 
Inzwischen ist Dayaks Grab mit Marmor 
bedeckt. Freunde haben ihn aus Kogo, den 
„blauen Bergen“, herbeigeschafft. Einer jener 
Orte in der Ténéré, die Mano Dayak liebte. 
Dennoch ist dies kein tröstender Anblick 
für mich. Die Erinnerung schmerzt unvermin -
dert stark. 
Ein Projekt, das Hoffnung 
mische werden von der 
EU dafür bezahlt, die 
Straßen von Agadez zu 
kehren. Die Frauen 
bekommen dafür umge 
rechnet drei Euro am 
Tag – das sei gutes Geld, 
findet Bürgermeister 
Rhissa Feltou beim 
Besuch der Brigade
GEO 08 2017 49
Ich hatte für Mano Dayak seine Autobiografie „Tou- 
areg, la tragédie“ verfasst. Ich war dem Rebellenführer 
damals für eine Zeit in die Berge gefolgt, ohne dass mich 
die politische Agenda der Tuareg allzu sehr interes sierte. 
Aber ich sah in Mano Dayak einen Freund, dessen Leben 
als Nomade der Moderne mich faszinierte. 
Dayak beschäftigte stets die Frage, ob die 
Tuareg, denen die Kolonialherren keinen eige-
nen Staat hinterlassen hatten, ein ähnliches 
Schicksal erleiden wie die Kurden: von allen 
betrogen, einschließlich von sich selbst. 
Vielleicht hätte die Geschichte Nigers ei -
nen besseren Lauf genommen, wäre Mano Da-
yak damals nicht umgekommen. Vielleicht aber 
sind die Mächte der Geschichte stärker als die 
Kraft von Einzelnen. Diese Frage muss sich 
auch Rhissa Feltou stellen, der ein Neffe von 
Mano Dayak ist: Kann ein Einzelner in die 
Weltläufe eingreifen? 
Kann ein Bürgermeister seine Stadt retten? 
N
N A C H D E MB E S U C H A M G R A B bringt uns Rhissa 
Feltou zu einer Lagerstätte im Wadi Tiden, wo wir die 
Nacht verbringen.
Erst scheint es dort, als sei im Leben der Tuareg 
noch alles beim Alten. Unser Gastgeber Ibrahim bietet 
uns Tee an, gießt ihn aus dem in Schulterhöhe gehalte-
nen Kännchen zielgenau in das schmale Teeglas auf 
Hüfthöhe. Wenige Schritte entfernt steht Ibrahims ehan, 
das traditionelle Tuaregzelt. In der Kosmogonie der No-
maden verkörpert es das Zentrum der Welt. 
Häuser? Die seien nur „Gräber von Lebenden“, sa-
gen die Tuareg verächtlich. 
In weichem Sand ausgestreckt, blicken wir in den 
Himmel über der Sahara. Direkt über uns Orion; 
nagh, Karawanenführer, nennen ihn die Tuareg. Weil 
sich dieses Sternenbild in Winternächten über der Sa -
linenoase Bilma erhebt. Dadurch weist Orion den aus 
dem Aïr aufbrechenden Karawanen den Weg zum Salz 
der Ténéré. 
Nichts in dieser Welt scheint sich seit meiner Zeit 
bei den Rebellen im Aïr verändert zu haben. Doch dann 
sehe ich die drei Lastkamele, die träge durchs Wadi 
stampfen. Sie zupfen mit den Zähnen Blätter von den 
Bäumen, deren Äste vom hohen Ufer über das trockene 
Flussbett ragen. 
„Meine Kamele“, sagt Ibrahim stolz. 
„Sind sie schon aus Bilma zurück?“, frage ich. 
„Nein, sie gehen nicht auf Karawane.“ 
Warum nicht? 
„Unsere Söhne wollen den langen Marsch durch die 
Wüste nicht mehr auf sich nehmen.“ 
Zu viele Strapazen und Entbehrungen für ein biss -
chen Salz und Hirse! Die Jugend wolle lieber schnelles 
Geld mit Pick-ups verdienen. 
Ibrahim erzählt wie einer aus altem Schrot und 
Korn. Dabei dürfte auch er kaum älter als 40 Jahre sein. 
„Wir führen heute ein anderes Leben“, räumt er ein. 
„Nicht mehr wie echte Nomaden. Zum Einkau -
fen fahren wir nach Agadez.“
Nun erkenne ich am Fuß der Bäume auch 
seinen geparkten Pick-up. Und daneben das 
Haus aus banco. Auf dem Dach eine Parabol-
antenne. Drinnen der Fernseher, vor dem um 
diese Zeit die Kinder hocken. 
Ein „Grab für Lebende“, die keine Noma-
den mehr sind.
In dieser Nacht aber wolle er wie ein 
 Nomade schlafen, verkündet Ibrahim, und ver-
abschiedet sich ins ehan. Und Rhissa Feltou 
beginnt mit leiser Stimme, unangenehme Zu -
sammenhänge zu erklären. 
Dass nämlich Ibrahim zur Generation der ishomar 
gehöre. Der Ausdruck stammt von den Vätern, den alten 
Nomaden. Abgeleitet ist er von chômeur, französisch für 
Arbeitsloser. Er war abfällig gemeint und sollte bedeuten, 
dass ihre Söhne, die vor den Dürren der 1970er und 
1980er Jahre nach Libyen geflohen waren, bei ihrer Rück-
kehr nach Niger und Mali für keine nützliche Arbeit 
mehr zu gebrauchen waren. Nur noch zum Umgang mit 
Kalaschnikow und Panzerfaust. 
Gaddafi hatte die Jungen mit offenen Armen emp -
fangen und sie in seine Islamische Legion gesteckt. Die 
jungen Tuareg hatten als Kanonenfutter für Libyens 
militärische Abenteuer im Tschad, ja sogar als Leihgabe 
an die Palästinensische Befreiungsorganisation im Liba-
non herhalten müssen. 
In ihre Heimat kehrten sie mit dem Plan zurück, im 
Norden Malis und Nigers einen Tuaregstaat aus dem 
Sand zu stampfen. Ihnen diesen Unsinn auszureden, 
 hatte Mano Dayak Schätze von Geduld gekostet: Zum 
einen war das Land der Tuareg nur eine öllose Wüste. 
Und zum anderen besaßen die Bewohner dieser Wüste 
keinerlei Kenntnisse und Geschicke, die zur Organisa-
tion eines Staates notwendig gewesen wären.
Nach dem Tod ihres Anführers konnten die ishomar 
immerhin noch von dem Friedensvertrag profitieren, den 
Dayak mit dem Staate Niger ausgehandelt hatte. Hun -
derte ließen sich in Armee, Gendarmerie und Zoll in -
tegrieren. Andere hingegen wurden zu Glücksrittern. 
Wie jene, die 2007 eine „zweite Tuaregrebellion“ anzet-
telten, die im Sande verlief.
„Und jetzt haben wir es mit der nächsten Generation 
zu tun“, schließt Rhissa Feltou. „Mit den Kindern der 
ishomar. Sie sind noch gefährlicher als ihre Väter. Weil 
sie nicht mehr wissen, was asheq bedeutet – selbst wenn 
sie dieses Wort ständig im Munde führen!“
Die jungen 
Nomaden 
scheuen 
die Mühen 
der Wüste 
GEO 08 201750
Asheq ist der Schlüssel zum Verständnis der Tuareg-
kultur. Es bedeutet die Summe aller ethischen Werte, die 
das Verhalten eines Targi bestimmen sollten. Sein Sym-
bol ist der tagelmust, der traditionelle Turban, den ein 
Nomade und Krieger ab seinem 15. Lebensjahr trägt. 
Asheq fordert von den Tuareg Mut und Tapferkeit im 
Kampf, vor allem aber gebietet er, Schwächere zu schüt-
zen. Nichts gilt den Nomaden als so unverzeihlich wie 
Gewalt gegenüber Frauen und Kindern.
Davon jedoch sind die Söhne der ishomar weiter 
entfernt als Orion vom Wadi Tiden. Viele haben sich 
Terroristen angeschlossen, etwa der Dschihadistentrup-
pe Ansar Dine, die monatelang Timbuktu beherrscht 
hatte. Als französische Truppen die Stadt 2013 befreiten, 
hörte man zahllose Geschichten über junge Tuareg, die 
schwarze Frauen vergewaltigt hatten. 
Ich frage Rhissa Feltou, was genau er im Aïr-Ge-
birge suche. 
Er suche eine Antwort auf die Frage, ob es 
Dschihadisten gelingen kann, die Heimat der 
Tuareg zu infiltrieren, die Welt von ehemaligen 
Nomaden, die nun in Häusern leben und Fern -
sehen schauen. 
„Dass sie es versuchen, daran besteht kein 
Zweifel“, sagt Feltou. Gelingt ihr Vorhaben, 
wird die Lage in Agadez zum Albtraum. 
„Wer das Aïr beherrscht“, weiß Feltou, „kon-
trolliert Nigers Norden.“ 
A
A M M O R G E N unserer Abreise aus dem Ge-
birge promenieren Ibrahims Kamele noch immer zwi-
schen den ehan-Zelten. Zwei Mädchen hüten Ziegen, 
kleine Kinder spielen im Sand. Rhissa Feltou ruft die 
Männer aus unserer Wadi-Nachbarschaft zusammen. 
Einer bringt sein Teekännchen und glühende Holzkohle 
mit. Wir setzen uns auf den Boden, die Runde diskutiert 
auf tamasheq, der Sprache der Tuareg. 
„Sie sagen, Islam sei das Gegenteil von Islamismus“, 
resümiert Feltou für mich auf Französisch: weil Reli- 
gion nicht zu Krieg anstiften dürfe, sondern stets dem 
Frieden dienen müsse. Ab und zu würden ihre Vettern 
aus Mali zu Besuch kommen. Aber wenn diese vom 
„neuen Islam“ erzählten, würden die Männer im Wadi 
nur aus Höflichkeit zuhören. „Nicht einer von denen ist 
bereit, sich den Islamisten anzuschließen“, betont der 
erleichterte Bürgermeister.
Einer der Tuareg aus unserer Militäreskorte sagt, er 
kenne mich von früher. Mohamed Almahadi war Frei-
heitskämpfer; seit er als Soldat in Nigers Armee dient, 
wurde sein mickeriger Sold nie erhöht. Er ist ein ruhiger 
Mann von 43 Jahren, der nur redet, wenn er etwas zu 
sagen hat.
„Du musst etwas Wichtiges wissen“, kündigt 
er an. „Die in die Armee integrierten Rebellen 
sind absolut loyal. Gibt es einen Angriff isla-
mistischer Tuareg aus Mali, kämpfen wir gegen 
sie. Und für Niger.“
Aber wer weiß schon, was die Zukunft 
bringt? Schon die Gegenwart ist kompliziert. 
Was, wenn ein Kamikazebomber den neuen 
Drohnenstützpunkt der Amerikaner angreift? 
Und dabei den Verdacht entstehen lässt, Sym-
pathisanten und Helfer in der Bevölkerung zu 
haben? 
Wenn die Soldaten in Agadez dann ähnlich 
wie in Bagdad oder Kabul reagieren, dann sind 
„Kollateralschäden“ unter Tuaregzivilisten kaum zu ver-
meiden. 
Mohamed Almahadi wischt sich mit dem Zipfel 
seines grünen Armeeturbans den Schweiß von der Stirn. 
„Dann“, sagt er nachdenklich, „würde auch für uns hier 
wieder alles anders aussehen.“ 
Dann könnte die Region zum Schauplatz eines end -
losen Konfliktes werden, in dem die Nomaden erneut 
aufgerieben werden könnten. Eine neue Rebellion wäre 
der Albtraum des Bürgermeisters von Agadez. 
„Wir wollen immer nur das Beste für unser Agadez“, 
beschwört Rhissa Feltou. „Wir haben doch nur diese 
eine Stadt.“
Rhissa Feltou besucht 
seinen 90-jährigen Vater 
Feltou Mohamed 
Dayak im Wadi Tiden 
nördlich von Agadez. 
Der Sohn studierte Jurain Straßburg; doch in 
Frankreich hielt es ihn 
nicht: Seine Verbunden -
heit mit dem Lebensstil 
der Tuareg brachte ihn 
zurück nach Agadez
MICHAEL STÜHRENBERG
zehnten für GEO als Reporter um die Welt, ist vor allem 
in Afrika und Lateinamerika unterwegs. Was er und 
der nicht minder weit gereiste Fotograf CHRISTOPHER 
PILLITZ auf ihrer Recherche in Agadez erlebten, lesen 
Sie auf Seite 6 in der Rubrik „Unterwegs“. 
GEO 08 2017 51
LOB DER TORHEIT
Wahnwitzige Konstruktionen, absurde Kletterübungen, riskantes Werkeln – im Internet, 
aber nicht nur dort, zeigt sich der Mensch als unbedachtes Wesen: Auch die Klügsten lassen 
sich zu Eseleien hinreißen. Das endet oft böse. Und doch hat die Evolution die Unvernunft 
nicht ausgerottet. Bietet sie womöglich Vorteile? Ist es manchmal weise, töricht zu handeln?
P S Y C H O L O G I E
GEO 08 201752
GEO 08 2017 53
V O R E I N I G E N J A H R E N
mens Larry Walters 42 heliumgefüllte Wetterballons 
an einen Gartenstuhl. Er setzte sich hinein und kapp
te das Tau, das den Stuhl am Boden hielt. 
Dann stieg er in den Himmel auf. 
Die Berichte darüber, was danach passierte, wi
dersprechen sich in Details. Doch grob muss Folgen
des geschehen sein: Der 33 jährige Walters hatte für 
seine Exkursion Sandwiches, einige Flaschen Bier 
und ein Luftgewehr eingepackt. Mit der Waffe woll
te er die Heliumballons einen nach dem anderen 
abschießen, um so sachte zu landen. Dummerweise 
ließ er das Gewehr während des Flugs fallen. Piloten, 
die am nahe gelegenen Los Angeles International 
Airport starteten, sahen den Gartenstuhlflieger hilflos 
rund vier Kilometer hoch am Himmel schweben und 
alarmierten die Polizei. Die fand Walters schließlich 
nahe dem Boden, verheddert in einer Hochspan
nungsleitung. 
Die gute Nachricht: Walters war unverletzt. Die 
schlechte: Er wurde verhaftet.
Eine rundherum idiotische Aktion also. Nur: 
Walters sah das völlig anders. Er fand das Unterfan
gen sinnvoll, ja offenbar nötig. Gefragt, was er sich 
um Himmels willen bei der Sache gedacht habe, hatte 
V
Text: UTE EBERLE
Der Mensch neigt zur »mentalen Abkürzung«. 
Und wenn er eine Aktion nicht gründlich durch- 
denkt, gelangt er auf Abwege
GEO 08 201754
er angeblich geantwortet: „Ein Mann kann nicht ein
fach nur herumsitzen.“
Eine bemerkenswerte Weltsicht, man könnte 
auch sagen, ein erschreckender Realitätsverlust, vor 
allem aber eine Anschauung, mit der Larry Walters 
nicht allein ist auf der Welt. Von den vielen, die sich 
zu ähnlichen Torheiten hinreißen lassen, haben indes 
nicht alle so viel Glück wie er. 
Der Anführer einer christlichen Sekte etwa übte 
in der Badewanne, wie Jesus auf dem Wasser zu ge
hen. Er starb, als er auf einem Stück Seife ausrutschte. 
win Award“, der alljährlich Aktionen kürt, bei denen 
sich Menschen auf besonders dämliche Weise selbst 
ums Leben bringen.
Ein anderer Preisträger, ein 28 jähriger Lastwa
genfahrer, wollte demonstrieren, dass sein „Spion
Kugelschreiber“ in Wirklichkeit eine funktionsfähige 
Pistole war. Er hielt sie sich an den Kopf und drückte 
ab. Und er hatte recht: Die Waffe funktionierte.
I S T E S N I C H T E R S T A U N L I C H ? Nach Jahr
hunderttausenden der Evolution benimmt sich der 
Mensch noch immer regelmäßig töricht. Wieso sind 
Erbanlagen, die Dummheiten begünstigen, nicht aus
gemerzt worden? Wo doch ihre Träger sich hartnäckig 
selbst aus dem Genpool katapultieren. 
Unvernunft schadet, aber sie ist offenbar nicht 
auszurotten. Übersehen wir also vielleicht etwas? Hat 
Torheit versteckte gute Seiten? Ist es möglicherweise 
manchmal klug, dumm zu handeln? 
Lange haben Wissenschaftler das untere Ende 
der mentalen Leistungsskala gemieden. Sie richteten 
ihr Augenmerk lieber auf das obere Ende, auf Ursa
chen und Folgen eines hohen Intelligenzquotienten 
(IQ). So zeigten Studien etwa, dass Menschen mit 
einem höheren IQ im Durchschnitt älter werden, ge
sünder bleiben und besser verdienen. 
Aber es gibt auch Hinweise, dass die Fähigkeit 
zu abstraktem, rationalem Denken – und das misst 
der IQ am ehesten – nicht immer mit vernünftigem 
Handeln einhergeht. Zum Beispiel verdienen sehr 
kluge Menschen zwar mehr, überziehen aber ihre 
Kreditkarte öfter und geraten häufiger mit den Zah
lungen in Verzug als normal intelligente.
Und obwohl sie insgesamt gesünder sind, rauchen 
Menschen weit oben in der IQ Skala eher, betrinken 
sich häufiger oder greifen öfter zu Drogen.
Und manchmal sterben sie früher. Forscher in Edinburgh fanden dies 
heraus, als sie die IQ Tests von schottischen Soldaten auswerteten, die in 
den Zweiten Weltkrieg gezogen waren. Jene, die fielen, hatten im Mittel 
einen höheren Wert erzielt als jene, die überlebten. Niemand weiß, warum 
das so ist.
Fast könnte man sagen: Intelligente Menschen sind schlauer, stellen 
sich allerdings oft dümmer an.
Aber was meinen wir eigentlich, wenn wir sagen, dass jemand „dumm“ 
handelt? Törichtes Verhalten präzise zu definieren, fällt schwer. Agiert je
mand kurzsichtig und bedenkt nicht die langfristigen Folgen seines Tuns? 
Geht er zu viele – oder vielleicht zu wenige – Risiken ein? Steckt eine Art 
mentale Blockade dahinter? 
E H E R S A R K A S T I S C H E A B H A N D L U N G E N wie die des italienischen 
Wirtschaftshistorikers Carlo Cipolla halfen bei der Beantwortung dieser 
Fragen nicht weiter. Cipolla formulierte fünf „Grundlegende Gesetze zur 
menschlichen Dummheit“. Gesetz Nummer eins: „Jeder unterschätzt immer 
und unvermeidlich die Zahl der dummen Menschen, die in Umlauf sind.“ 
Und entsprechend dem fünften Gesetz ist „eine törichte Person gefährlicher 
als ein Bandit“. 
Ernsthaftere Untersuchungen stellten Forscher erst in jüngerer Zeit an. 
Der Psychologe Balazs Aczel von der Eötvös Loránd
pest etwa versuchte zunächst einmal herauszufinden, was wir unter Torheit 
überhaupt verstehen. In seiner Studie mit dem Titel „Was ist dumm?“ ließ 
Was ist das eigentlich – Dummheit? Sie auf einen Begriff 
zu bringen, fällt uns schwer. Trotzdem erkennen wir törichtes 
Handeln auf den allerersten Blick 
»Es gibt allemal einen Narren 
mehr, als jeder glaubt«
G E O R G C H R I S T O P H L I C H T E N B E R G ( 1 7 4 2 – 1 7 9 9 )
GEO 08 2017 55
er Testpersonen anhand von 180 Anekdoten beurtei-
len, ob sich die Protagonisten idiotisch benommen 
hätten, und fragte nach den psychologischen Faktoren, 
die dahintersteckten. 
Dabei stellte er fest, dass die Urteile überraschend 
einstimmig ausfielen. Es mag Menschen also schwer-
fallen, Dummheit zu definieren. Aber sie erkennen 
sie ohne Weiteres. 
Aus den Antworten seiner Probanden las Aczel 
drei Kategorien an Dummheit heraus. Und nur bei 
der ersten war der entscheidende Faktor, dass die Be-
treffenden einen klassischen Denkfehler gemacht hat- 
ten, ihnen also etwa ein mentaler Flüchtigkeitsfehler 
unterlaufen war oder sie einen veritablen geistigen 
Aussetzer erlebt hatten. 
So etwas kann katastrophal enden. Vor einigen 
Jahren gewann den Darwin Award ein Bungee-Sprin- 
ger, der sein Seil sorgfältig auf die Höhe der Brücke 
zuschnitt, von der er springen wollte, dabei aber ver-
gaß, dass das Band elastisch war. Er starb, als er auf 
dem Boden aufprallte.
Diese erste Kategorie Aczels überschneidet sich 
mit einem Phänomen, auf das auch andere Forscher 
gestoßen sind: Fehlurteile und irrationales Handeln 
gehen oft darauf zurück, dass Menschen ihre vorhan-
dene Intelligenz nicht optimal einsetzen. Sie neigen 
dazu, „geistige Abkürzungen“ zu nehmen. Statt eine 
Sache gründlich zu durchdenken, wischen sie mental 
oberflächlich darüber hinweg, lassen sich vom Kontext 
beeinflussen und gelangen so zu falschen Schlussfol-
gerungen.
F R A G T M A N Ä R Z T E , was sie von einer Behandlungsmethode gegen 
eine tödliche Krankheit halten, die 200 von 600 Betroffenen das Leben

Outros materiais